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Hotzenwaldblues

Hotzenwaldblues

Titel: Hotzenwaldblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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vor lassen«, hatte der
Glückliche hinzugefügt. »Es muss außerdem nicht das Ziel gewesen sein, dass der
alte Örtler sterben sollte. Vielleicht wollte Gerber ihn auf diese Weise überzeugen,
endlich ins Altersheim zu gehen. Wenn Gerber seinen Schwiegervater wirklich
hätte umbringen wollen, dann hätte er ihm eine stärkere Dosis verpasst. Die
Untersuchungen haben aber ergeben, dass der alte Mann zwar schon seit Längerem
methodisch vergiftet wurde, dass die Dosen aber sehr schwach waren.«
    Iris starrte aufs gegenüberliegende Schweizer Ufer, ohne es wirklich
zu sehen. Die Schönheit der verschiedenen Grüntöne der sprießenden Blätter an
den Laubbäumen zwischen den Nadelgehölzen, dazu der Felder und der blühenden
Wiesen war an sie völlig verschwendet. Sie ging dazu über, mit ihren Zähnen den
Nagel des kleinen Fingers zu attackieren und arbeitete sich dann weiter vor
Richtung Daumen.
    Sie waren dem Wächter noch kein
Stück näher gekommen. Dieser Unbekannte agierte schlau, hielt sie auf Trab und
sich selbst bedeckt. Es gab keine Fingerabdrücke, die sie zuordnen konnten, niemand
von den bekannten Umweltfundamentalisten kam in Frage. Die üblichen Kandidaten
jedenfalls nicht. Und auch in der autonomen Szene hatten sie bisher niemanden
finden können, dem sie die Drohbriefe und die Attentate zuordnen konnten.
Ebenso wenig bei den Linken wie bei den Rechten. Sie mussten weiter alle
Möglichkeiten abklopfen. Denn immerhin konnte es ja auch sein, dass jemand unter
der Flagge eines Umweltaktivisten segelte, um Unruhe zu schüren.
    Vielleicht litt sie langsam an Paranoia, aber sie hatte das
unbestimmte Gefühl, dass all die Geschehnisse der letzten Zeit zusammenhingen,
die Sprengsätze, der Brand im Altenheim und die Arsenvergiftung von Franz
Örtler. Sie wusste nur nicht wie. Was hatten sie übersehen? Es lief ihnen die
Zeit davon. Morgen war der 25. Mai. Der Tag, seit dem dieser
Regenwaldschützer aus Basel als verschwunden galt. Wie hieß er noch einmal? Ach
ja, Bruno Manser. War also heute der Tag, an dem der Wächter damit beginnen würde, den zweiten Teil seiner Drohungen wahr zu machen? Ihr
wurde schlecht. Aber wer? Wer war er? WO BIST DU, DU
MISTKERL?
    Paul Zumkeller hatten die Kollegen gestern schon bald nach der Befragung
wieder laufen lassen. Ihm war eine Beteiligung am Brand im Altenheim in
Herrischried nicht nachzuweisen. Und auch nichts anderes. Iris glaubte im
Gegensatz zu Felix auch nicht, dass er der Wächter sein könnte. Gut, er hätte ein Motiv. Aber trotzdem. Dort hatte ein Laie
gezündelt, kein Feuerwehrmann. Das brachte sie zurück zu Örtler. Wer könnte
Örtler vergiften wollen, wer sah ihn oft genug, um ihm regelmäßig Gift zu
verabreichen?
    Als sie beim Nagel des Ringfingers angekommen war, überlegte Iris,
dass Örtler doch gut mit Johannes Forstweiler befreundet war. Und dann
überschlugen sich ihre Gedanken. Forstweiler kam regelmäßig und nahe genug an Örtler heran, um ihn zu vergiften. Wenn außer
Hanspeter Gerber, Tanja und den Enkelinnen einer ständig Zugang zu Franz Örtler
hatte, dann war das der ehemalige reformierte Pfarrer. Und wo hatte Forstweiler
gesteckt, als im Altenheim der Brand ausgebrochen war? War seine ganze Sorge um
den Kumpel nur ein Ablenkungsmanöver gewesen?
    Sie rief Viktor an. »Sag mal, hast du dafür gesorgt, dass Johannes
Forstweiler am Sonntag heimgekommen ist?«
    »Du häsch mengisch Frage! Mir sin im Schtress, aber sel müsstesch du
jo wisse. Du häsch eus die G’schicht ibrockt. Gute Arbet, mini Schöni,
tipptopp.«
    »Habt ihr schon etwas gefunden?«
    Sie hörte ein Stöhnen am anderen Ende der Leitung. »Du waisch scho,
dass sie die ganze Unterlage erscht amol uswerte mün. Die Durchsuchig isch jo
erscht vor vier Stunde gsi. Au dini Kchollege chönne it zaubre. Der Felix, wie
nennscht du ihn immer, ah ja, der Glückliche hät eus nur grob informiert, was
du entdeckt häsch.«
    »Und was ist nun mit Herrn Forstweiler?«
    »Du, des isch kchomisch gsi. Mir henen ussgruefe und dä ganze Platz
absgsuecht, aber mir hänen it gefunde. Wieso? Isch öbbis passiert mitenem?«
    »Nein, nein, das war nur so eine Frage, danke Viktor, ich will euch
nicht weiter von der Arbeit abhalten.«
    Konnte das sein? Konnte das wirklich sein? Ein achtzigjähriger Mann,
dazu noch ein ehemaliger Pfarrer, vergiftete seinen Freund? Aber warum? Könnte
Forstweiler am Ende der Wächter sein? Das
würde zumindest den alttestamentarischen Duktus in dem Brief

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