How to be really bad (German Edition)
Unangenehm? Nein, eher wohlig.
Und dass es sich gut anfühlte, war ausgesprochen unangenehm.
Ohne es zu wollen, beugte ich mich vor, stützte mein Gesicht auf die Hand und sah ihn lächelnd an.
Er reagierte sofort, kam ebenfalls näher und sagte: «Du siehst ziemlich gut aus.»
Ich schüttelte den Kopf. «Nein. Ich sehe sehr gut aus.»
«Stimmt. Aber ich dachte, ich fang mal vorsichtig an. Ich hätte mich schon noch zu ‹phantastisch› hochgearbeitet.»
«Wieso sitzt du hier mit mir?»
«Ich könnte jetzt sagen: Weil ich Tee mag. Aber Fakt ist: Ich bin fasziniert von dir. Du hast etwas Unwiderstehliches an dir, etwas, das mich anzieht.»
Ja, er beschrieb ziemlich genau, wie es mir mit ihm ging.
Aus der Ecke wollte ich jetzt aber schnell raus. «Erzähl mir mehr über Tee.»
«Ich hab dir ein Buch gekauft, da kannst du alles nachlesen. Aber viel wichtiger ist es, Tee zu probieren.» Tiefer Blick in meine Augen. «Es macht nämlich einen großen Unterschied, ob man über etwas nur liest, oder ob man es auch probiert.»
Schon wieder eine Herzrhythmusstörung bei mir. Ich bemühte mich, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Ich hatte das Bedürfnis, mich gegen ihn zur Wehr zu setzten, aber genau genommen tat er ja nichts. Er war einfach nur nett. Vielleicht lag es daran? Vielleicht reagierte ich darauf allergisch? Mit Freundlichkeiten konnten wir wahrscheinlich naturgemäß nicht gut umgehen. Unser Organismus vertrug das nicht. Warum hatte Paps mich nicht gewarnt?
Sachlichkeit war angesagt, wollte ich diesen Nachmittag überleben. Ich würde noch ein bisschen mit ihm plaudern und mich dann verabschieden, beschloss ich.
«Was machst du so den ganzen Tag?», fragte ich deshalb so nüchtern wie möglich.
Sam zuckte die Schultern. «Dies und das.»
Ah ja, danke für die Info.
«Gehst du noch zur Schule?» Neuer Versuch.
«Nein. Sonst hätte ich geantwortet: Ich gehe zur Schule.»
«Wenn du weiter mit mir reden willst, solltest du nicht so spitzfindig sein.»
«Das ist ausschließlich dein Privileg, was?»
«Genau.»
«Eine Frage: Wieso hast du dich Greta genannt, als wir uns zum ersten Mal getroffen haben?»
«Weil …»
Super, jetzt wurde ich rot. Und schwieg.
«Weil ich dich nervös gemacht habe?»
Wie bitte? Ich blitzte ihn verärgert an. Ich mag es nicht, wenn Leute wissen, wie ich mich fühle. Wieso wusste er das? Und wieso hatte er etwas Triumphierendes in seinem Blick?
«Nein, weil ich mit meinen Gedanken woanders war.»
«Ich hoffe, bei mir.»
«Dann hätte ich ‹Sam› geantwortet. Ich hab aus Versehen Greta gesagt, weil ich gerade an sie gedacht hatte.»
So, das war Logik, mein Lieber.
«Okay. Schade.»
«Wieso schade?»
Sam seufzte leicht und legte den Kopf etwas schief. «Weil ich versuche herauszubekommen, ob ich dich irgendwie beeindruckt habe, ob du mich gut findest, ob du Interesse an mir hast.»
«Und wieso fragst du das nicht einfach?»
«Würdest du die Frage ehrlich beantworten?»
«Nein.»
«Na bitte, dann kann ich es mir ja schenken. Also muss ich versuchen, Zeichen zu lesen.»
«Um bei mir Zeichen lesen zu können, brauchst du einen Blindenhund. Ich bin nicht ‹zu lesen›.»
Sam grinste sehr selbstbewusst. «Ich denke, das schaffe ich ohne Hund und ohne Brille. Wir beide sind uns sehr ähnlich. Ich muss einfach nur überlegen, wie ich mich fühlen würde, was ich denken würde, und dann komme ich schon ziemlich nah an das, was in dir vorgeht.»
«Ach was! Dann sag mir mal, was ich gerade denke.»
«Du denkst, ich bin ziemlich dreist und von mir überzeugt. Und du bist nicht so ganz sicher, ob dich das nervt oder ob du es gut findest.»
Hm, nicht schlecht.
«Falsch. Ich hab gedacht: Hoffentlich hört der Kerl jetzt auf zu reden und fragt, ob ich zu meinem Tee nicht auch was zu essen haben möchte.»
Sam grinste noch breiter. «Ich weiß, dass ich recht hatte.»
«Dann überzieh es jetzt nicht und bestell ein paar Kekse oder Sandwiches oder was immer man hier zu Tee isst.»
Sam winkte der Kellnerin.
Nach diesem holprigen Start lief die Unterhaltung plötzlich. Ganz normal. Über dies und jenes. Wir lästerten über ein paar Leute an den Nachbartischen, probierten weitere Teesorten aus, stellten fest, dass wir beide Spaß daran hatten, die Grenzen anderer Leute auszutesten. Ganz im Ernst: Ich hatte einen supertollen Nachmittag, war gut gelaunt, fühlte mich prima. Sam war toll. Ich mochte ihn. Und die Zeit verging rasend schnell.
Gefühlte fünf Minuten
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