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Hotel

Hotel

Titel: Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Hailey
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Trent und dem St. Gregory – noch immer gegen die Änderung. Die meisten fügten sich für kurze Zeit dem Bürgerrechtsgesetz und kehrten dann, sobald die erste Aufregung sich gelegt hatte, in aller Stille zu ihrer seit langem bestehenden Politik der Rassentrennung zurück. Trotz mehrerer anhängiger Musterprozesse hatte es ganz den Anschein, als könnten die Gegner des Gesetzes, unterstützt von starken lokalen Kräften, einen jahrelangen Stellungskrieg durchhalten.
    »Nein!« Warren Trent drückte erbost seine Zigarre aus. »Was immer auch sonstwo in der Sache geschieht, ich sage, wir sind hier noch nicht reif dafür. Die Gewerkschaftskongresse haben wir also verloren. Na schön, dann müssen wir uns eben auf den Hosenboden setzen und uns was anderes einfallen lassen.«
    Vom Salon aus hörte Warren Trent, wie sich die äußere Tür hinter Peter McDermott schloß und wie die Schritte des jungen Negers in den kleinen, mit Büchern vollgestopften Raum zurückkehrten, der sein privater Bereich war. In wenigen Minuten würde Royce, wie er es jeden Tag um diese Zeit tat, zu einer Vorlesung gehen.
    Es war sehr still in dem großen Salon; nur die Klimaanlage rauschte, und gelegentlich verirrte sich ein Laut, der die dicken Wände und isolierten Fenster durchdrang, von draußen herein. Sonnenstrahlen schoben sich zollweise über den mit Teppichen ausgelegten Fußboden, und während er sie beobachtete, spürte Warren Trent, wie stark sein Herz klopfte – eine Folge des Zorns, der ihn vor wenigen Minuten überfallen hatte. Das war vermutlich ein Warnsignal, das er häufiger beachten sollte. Aber heutzutage, so schien es ihm, enttäuschten ihn so viele Dinge und machten es ihm schwer, seine Gefühle zu beherrschen, und noch schwerer, Schweigen zu bewahren. Vielleicht entsprangen diese Ausbrüche purer Reizbarkeit – der Reizbarkeit des Alters. Aber der tiefere Grund war wohl doch die Empfindung, daß ihm soviel entglitt, für immer aus seiner Reichweite entschwand. Abgesehen davon, hatte er von jeher zu Wutanfällen geneigt – außer in jenen kurzen Jahren, in denen Hester ihm seine Heftigkeit abgewöhnte und ihn Geduld und Humor lehrte und er für eine Weile ihren Rat befolgt hatte. Während er still dasaß, peinigte ihn die Erinnerung. Es schien so lange her! Vor über dreißig Jahren hatte er sie als Jungvermählte über die Schwelle eben dieses Raumes getragen. Und wie kurz die Zeit war, die sie miteinander verlebt hatten: nur ein paar Jahre, unendlich glückliche Jahre, bis Hester ganz plötzlich an der spinalen Kinderlähmung erkrankte. Die Krankheit tötete sie innerhalb von vierundzwanzig Stunden, und Warren Trent blieb trauernd und allein zurück mit dem Rest seines Lebens noch vor sich – und mit dem St.-Gregory-Hotel.
    Es gab nur wenige im Hotel, die sich noch an Hester erinnerten, und sollten sich ein paar von den alten Angestellten ihrer doch entsinnen, dann nur ganz verschwommen und nicht, wie Warren Trent selbst sich ihrer entsann: Für ihn war sie eine süße Frühlingsblume, die ihm seine Tage sanft und sein Leben reich gemacht hatte wie sonst niemand davor oder danach.
    In der Stille schien es ihm, als käme eine leichte rasche Bewegung und das Rascheln von Seide von der Tür hinter ihm. Er wandte den Kopf, aber die Erinnerung hatte ihm einen Streich gespielt. Der Raum war leer, und – was ihm selten geschah – die Augen wurden ihm feucht.
    Er erhob sich schwerfällig und mit schmerzverzerrtem Gesicht aus dem Sessel. Als er zum Fenster humpelte, bohrte sein Ischias wie ein Messer in seiner Hüfte. Er blickte über die Dachgiebel des Französischen Viertels – des Vieux Carré, wie es die Leute neuerdings wieder nannten – zum Jackson Square und zu den in der Sonne schimmernden Türmen der Kathedrale hinüber. Jenseits davon war der wirbelnde lehmige Mississippi, und inmitten des Stromes wartete eine Reihe vertäut liegender Schiffe auf einen freien Platz an einem der Kais und auf das Löschen. Das war ein Zeichen der Zeit, dachte er. Seit dem achtzehnten Jahrhundert war New Orleans zwischen Armut und Reichtum hin und her gependelt. Dampfschiffe, Eisenbahn, Baumwolle, Sklavenhandel, die Befreiung der Sklaven, Kanäle, Kriege, Touristen hatten der Stadt abwechselnd Unglück und Wohlstand gebracht. Im Moment gab es wieder einmal gute Zeiten – aber für das St.-Gregory-Hotel anscheinend nicht.
    War es eigentlich wirklich so wichtig – wenigstens für ihn selbst? Lohnte es sich überhaupt,

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