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Hotzenwaldblues

Hotzenwaldblues

Titel: Hotzenwaldblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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dringende Bedürfnis, einfach ihren Kopf an
seine Schulter zu legen und sich von ihm beschützen zu lassen, nie in den
Griff. Das war albern. Nein, es war geradezu abartig, den Wunsch zu hegen, sich
von einem Mann beschützen zu lassen, den sie des Mordes verdächtigte.
     
    Um acht Uhr fünfundvierzig stand Iris noch immer am
Fenster ihrer Wohnung, schaute auf den Rhein und kaute nachdenklich an den
Nägeln der rechten Hand, meistens am Mittelfinger. Der Glückliche hatte es
tatsächlich geschafft. Die Bauwagen-Razzia hatte noch vor dem Eintreffen der
ersten Bauarbeiter begonnen. Felix hatte sich endlich gemeldet, war aber nicht
von allein auf den nächtlichen Anruf beim Leitenden der Staatsanwaltschaft Waldshut
bezüglich des Ausstellens eines Durchsuchungsbefehls zu sprechen gekommen. Sie
hatte sich die Nachfrage natürlich nicht verkneifen können. Und zu ihrer leisen
Enttäuschung erfahren, dass er einen der jungen Staatsanwälte erwischt und
überzeugt hatte, das Dokument auf den Weg zu bringen. Bereitschaftsdienst war
eben Bereitschaftsdienst. Und Leitende delegierten so etwas gern.
    Derzeit überprüften die Kollegen alle Konten, für die Stümpfli
Zahlungen notiert hatte. Die eidgenössischen Kollegen versuchten
herauszufinden, ob besagte Herren Konten in der Schweiz ihr Eigen nannten und
wem das Nummernkonto gehörte, auf das Stümpfli fünfzigtausend Franken
überwiesen hatte. An diesem Punkt hatte Martin Felix aufgestöhnt. Der Wächter  – und nun das. Sie gingen
inzwischen alle auf dem Zahnfleisch.
    Die Ermittler in Wirtschaftsstrafsachen hatten Kisten voller Dokumente
aus den Bauwägen geholt. Auch die Unterlagen über die Gelder, die Stümpfli
offenbar zahlte.
    Die Angelegenheit mit der Vergiftung des alten Örtler band
zusätzliche Kräfte. Das Untersuchungsergebnis hatte sich bei der zweiten
Analyse bestätigt und war vom Krankenhaus gemeldet worden. Tanja Gerber und ihr
Mann saßen bereits auf dem Polizeirevier Laufenburg und warteten auf ihre
Vernehmung. Denn auch der Glückliche war der Meinung, dass nach Lage der Dinge
mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Familienmitglied als Täter in Frage kam.
Allerdings hatte er noch einen anderen Verdacht: Es könnte ebenso gut der Wächter dahinterstecken.
    Iris war perplex gewesen, als er das sagte.
    »Der alte Mann steht zwar nicht auf der Liste, aber er hat doch die
Örtler-Variante für die Trasse der Autobahn bei Laufenburg und Murg entwickelt.
Erinnern Sie sich, werte Kollegin? Es könnte sein, dass ihm das jemand übel
nimmt. Eine Autobahn halb auf Pfählen im Rhein und dazu ein ausgebaggertes
Flussbett, auf dem Lastkähne gen Basel fahren. Das wäre eine grauenvolle
Umweltzerstörung gewesen, von unserem stillen Hochrhein wäre nichts mehr übrig
geblieben.«
    »Aber Franz Örtler ist ein alter, verwirrter Mann! Wer sollte ihn
umbringen wollen? Das ist außerdem schon ewig her. Die Örtler-Variante ist wie
alle anderen während des Planfeststellungsverfahrens für den Abschnitt zwischen
Rothaus und Hauenstein durchgekaut worden und war als Erste aus dem Spiel. Ich
tippe auf diesen Gerber. Der mag seinen Schwiegervater nicht. Sie hätten ihn
erleben sollen! Wie der Leibhaftige persönlich ist er auf der Suche nach ihm in
Lindas Buchladen gestürmt und hat seine Frau zusammengeschissen. Ich glaube,
der alte Mann hat richtig Angst vor ihm.«
    »Trotzdem. Die Örtler-Variante hätte viel Umweltzerstörung bedeutet.
So zu denken, würde durchaus zum Wächter passen. Und überlegen Sie doch mal weiter: Mit der Vergiftung des Alten hätte
der Wächter gleich zwei Fliegen mit einer Klappe
geschlagen. Wenn wir den Schwiegersohn verhaften, hat er doch auch sein Ziel
erreicht. Das würde beide Bauvorhaben lahmlegen. Zumindest für einige Zeit.
Hanspeter Gerber ist, wie Sie wissen, beim Regierungspräsidium Freiburg der
Mann, der die beiden Planfeststellungsverfahren für den Weiterbau der A98 bei
Bad Säckingen und das Pumpspeicherkraftwerk koordiniert. Mit beiden soll es
noch dieses Jahr losgehen. Wenn er ausfällt, ist da die Kacke am Dampfen. Sie
brauchen ihn zudem unbedingt für den geplanten Runden Tisch.«
    Die Kacke am Dampfen? Wenn nicht Gerber, wer hatte dem alten Mann
dann das Arsen gegeben? Geben können? Sie glaubte nicht, dass es die Tochter
gewesen war. Zog aber die Wächter -Hypothese des
Glücklichen auch nicht wirklich in Betracht. Nein, nicht Tanja. Und die beiden
Enkeltöchter schon gar nicht.
    »Andererseits können wir Gerber nicht außen

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