Hotshots - Firefighters 2: Schatten Der Vergangenheit
Bus.
Während der zweitägigen Fahrt hatte sie viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Ihr ganzes Leben lang war sie wütend auf Dianna gewesen, weil diese bei ihrer Mutter wohnen durfte, während sie weggeschickt und von einer Pflegefamilie zur nächsten abgeschoben wurde. Als Dianna sie dann schließlich zu sich genommen hatte, wusste April nicht, wie sie mit so viel Zuneigung umgehen sollte. Andauernd wollte ihre große Schwester Zeit mit ihr verbringen, shoppen gehen oder sich gemeinsam stylen lassen – lauter Frauenkram eben.
Für jemanden, der im Pflegesystem groß geworden war, gab es genau zwei Möglichkeiten, sich zu entwickeln: Entweder machte einen die Erfahrung schwach und ängstlich – oder man legte sich ein dickes Fell zu. In jeder Hinsicht. Außerdem befand sich April gerade mitten in der schlimmsten Phase der Pubertät, als sie zu Dianna zog. Die Annäherungsversuche ihrer Schwester führten also nur dazu, dass sie immer weiter vor ihr zurückschreckte. Sie begann zu rebellieren, und das konnte sie gut. Aber irgendwann wurde es ermüdend. Vorhersehbar.
Als der Bus in Vail ankam, hatte April eine Entscheidung getroffen. Sie würde nicht länger die Rolle von Diannas verkorkster kleiner Schwester spielen. Sie wollte noch einmal ganz neu anfangen. Sie war endlich bereit für ein besseres Leben.
Dann kam der zweitägige Marsch durch die Rockies, um zum Gelände der Kommune zu gelangen, und in April regten sich leise Zweifel an ihrem Entschluss, in Zukunft in einer von der Welt abgeschiedenen Gemeinschaft zu leben. Aber sie war selbst überrascht davon, wie gut sie sich in diese Gruppe von Aussteigern einfügte. Das erste Mal in ihrem Leben hatte sie wirklich das Gefühl dazuzugehören, wie in einer großen Familie.
Bei den Brüdern und Schwestern auf dem Hof konnte sie einfach sie selbst sein. Sie hatten weder an der Art, wie sie sich kleidete, noch an ihrem Haar oder ihrem Musikgeschmack etwas auszusetzen. Während Dianna sie immer verhätschelt hatte, bekam sie jetzt zum ersten Mal echte Verantwortung zugewiesen. Sie wurde zur Köchin ernannt. Das Essen über offenem Feuer zuzubereiten, kam ihr seltsamerweise ganz natürlich vor, und sie hatte Freude daran, Kräuter im Mörser zu zerstampfen oder den Brotteig so lange zu kneten, bis er genau die richtige Konsistenz hatte. Hier in den Bergen fand sie endlich so etwas wie inneren Frieden.
Doch dann empfand sie zunehmend Schuldgefühle – die mit jedem Tag und jeder Woche stärker wurde an. Endlich bat sie darum, das Telefon der Farm benutzen zu dürfen, und hörte ihre Voicemail ab. Die Folge von besorgten Nachrichten, die Dianna hinterlassen hatte, gingen April unter die Haut. Es war an der Zeit für ein Treffen, bei dem sie ihrer megaerfolgreichen großen Schwester erklärte, dass sie endlich selbst etwas entdeckt hatte, bei dem sie sich verwirklichen konnte. Sie hatte ihren Platz im Leben gefunden und konnte zeigen, was in ihr steckte. Da die einzige Zugangsstraße von umgestürzten Bäumen versperrt wurde, bedeutete das Treffen eine weitere zweitägige Wanderung. Der lange Fußmarsch war beschwerlich, aber April genoss das Gefühl, es alleine geschafft zu haben – ohne die Hilfe anderer Leute und ohne Kevin, der die Kommune schon ein paar Wochen nach ihrer gemeinsamen Ankunft wieder verlassen hatte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass so viel Arbeit auf ihn zukommen würde und dass Drogen auf dem Hof nicht erlaubt waren. Als er ging, war sie eigentlich nicht besonders traurig gewesen. In Vail hatte sie Dianna bereits in einem Café an der Hauptstraße sitzen sehen. Erst wollte sie auf sie zustürzen und sie umarmen. Aufgeregt versuchte sie, ihrer Schwester das Leben in der Gemeinschaft zu beschreiben, und was für ein großartiges Erlebnis es war. Aber bevor sie noch dazu kam, hatte Dianna sie bereits mit ihrer Fragerei zur Weißglut gebracht.
»Jetzt verrate mir bitte mal, warum du in Colorado bleiben möchtest« , ging es schon los. »Warum kommst du nicht zurück und schreibst dich an der Uni ein? Ich bin auch bereit, dir dabei zu helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Wir könnten zum Beispiel eine Teilzeitkraft in der Sendung brauchen, für Recherchearbeiten – ich bin mir sicher, Ellen würde dir eine Chance geben.«
April war stolz auf ihre neu erworbenen Fähigkeiten und hoffte, Dianna würde es auch sein. »Ich habe bereits eine Arbeit.«
»Als was denn?«
»Ich bin Köchin.«
Der bestürzte Ausdruck auf Diannas Gesicht war nicht
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