House of God
Hose, weil er direkt von Station- 6 Süd kam und mit den üblichen Stationsausscheidungen bekleckert war. Der Leggo begrüßte Chuck mit einem gedehnten: »Oh, hallo, äh …«, er suchte nach dem Namensschild, »äh … Charles. Kommen Sie von der Arbeit?«
Und Chuck sagte:
»Nein, ich seh immer so aus, Chef, Sie wissen ja wie das is.«
Die Party nahm ihren Lauf. Die Frau des Leggo war ungefähr so erotisch wie ein Katheter. Auf seiten der Ärzte war das einzige Gesprächsthema die Medizin, und die Gattinnen sprachen nur darüber, wie schwer die Medizin ihnen das Leben machte. Chuck und ich verliebten uns in eine Frau und wußten nicht warum. Während ich immer betrunkener wurde, sah Berry immer ungläubiger aus. Sie sprach mit dem Leggo, sie sprach mit dem Fisch. Nach vierzig Minuten kam sie zu uns und sagte, sie wolle gehen. Ich hatte sie noch nie so wütend gesehen, und Chuck und ich fragten sie nach dem Grund.
»Ihr beiden seid betrunken«, sagte sie, »und ich kann verstehen, warum. Ich würde mich auch betrinken, wenn ich mich mit diesen
Schmucks
abgeben müßte. Das ist keine Übertragung, sondern Zwangsneurose. Wenn ihr etwas verschüttet, kriegen die Durchfall. Kein Wunder, daß Ärzte die höchsten Raten bei Selbstmord, Scheidung, Sucht, Alkoholismus und vorzeitigem Tod haben. Und wahrscheinlich auch bei vorzeitiger Ejakulation. Ich bin jetzt seit zwei Stunden in diesem Haus, und mich hat noch niemand irgend etwas über mich gefragt. Es ist, als wäre ich nur ein Appendix von dir.«
Ein Schnappi, dachte ich bei mir.
»Roy, ich habe noch nie etwas so Demütigendes erlebt. Weißt du, was diese Typen sind? Schwanzlutscher. Bis dann.«
Nachdem sie uns auf die Wangen geküßt hatte, nahm sie ihren Mantel und ging. Wir hatten so viele Sparkler getrunken, wie wir hinunterbekommen konnten und fuhren zurück ins
House.
»Dammt, diese Berry is schon eine.«
»Ja, sie ist wundervoll. He, versuch auf der Straße zu bleiben, ja? Weißt du, sie macht sich Sorgen um dich.«
»Mann, worüber macht sie sich Sorgen?«
Ich war betrunken genug, es ihm zu erzählen. Ich sagte ihm, daß sie bemerkt hatte, wie fett er geworden war, so total aus der Form geraten. Daß er das Essen hinunterschlang, nicht mehr auf seinen Körper achtete und zuviel trank.
»Ja, ja. Ich war immer gut in Form, und nun sieh dir diesen Sack an. Traurig, Mann, sehr traurig.«
»Sie sagt, das ist Zorn, daß wir alle die Nase so voll haben, daß wir anfangen, die seltsamsten Sachen zu machen. Bei dir, sagt sie, ist alles oral. Sie macht sich Sorgen, du könntest Alkoholiker werden.«
Er parkte den Wagen wie ein Alkoholiker im rechten Winkel zu den weißen Linien des Parkplatzes. Wir stiegen aus und als unausgesprochene Herausforderung pinkelten wir auf den Platz. Die beiden Dampfwolken waren uns ein Trost.
»Also, Berry macht sich ein bißchen Sorgen um mich, äh?« fragte Chuck.
»Jap. Mehr als ein bißchen. He, ich mach mir auch Sorgen um dich.«
»Hm, Roy, ich verrat dir ein Geheimnis. Ich auch, Mann, ich auch.«
Der Wecker klingelte. Ich löste mich aus der Sauna unter Berrys Decke und knurrte. Potts’ Vater war gestorben, und Potts war zur Beerdigung nach Charleston gefahren. Motorrad Eddie übernahm den Dienst von Potts, und ich mußte den Dienst von Motorrad Eddie in der Notaufnahme übernehmen, eine Vierundzwanzig-Stunden-Schicht. Der Morgen war so kalt, daß ich, trotz meiner Vermummung, vor Kälte zitterte, als mein Hintern den Wagensitz berührte. Und während ich auf dem Weg zum
House
fröstelte, dachte ich an Wayne Potts.
Das Seltsamste an Potts war, daß er sich nicht seltsam benahm. Er war höchstens stiller geworden, mehr in sich gekehrt. Eines Nachts traf ich ihn in der Stationszentrale. Er saß da mit einem verstörten Gesichtsausdruck, wie ein Kind auf einer Beerdigung.
»Oh, hallo, Roy«, sagte er. »Weißt du, ich war gerade bei dem Gelben. Ich könnte schwören, er hat mich angesehen und mich erkannt. Aber dann, als ich noch einmal hinsah, war er wie immer, die Augen geschlossen, im Koma.«
Potts plagte sich ab. Seine Frau hatte mehrfache Orgasmen von der Macht, die sie als
Intern
der Chirurgie im MBH genoß, und Potts war die meiste Zeit allein. Wir waren uns näher gekommen, und ich hatte ihn allmählich gern. Seine Herkunft aus den Südstaaten und meine Liebe zu den alten Wurzeln Englands, zu Oxford, wo Erdbeeren mit Schlagsahne und Champagner auf weichem Rasen in Gärten aus dem fünfzehnten
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