House of Night 7. Verbrannt
weiß nicht, wie lange ich da so saß, gebeugt von Trauer, Verwirrung und Müdigkeit, aber irgendwann fand ein Geräusch den Weg in die Düsternis meines Geistes: das Rauschen von Flügeln, flatternd im Wind, kreisend, sinkend, suchend.
»Komm, Zo. Wir müssen noch weiter rein.«
Ich sah auf. Heath kniete neben mir. »Das ist meine Schuld«, sagte ich.
»Nein, ist es nicht. Und warum soll’s so wichtig sein, wessen Schuld es ist? Es ist passiert, Baby. Man kann’s nicht mehr rückgängig machen.«
»Ich kann dich nicht verlassen, Heath«, schluchzte ich.
Er strich mir das Haar aus dem Gesicht und hielt mir noch ein paar zerknüllte Kleenex hin. »Ich weiß.«
Das Schlagen der riesigen Flügel wurde lauter, und hinter uns raschelten Zweige im entstehenden Luftzug.
»Zo, lass uns später reden, ja? Im Moment sollten wir besser abhauen.« Er packte mich unter einem Ellbogen, zog mich auf die Beine und führte mich tiefer in das Wäldchen, wo die Schatten noch dunkler und die Bäume noch älter wirkten.
Ich ließ mich mitziehen. Ich fühlte mich besser, wenn ich mich bewegte. Nicht gut – das nicht. Aber besser, als wenn ich still dasaß.
»Das ist er, oder?«, fragte ich apathisch.
»Er?«, fragte Heath und half mir über einen zerklüfteten grauen Felsen hinweg.
»Kalona.« Mit dem Wort schien die Luft um uns dichter zu werden. »Er will mich holen.«
Heath warf mir einen grimmigen Blick zu. »Oh nein!«, knurrte er. »Der kriegt dich nicht – niemals!«
Stevie Rae
»Oh nein, der kriegt dich nicht!«, brüllte Dragon.
Gemeinsam mit allen im Ratszimmer Versammelten starrte Stevie Rae den Fechtmeister an, der aussah, als wollte ihm gleich eine Hauptschlagader platzen.
»Äh, wer, Dragon?«, fragte sie.
»Der Rabenspötter, der meine Frau getötet hat! Deshalb wirst du nicht allein nach draußen gehen, bis wir dieses Ungetüm gefunden und vernichtet haben!«
Stevie Rae versuchte, das dumpfe Gefühl zu ignorieren, das Dragons Worte in ihr auslösten, und auch das furchtbar schlechte Gewissen, das in ihr hochkam, als sie ihn betrachtete und die Gebrochenheit in seinem Blick sah und sich klarmachte, dass Rephaim ihr zwar schon zweimal das Leben gerettet, aber auch Anastasia Lankford getötet hatte.
Rephaim hat sich verändert. Er ist nicht mehr so
, dachte sie und wünschte, sie könnte es laut aussprechen und verhindern, dass ihre Welt zusammenbrach.
Aber sie konnte nicht mit Dragon über Rephaim reden. Sie konnte mit niemandem über ihn reden, also begann sie mal wieder, die Wahrheit mit Lügen zu verknüpfen, bis daraus ein grausiger Teppich aus Ausflüchten und Täuschungen wurde.
»Ich weiß nich, welcher Rabenspötter in dem Park war, Dragon. Ich meine, er hat sich mir nich vorgestellt.«
»Ich glaub, es war der Anführer, dieser Ref-irgendwas«, meldete sich Dallas, obwohl Stevie Rae ihm einen echt finsteren Blick zuwarf.
»Rephaim«, sagte Dragon in einem Ton wie der leibhaftige Tod.
»Ja, genau. Er war riesig, genau wie Sie’s beschrieben haben, und seine Augen sahen total menschlich aus. Außerdem hatte er so was an sich – weiß nicht, aber ich hatte das Gefühl, er hält sich für den Obermotz persönlich.«
Stevie Rae kämpfte den Drang nieder, Dallas den Mund zuzuhalten – und am besten auch noch die Nase. Zu ersticken hätte ihn definitiv daran gehindert weiterzulabern.
»Ach, Dallas, jetzt mal halblang. Wir wissen nich, was es für ein Rabenspötter war. Und Dragon, klar versteh ich, dass Sie besorgt sind und so, aber es geht doch nur darum, dass ich zum Kloster will, damit ich Grandma Redbird das mit Zoey erzählen kann. Ich schlag mich doch nich allein durch die Wildnis.«
»Trotzdem stimme ich Dragon zu«, sagte Lenobia. Auch Erik und Professor Penthesilea nickten – einen Augenblick lang waren alle Uneinigkeiten, was Neferet und Kalona betraf, vergessen. »Dieser Rabenspötter ist dort aufgetaucht, wo du standest, um mit der Erde zu kommunizieren.«
»Das ist zu einfach ausgedrückt«, warf Dragon rasch ein. »So wie Stevie Rae es erzählt hat, hat sie mit uralten Mächten des Bösen und des Guten kommuniziert. Dass diese Kreatur erschien, während das Böse selbst sich manifestiert hatte, kann kein Zufall sein.«
»Aber der Rabenspötter hat mir nichts getan. Er war –«
Dragon hob die Hand. »Zweifellos war er von der Finsternis angelockt worden, und die hat sich dann gegen ihresgleichen gewandt, wie es das Böse sooft tut. Du kannst nicht mit Gewissheit
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