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Hotzenwaldblues

Hotzenwaldblues

Titel: Hotzenwaldblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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Erschütterung habe sich in einer Tiefe von
einundzwanzig Kilometern ereignet, hieß es. Er wusste nicht so recht, ob er das
glauben sollte. Der Sondierungsstollen für das geplante Pumpspeicherwerk Atdorf
war laut einem Bericht der »Badischen Zeitung« vom 23. Dezember, also dem
Tag vor Weihnachten, damals bereits bis zur geplanten Kaverne vorgedrungen, bis
unter den Standort für das Hornbergbecken  II .
Wie hatte eine Frau sich ausgedrückt, die in der Gegend um den Herrischrieder
Abhau wohnte: »Es klang wie ein Gewitter im Boden oder als ob ein Steinhaufen
umfällt.« Das musste er Iris sagen. Unbedingt, vielleicht war es ja eine Idee,
diese Frau genauer unter die Lupe zu nehmen. Wie hieß sie noch mal? Nein, sie
hatten den Namen nicht genannt. Aber der Glückliche hatte sicherlich
Möglichkeiten, das herauszufinden.
    Es lohnte sich eben, gründlich Zeitung zu lesen. Wer hier vor Ort
lebte und die regionalen Nachrichten verfolgte, war weitaus besser informiert
als diese von sich selbst eingenommenen Presseleute, die mit
Wehratal-Erlebnispfad-Flyern wedelten und glaubten, sie könnten damit Eindruck
schinden. Da sollte sein Gänseblümchen erst mal sehen, was er alles wusste.
Irgendwann musste sie seine Werte doch erkennen. Max seufzte unhörbar. Ihm
wurde ganz blümerant, als er an das erste Haiku dachte, das er ihr gezeigt
hatte. Es war das einzige geblieben, das sie je gesehen hatte, außer jenen
natürlich, die nichts mit ihr zu tun hatten. Was es hin und wieder auch gab.
    Gänseblümchen im Garten …
    Nein, nicht jetzt, nicht hier. Aber was sollte er machen? Sie war
und blieb eben sein Gänseblümchen.
    »Ja, wir sind mit den Sprengungen fertig«, bestätigte Franziska Bach
und deutete mit einer vagen Geste in die linke Tunnelröhre. »Das ist der
Daniela-Stollen. Hier geht es noch etwa zwei Kilometer weiter in den Berg. Vom
Stollen aus bohren wir den Fels an, um ihn zu untersuchen.«
    »Gab es hier unten nicht jede Menge Arsen im Gestein, viel mehr als
gedacht? Wie viele Tonnen Fels haben Sie überhaupt hier herausgesprengt?«,
erkundigte sich Iris.
    Natürlich gab es Arsen im Gestein, das wusste doch jeder, der die
Lokalblätter gelesen hatte. Er hätte ihr die entsprechenden Berichte zeigen
können. »Ich habe gelesen, dass Sie das Gestein anfangs zur Mülldeponie Lachengraben
gekarrt haben, zumindest das, das nicht offen in Loren herumgestanden hat«,
schob er nach.
    Franziska Bach gab mit keiner Geste zu erkennen, ob sie ihn gehört
hatte. Sie sah ihn noch nicht einmal an. Wieso schaute Iris plötzlich so
angespannt? Natürlich, der alte Örtler! Er war ja mit Arsen vergiftet worden.
Witterte sie da einen Zusammenhang?
    Doch wie hätte Hanspeter Gerber an so viele Steine kommen sollen,
wie er benötigte, damit genügend von dem Gift zusammenkam? Seines Wissens
arbeitete der ja beim Regierungspräsidium in Freiburg und nicht hier im
Stollen. Wie bekam man das Arsen überhaupt aus den Steinen? Wusste Iris etwas,
was sie ihm noch nicht gesagt hatte? Er beäugte sie misstrauisch. Sie hatte
schon wieder ihr Pokerface aufgesetzt.
    Das galt auch für Franziska Bach, die nun doch freundlich lächelnd
zurückgab: »Wir haben insgesamt siebzigtausend Tonnen Abraum zutage gefördert.
Es ist bekannt, dass das Schwarzwaldgestein Arsen enthält, das war also nichts
Neues. Wir haben nur nicht mit einer solch hohen Konzentration gerechnet.«
    Wieder hörte Max einen Schnaufer von Iris. Das ARD -Team baute seine Gerätschaften auf und leuchtete
den Sondierungsstollen aus.
    »Was passiert eigentlich jetzt?«, erkundigte sich der Typ von der
»Zeit«. »Bauen Sie schon weiter? Das Planfeststellungsverfahren kommt doch
noch, oder? Und was machen Sie mit dem Wasser?«
    Franziska Bach schüttelte den Kopf. »Nein, wir warten natürlich, bis
wir die Baugenehmigung haben. Wir hoffen, dass wir 2013 beginnen können. Der
Stollen wird bis dahin mit Beton verschlossen, verplombt, wenn Sie so wollen.
Damit das Wasser nicht austreten kann, wenn wir es nicht mehr abpumpen. Bevor
Sie fragen: Für die zusätzlichen Wassermengen wurde eine Genehmigung beantragt
und bewilligt.« Der Mann von der »Zeit« nickte und machte sich Notizen.
    Max beobachtete, wie Iris zurück in Richtung Barbaraschrein
schlenderte und folgte ihr. Sie hatte etwas vor, das sah er schon an der Art,
wie sie die Nackenmuskeln anspannte und die Schultern nach hinten zog. Ohne
Umschweife begann sie ein Gespräch mit einem der beiden recht jungen Mineure,
die

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