House of Night 7. Verbrannt
das, was ich dir gesagt hab – dass ich die Erde um mich brauch und allein sein muss. Dass ich mir was überlegen will und das nich hier tun kann.«
»Na gut. Aber die werden tierisch sauer sein.«
»Ich komm doch bald zurück.« Sie stieg ins Auto. »Und mach dir keine Sorgen. Ich bin vorsichtig.«
Der Motor war gerade angesprungen, da klopfte Dallas noch einmal ans Fenster. Sie unterdrückte einen Seufzer und kurbelte es einen Spalt auf.
»Jetzt hätte ich fast vergessen, es dir zu sagen. Während ich auf dich gewartet hab, hab ich gehört, wie ein paar Kids sich darüber unterhalten haben, dass im ganzen Internet die Nachricht rumgeht, dass Z nicht die Einzige in Venedig ist, deren Seele zerschmettert worden ist.«
»Was zum Geier soll das heißen, Dallas?«
»Es heißt, Neferet hätte beim Hohen Rat Kalona auf den Tisch gebracht – im wahrsten Sinne des Wortes. Aber nur seinen Körper. Seine Seele war weg.«
»Oh, danke, Dallas. Aber jetzt muss ich abhauen!« Ohne auf seine Antwort zu warten, legte Stevie Rae den Gang ein und brauste die Auffahrt hinunter. An der Utica Street bog sie rechts ab, zur Innenstadt und dann nach Nordwesten, in Richtung der sanften Hügel am Stadtrand, wo sich das Gilcrease-Museum befand.
Kalonas Seele war also auch verschwunden.
Stevie Rae glaubte nicht einen Augenblick lang, dass die Seele des Unsterblichen etwa vor Kummer in Stücke gebrochen war.
»Nich wirklich«, murmelte sie vor sich hin, während sie durch die dunklen, verlassenen Straßen von Tulsa kreuzte. »Er ist hinter ihr her.« Kaum sprach sie es laut aus, da erkannte sie, dass es die Wahrheit war.
Was konnte sie da nur machen?
Sie hatte keine Ahnung. Sie hatte keine Ahnung von Unsterblichen oder zerschmetterten Seelen oder der Geisterwelt. Sicher, sie war schon mal gestorben, aber dann war sie wieder entstorben. Und sie konnte sich nicht erinnern, dass ihre Seele irgendwohin gegangen wäre.
Gefangen … es war schwarz und kalt und totenstill gewesen, und ich wollte schreien und schreien und …
Stevie Rae schüttelte sich und unterdrückte rigoros ihre Gedanken. Sie wusste kaum noch etwas aus dieser schrecklichen, leblosen Zeit – sie wollte sich nicht erinnern. Aber sie kannte jemanden, der eine Menge von Unsterblichen verstand – vor allem von Kalona – und von der Geisterwelt auch. Zoeys Grandma zufolge war Rephaim nichts als ein Geist gewesen, bevor Neferet seinen schaurigen Daddy auf die Welt losgelassen hatte.
»Rephaim weiß da sicher was. Und ich werd’s aus ihm rauskriegen«, sagte sie entschlossen und umfasste das Lenkrad ganz fest.
Wenn nötig, würde Stevie Rae die Macht ihrer Prägung, ihres Elements und alle sonstige Macht, die sie zusammenkratzen konnte, einsetzen, um die Infos aus ihm rauszuquetschen. Ohne sich um das dumme, leicht üble,
schuldige
Gefühl zu kümmern, das sie bei dem Gedanken überkam, Rephaim Gewalt anzutun, gab sie noch mehr Gas und bog auf die Gilcrease Road ab.
Stevie Rae
Sie musste ihn nicht lange suchen. Sie wusste einfach, wo er sich aufhielt. Die Eingangstür der alten Villa war schon gewaltsam aufgebrochen worden, und sie schlüpfte in das kalte, dunkle Haus und folgte seiner unsichtbaren Spur nach oben. Auch ohne die halboffen stehende Balkontür hätte sie gewusst, dass er draußen war. Sie
wusste
es.
Ich werde immer wissen, wo er ist
, dachte sie düster.
Er drehte sich nicht sofort zu ihr um. Sie war froh darüber. Sie brauchte einen Moment, um sich wieder an seinen Anblick zu gewöhnen.
»Da bist du also«, sagte er, noch immer ohne sich umzuwenden.
Diese Stimme – diese menschliche Stimme.
Wieder staunte sie, kaum weniger als beim ersten Mal.
»Du hast mich gerufen.« Sie versuchte, einen kühlen Ton anzuschlagen – versuchte, die Wut darüber zu unterdrücken, was sein grauenhafter Daddy getan hatte.
Er drehte sich um, und ihre Blicke trafen sich.
Er sieht erschöpft aus
, war ihr erster Gedanke.
Sein Arm blutet wieder.
Sie hat noch Schmerzen
, war sein erster Gedanke.
Und sie ist voller Zorn.
Schweigend sahen sie sich an. Keiner von ihnen hätte seine Gedanken laut aussprechen wollen.
»Was ist geschehen?«, fragte er schließlich.
»Woher weißt du, dass was passiert ist?«, fauchte sie zurück.
Er zögerte und wog seine Worte offensichtlich gut ab. »Durch dich.«
»Das ist totaler Schwachsinn, Rephaim.« Das Echo seines Namens, von ihrer Stimme ausgesprochen, hing in der Luft, und plötzlich schien die Nacht von der
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