House of Night 7. Verbrannt
aber andererseits sah Mister Pfeil und Bogen sowieso völlig jämmerlich aus. Sie fragte sich, was mit einem Krieger passierte, wenn dessen Priesterin starb, und erzitterte in einem schrecklichen Vorgefühl.
»Zoey hat Erebos angegriffen. Sein Zustand ist der unleugbare Beweis dafür.« Neferets Worte hatten einen selbstzufriedenen Unterton.
»Zoey hat versucht, den Unsterblichen daran zu hindern, dass dieser ihren Gefährten tötete«, sagte Darius, bevor Stark etwas brüllen konnte.
»Ach, und genau das ist der Punkt, nicht?« Honigsüß lächelte Neferet Darius an. Aphrodite hätte ihr am liebsten die Augen ausgekratzt. »
Warum
hat mein Gefährte es für nötig gehalten, Zoeys Heath etwas anzutun? Das einzige Zeugnis dafür, was geschehen ist, haben wir aus Erebos’ Mund, ehe sein Geist aus seinem Körper gerissen wurde. Seine letzten Worte waren: ›Ich habe meine Göttin beschützt.‹ Was sich also zwischen Zoey, Heath und Erebos abspielte, ist viel komplizierter, als es sich einem jungen, unter seelischer Anspannung stehenden Zeugen wohl darstellt.«
»Das hatte nichts mit Nyx zu tun! Kalona hat Heath umgebracht! Wahrscheinlich aus Eifersucht, weil Zoey ihn so geliebt hat.« Stark sah aus, als wünschte er sich nichts mehr, als die Hände um Neferets weiße Kehle zu legen und zuzudrücken.
»Und wie hast du Zoeys Liebe für Heath empfunden?«, fragte Neferet. »Das Band zwischen Krieger und Priesterin ist höchst intim, nicht? Du warst zugegen, als ihre Seele zerbarst. Worin liegt deine Schuld, Krieger?«
Darius hielt Stark zurück, der sich auf Neferet stürzen wollte. In die steigende Spannung erhob hastig Duantia das Wort. »Neferet, ich denke, wir stimmen alle darin überein, dass es über die Tragödie, die sich heute auf unserer Insel abgespielt hat, viele unbeantwortete Fragen gibt. Stark, wir sind uns auch im Klaren darüber, welch unbändige Trauer und Wut du über den Verlust deiner Priesterin empfindest. Es ist ein harter Schlag für einen Krieger, seine –«
Duantias weise Worte wurden rüde durch Aretha Franklin unterbrochen, die aus der kleinen Coach-Handtasche über Aphrodites Schulter den Refrain von ›Respect‹ schmetterte.
»Ups, oh, sorry.« Panisch zerrte Aphrodite den Reißverschluss auf und kramte nach ihrem iPhone. »Ich dachte, ich hätte es stumm geschaltet. Ich weiß nicht, wer …« Sie brach ab, als sie sah, dass der Anrufer Stevie Rae war. Fast hätte sie das Gespräch weggeklickt, aber da
spürte
sie es – ganz klar und stark. Dieses Gespräch musste sie annehmen. »Äh, sorry nochmal, aber das ist wirklich wichtig.« Sie eilte die Treppe hinauf und aus dem Saal und fühlte sich schrecklich exponiert, weil alle ihr hinterherstarrten, als hätte sie gerade ein Baby verprügelt oder einen blöden Welpen ertränkt. »Stevie Rae«, flüsterte sie hastig, »ich weiß, du hast wahrscheinlich gerade das mit Z erfahren und bist total von der Rolle, aber das ist wirklich keine gute Zeit für einen Anruf.«
»Kannst du Geister und Sachen aus der Anderwelt spüren?«, fragte Stevie Rae, ohne auch nur etwas Ähnliches wie ›hi, wie geht’s?‹ zu äußern.
Etwas an ihrem Ton hielt Aphrodite davon ab, in ihrer üblichen sarkastischen Art zu antworten. »Ja, ich fang langsam an damit. Anscheinend hab ich meine Visionen schon immer aus der Anderwelt bekommen – bis heute war’s mir nur nicht klar.«
»Wo ist Kalonas Körper?«
Aphrodite spähte um die Ecke des Foyers. Niemand war in der Nähe, trotzdem achtete sie darauf, leise zu sprechen. »Der liegt unten vor dem Hohen Rat im Sitzungssaal.«
»Ist Neferet auch da?«
»Oh, selbstverständlich.«
»Und Zoey?«
»Ja. Das heißt, ihr Körper. Z selber hat sich total ausgeklinkt. Stark hat das Ganze tierisch mitgenommen, und Neferet provoziert ihn derart, dass er kaum noch klar denken kann. Darius versucht gerade, seinen Arsch zu retten, indem er dafür sorgt, dass Stark sie nicht mit bloßen Händen in der Luft zerreißt. Und mit der Streberclique ist überhaupt nichts mehr anzufangen.«
»Aber du bist noch voll zurechnungsfähig.«
Es war keine Frage, aber Aphrodite antwortete trotzdem: »Jemand muss ja.«
»Gut. Okay, ich glaub, ich hab da ’ne Vermutung wegen Kalona. Wenn sie stimmt, steckt Neferet bis über die Ohren im Bösen, und zwar so, dass sie seinen Körper gefangen hält und seinen Geist zwingt, ihr zu gehorchen, damit er ihn zurückbekommt.«
»Als ob das irgendjemanden überraschen
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