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Hotzenwaldblues

Hotzenwaldblues

Titel: Hotzenwaldblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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irgendwie drin.« Er deutete auf den Artikel,
den er noch in der Hand hielt. »Wenn man Würtenberger auf die Angelegenheit
anspricht, gibt er sich jedoch sanft wie ein Wattebausch in der
Frühlingsbrise.« Er überflog den Text auf der Suche nach einer bestimmten
Stelle und las sie vor: »Auf die Frage, ob er unter einer
grün-roten Regierung seinen Posten behalte, antwortete er: ›Das entscheidet die
neue Regierung. Natürlich weiß ein politischer Beamter um das Risiko in seinem
Amt.‹ Aber er sei bereit, auch unter der neuen Regierung seine Aufgaben loyal
zu erfüllen.  – Nachtigall, ick hör dir trapsen, sag ich da
nur. Der Typ hat Angst um seinen Job.«
    Und guten Grund, Angst um sein Leben zu haben, dachte Iris. Aber es
standen ja noch andere auf der Todesliste. Zum Beispiel der
Exwirtschaftsminister, den Trautmann gerade genannt hatte. »Und was ist mit
Ernst Pfister?« Steht über ihn auch was in dem Artikel, den Sie da so
krampfhaft festhalten?«
    »Lesen Sie ihn halt.«
    »Soll ich hier Wurzeln schlagen, sind Sie nicht in der Lage, so was
zusammenzufassen?«
    Trautmann seufzte. »Der Artikel stammt aus der ›Stuttgarter Zeitung‹
vom 19. April. Im Wesentlichen steht dasselbe darin wie in dem vom
›Südkurier‹. Nur dass der Journalist, ein Wolfgang Messner, auch Pfisters Zutun
erwähnt. Und die ebenfalls sehr ›fördernde‹ Rolle, die unsere beiden
Exministerpräsidenten Oettinger und Mappus bei den ganzen Bauvorhaben in der
Hochrheinregion gespielt haben. Allerdings hebt er mehr auf den Autobahn- Neubau
ab. Hier, das bestätigt meine Schlussfolgerungen total. Die haben zugunsten des
Schluchseewerks gemauschelt. Zumindest verstehe ich das so. ›Abgestimmt‹ steht
da, es sei alles mit dem Schluchseewerk abgestimmt gewesen. Ha!« Er hielt ihr
den Bericht unter die Nase.
    Iris nahm ihn und überflog die ersten Zeilen.
    Es ist für Julian Würtenberger ( CDU ) eine ungewohnte Situation. Mit
einem Mal steht der Freiburger Regierungspräsident im Blickpunkt der
Öffentlichkeit. Aber nicht so, wie es der 54-Jährige gerne hat – als
jovialer und smarter Sachwalter Südbadens –, sondern als einer, der sich
dem Verdacht ausgesetzt sieht, seine Rolle als Chef der Mittelbehörde nicht
immer so neutral wahrzunehmen, wie es sich für einen Behördenchef gehört.
    Trautmann wurde ungeduldig, griff nach dem Zeitungsausschnitt und
las laut: »Am 16. September 2008 versichert der Behörden-
dem Regierungschef – also damals noch Oettinger –, er habe bei dem
mit einem Volumen von 1,2 Milliarden Euro zweitgrößten Bauvorhaben nach
Stuttgart 21 den Vorständen der Schluchseewerk  AG ›unsere Unterstützung zugesagt‹.
Zudem sei mit zwei Vorständen ›ihr Kommunikationskonzept abgestimmt‹ worden.« – Na, was sagt man dazu? Absprachen, damit sich auch niemand
verplappert? Und dann das: »Durch StZ-Recherchen wurde
deutlich, wie eng der Wirtschaftsminister Ernst Pfister ( FDP ) mit dem Regierungspräsidium eine
Presseerklärung zu Atdorf abgestimmt hatte, die Ende September 2010 mitten in
die öffentliche Erörterung zum Raumordnungsverfahren platzte. Darin erklärte
Pfister das wegen seines enormen Landschaftsverbrauchs umstrittene Projekt als
›unverzichtbar‹. Vertreter von Bürgerinitiativen sehen ihren Verdacht auf
›Kungelei‹ bestätigt. Würtenberger hat seitdem alle Mühe, diesen Eindruck zu
zerstreuen.«
    Trautmann schaute sie, Zustimmung heischend, an. »Sagen Sie selbst:
Das heißt doch nichts anderes, als dass so ein Atdorf-Gegner sich von den
Politikern über den Tisch gezogen fühlen und ein Motiv haben könnte,
Würtenberger einen Warnschuss zu verpassen. Soweit ich weiß, ist in Brennet ja
nicht viel passiert. Das sind jedenfalls meine Schlussfolgerungen. Aber Sie
sind natürlich der Profi, äh, Exprofi.«
    Iris hätte sich in den Bauch beißen können. Die Worte des Wächters hallten ein weiteres Mal in ihrem Kopf
wider. Sucht dort: Energieunternehmen, Regierungspräsidium,
Autobahn . Erhatte sich für seine
zweite Warnung einen alten Schuppen ausgesucht, der dem Regierungspräsidenten
gehörte. Warum hatte es erst dieses Artikels und Trautmanns bedurft, um sie auf
den Trichter zu bringen? Fünf, hatte der Wächter zudem geschrieben. Erst drei, dann fünf. Das war die Anzahl der Namen auf der
Todesliste. Der Wächter spielte nicht. Bisher hatte er
alle seine Ankündigungen wahr gemacht. Erst die drei Warnungen. Und nun ging es
richtig los, nun standen Menschenleben auf

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