Huckleberry Finn - Walbreckers Klassiker fuer Kids
geschnappt würde, wäre er unweigerlich verloren. Man würde ihn ausliefern und das Kopfgeld kassieren. Und anschlieÃend würde man ihn erneut als Sklave verkaufen.
Also begaben wir uns wieder auf Reisen. In den nächsten drei Nächten wollten wir es bis Cairo schaffen â ans Ende von Illinois, wo der Ohio mündet. Dort wollten wir das Floà verkaufen, auf ein Dampfboot steigen und den Ohio hinauf in die Nordstaaten fahren, wo Jim ein freier Mensch sein würde.
Aber wieder mal kam alles anders. In der zweiten Nacht überraschte uns dichter Nebel, und wir waren gezwungen, eine Insel anzusteuern, um dort anzulegen. Ich stieg ins Boot um, ruderte ein paar Meter voraus, und siehe da: Ich wurde fündig. Gleich am Ufer einer Insel entdeckte ich ein paar kleine Bäumchen, legte das Tau für das Boot um einen Stamm und ein zweites Tau für das Floà um den nächsten. Ich lag schon fest, und Jim steuerte unser teures Gefährt trotz der starken Strömung wunderbar ans Ufer. Ich warf ihm das Tau zu, aber â was geschah? Das schwere Floà riss den Baum glatt aus dem Boden. Und ehe ich das Missgeschick recht begriffen hatte, war das Floà davon und vom Nebel verhüllt.
âJim!â rief ich, aber der Nebel schien meine Stimme zu verschlucken.
Ich sprang ins Boot, riss es los und machte mich an die Verfolgung. Ich rief und horchte auf eine Antwort. Ich rief wieder und hörte tatsächlich etwas, das wie Jims Stimme klang. Ich hörte auf zu rudern, um mich ganz aufs Gucken und Lauschen konzentrieren zu können. Und tatsächlich: Plötzlich vernahm ich wieder so etwas wie ein Rufen, doch komischerweise hinter mir!
Ich kann nur sagen: Es war wie ein Geisterspiel. Kaum glaubte ich in der Nähe von Jim zu sein, war alles vom Nebel verschluckt. Hatte ich endlich etwas vor Augen, war es nicht unser FloÃ, sondern gespenstische Baumriesen, an denen ich vorbeisauste. Ganz offenbar trieb es mich an einer ziemlich groÃen Insel vorbei, und Jim war auf der anderen Seite des Eilands verschwunden.
Es dauerte Ewigkeiten, bis ich das Gefühl hatte, wieder in freier Strömung zu sein. Hier und da stieà mein Boot zwar gegen etwas Hartes â das aber entpuppte sich stets als vorbei treibendes Geäst oder als ein Baumstamm. Ich begann wieder zu rufen, ja zu schreien, so laut ich konnte, aber vergebens: Meine Stimme verlor sich in der grauen Suppe, und kein Jim schien mich zu hören. Wer weiÃ, was ihm inzwischen passiert war!
Dann endlich geschah etwas, mit dem ich schon gar nicht mehr gerechnet hatte: Der Nebel lichtete sich. Er löste sich mehr und mehr auf. Und jetzt sah ich sogar wieder den Himmel mit leuchtenden, glitzernden Sternen! Und mehr noch: Als der Fluss eine weite Krümmung machte und danach in seiner mächtigen Breite an hohen, dichten Wäldern entlang führte, sah ich erst einen dunklen Fleck vor mir, dann, indem ich mich mächtig in die Riemen legte, die Umrisse eines Gefährtes â unseres FloÃes! Es dauerte nicht lang, und ich hatte es eingeholt.
Ich rief: âJim! Jim!â, aber ich bekam keine Antwort. Jim saà da, den Kopf zwischen den Knien, er rührte sich nicht, und sein rechter Arm hing über dem Steuerruder. Das andere Ruder war abgebrochen, und das Floà war übersät mit Blättern, Zweigen und Erde. Nur mit gröÃter Mühe gelang es mir, mein Boot mit dem Floà zu vertäuen. Dann ein Satz â und ich war neben Jim.
âJim!â schrie ich ihn an, und jetzt endlich zeigte er Regung. Er öffnete die Augen und blickte mich wie einen aus seiner groÃen Geisterwelt an.
âDu liebes Himmel! Da sein du ja, Huck. Ich schon dachte, du sein tot und ertrunken. Lass dich angucken, Kind! Lass dich anfassen, ob du wirklich sein Huck Finn.â
Der Nigger schaute mich an und betastete mich und war ganz überwältigt vor Freude: âMein Herz fast zerbrochen war. Ich nicht mehr wussten, was aus mir werden und das FloÃ.â
âIch bin's wirklich, Jimâ, sagte ich und war nicht weniger glücklich. Dabei überkam mich schlagartig eine riesige Erschöpfung, und ich wollte nichts mehr, als so schnell wie möglich in einen tiefen Schlaf zu fallen.
Wir schliefen fast den ganzen Tag und legten erst wieder ab, als es dunkel wurde. Wie immer, seitdem wir zu zweit unterwegs waren, wurde auch diese Nacht nicht gerade langweilig. Die erste Zeit fuhren wir
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