Hotel
Menschenkenntnis besessen, die zu tief blickte, als daß man sie als bloße Sklavenweisheit abtun konnte. Aloysius hatte seinen Vater innig geliebt, und manchmal verwandelte sich diese Liebe – so wie jetzt – in ein schmerzliches Sehnen. »Vielleicht hab’ ich die falschen Worte benutzt, aber das ändert nichts an ihrem Sinn.«
Warren Trent nickte, ohne sich dazu zu äußern, und zog seine altmodische Taschenuhr heraus. »Sagen Sie dem jungen McDermott, daß ich ihn sprechen möchte. Bitten Sie ihn herauf. Ich bin heute morgen ein bißchen müde.«
Der Hotelbesitzer murmelte versonnen: »Mark Preyscott ist in Rom, wie? Vermutlich müßte ich ihn wohl anrufen.«
»Seiner Tochter lag sehr viel daran, daß er von der Sache nichts erfährt«, erwiderte Peter McDermott.
Die zwei saßen im üppig ausgestatteten Salon von Warren Trents Suite; der alte Mann lehnte in einem tiefen, bequemen Sessel, die Füße auf einen Schemel gestützt, Peter saß ihm gegenüber.
»Das entscheide immer noch ich«, polterte Warren Trent. »Wenn sie sich in meinem Hotel vergewaltigen läßt, muß sie die Folgen tragen.«
»Die Vergewaltigung haben wir im letzten Moment verhindert. Aber ich möchte gern herausbekommen, was sich vorher abgespielt hat.«
»Haben Sie das Mädchen heute morgen schon gesehen?«
»Nein. Miss Preyscott schlief noch, als ich bei ihr vorbeischaute. Ich habe ihr die Nachricht hinterlassen, daß ich mit ihr sprechen möchte, bevor sie nach Hause geht.«
Warren Trent seufzte und machte eine abschließende Handbewegung. »Schön, erledigen Sie das.« Sein Ton verriet, daß er von der Sache nichts mehr hören wollte. Es würde nicht mit Rom telefoniert, dachte Peter erleichtert.
»Ein anderes Problem, das ich auch gern ein für allemal erledigen würde, betrifft den Empfang.« Peter beschrieb den Zwischenfall mit Albert Wells und sah, wie Warren Trents Miene sich verfinsterte, als er den eigenmächtigen Zimmertausch erwähnte.
Der alte Mann knurrte: »Wir hätten den Raum schon vor Jahren schließen sollen. Vielleicht wär’s besser, wir täten es jetzt.«
»Ich glaube, das ist nicht nötig, vorausgesetzt, wir benutzen ihn nur im äußersten Notfall und machen den Gast darauf aufmerksam, auf was er sich einläßt.«
Warren Trent nickte. »Kümmern Sie sich darum.«
Peter zögerte. »Ich hätte in diesem Zusammenhang gern ein paar spezifizierte Anweisungen über Zimmertausch im allgemeinen erteilt. Wir hatten schon vorher Beschwerden deswegen, und meines Erachtens müßte man in aller Strenge darauf hinweisen, daß unsere Gäste nicht wie Möbelstücke herumgeschoben werden dürfen.«
»Beschränken Sie sich auf den einen Fall. Wenn ich allgemeine Instruktionen für nötig halte, erlasse ich sie selbst.«
Die knappe Zurechtweisung war ein typisches Beispiel dafür, was an der Geschäftsführung verkehrt war, dachte Peter resigniert. Alles war Stückwerk. Man begriff die Notwendigkeit nicht, Fehler bei der Wurzel zu packen und von Grund auf auszumerzen. »Mit dem Herzog und der Herzogin von Croydon gab es auch Ärger. Die Herzogin wollte Sie persönlich sprechen.« Er erzählte von der Affäre mit den verschütteten Shrimps Creole und gab auch die Version des Kellners Sol Natchez wieder.
»Ich kenne das verdammte Frauenzimmer«, knurrte Warren Trent. »Sie gibt keine Ruhe, bevor der Kellner nicht hinausgeflogen ist.«
»Für eine Kündigung liegt meiner Meinung nach kein Grund vor.«
»Dann sagen Sie ihm, er soll für ein paar Tage bezahlten Urlaub nehmen und angeln gehen und sich im Hotel ja nicht blicken lassen. Und wenn er das nächste Mal was verschüttet, soll er dafür sorgen, daß es kochend heiß ist und daß er es der Herzogin über den Kopf gießt. Ich vermute, sie hat noch immer diese verdammten Köter.«
»Ja.« Peter lächelte.
In Louisiana war der Aufenthalt von Tieren in Hotelzimmern streng verboten. Im Fall der Croydons hatte sich Warren Trent bereit erklärt, die Anwesenheit der Bedlington-Terrier offiziell nicht zur Kenntnis zu nehmen, unter der Bedingung, daß sie durch eine Hintertür hinein- und herausgeschmuggelt wurden. Die Herzogin jedoch stolzierte jeden Tag mit den Hunden provozierend durch die Hotelhalle. Zwei erzürnte Hundebesitzer, deren Lieblingen der Zutritt verwehrt worden war, hatten sich bereits nach dem Grund für diese Bevorzugung erkundigt.
»Ich hatte gestern nacht Scherereien mit Ogilvie«, berichtete Peter.
Der Gegenstoß kam schnell. »Ich habe Ihnen schon
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