Huckleberry Finn - Walbreckers Klassiker fuer Kids

ziemlich Verrücktes:
    Eines Mittags teilte uns der Herzog mit, er habe einen Plan ersonnen, wie sich Jim in Zukunft auch tagsüber zeigen könne. „Dazu muss ich allerdings im nächsten Ort einen Besuch machen und etwas vorbereiten.“
    Gesagt, getan: Das nächste Städtchen war Pokeville, und Herzog, König und ich gingen per Boot an Land. Seltsamerweise war der ganze Ort bis auf einen kranken Nigger ausgestorben. Der erzählte uns von einer religiösen Versammlung, die gerade zwei Meilen landeinwärts in einem Wald stattfände. Dem König schien das gerade recht zu sein. Ihn zog es wie magisch in den Wald zu den Gläubigen, und er hatte nichts dagegen, dass ich ihn begleitete. Der Herzog hingegen hatte eine kleine Druckerei entdeckt und erklärte uns, er habe dort etwas zu erledigen.
    Ich sollte den Ausflug mit dem König nicht bereuen. Draußen im Wald war der Teufel los. Mindestens tausend Leute mit Wagen und Gespannen trieben sich da herum, bedienten sich an Fressbuden mit Limonade, Lebkuchen, Melonen, Mais und ähnlichem Zeug. Die anderen hockten in größeren Schuppen, wo Prediger die Gläubigen und Ungläubigen zum Beten, Stöhnen, Jauchzen und Singen brachten. Hier schien sich auch unser König am wohlsten zu fühlen. Mit einem Mal sah ich ihn zu einer Büßerbank rennen, wo er wie die anderen mit Geheul und Geschrei niederfiel und um Gnade flehte. Er war nicht nur einer der Lautesten, er war auch der, der plötzlich auf die Plattform stürmte und den Prediger bat, ihn zu den Leuten reden zu lassen.
    â€žVerehrte Gemeinde, liebe Glaubensbrüder und schwestern!“ verschaffte er sich im Nu Gehör. „Ich muss Buße tun. Ich muss euch Schlimmstes gestehen. Ich war dreißig Jahre lang im Indischen Ozean ein Seeräuber. Ich bin nach Hause gekommen, ein paar neue Leute für meine Mannschaft anzuwerben. Aber vergangene Nacht wurde ich ausgeplündert und ohne einen Cent vom Dampfboot an Land gesetzt. Und wisst ihr, was mir dabei widerfahren ist? Zum ersten Mal in meinem wilden Leben hab ich das Gefühl von Glück gespürt!“
    Und dann redete der Kerl von Reue, von Wiedergutmachung und von Dankbarkeit, die er für Pokeville und seine guten Bürger empfände, und am Schluss kullerten ihm die Tränen über die Wangen. Und er versprach, obwohl er arm wie eine Kirchenmaus sei, sofort wieder zum Indischen Ozean zurückzukehren, um dort alle Seeräuber zu bekehren und auf den Pfad der Tugend zurückzubringen.
    Ich traute meinen Ohren nicht. Ich sah, wie die ganze Gemeinde zu Tränen gerührt war und stehenden Fußes Geld für den reuigen Sünder sammelte.
    Ich mache es kurz: Nach drei Stunden waren wir alle wieder auf dem Floß, der König hatte eine Barschaft von sage und schreibe siebenundachtzig Dollar nebst einem geklauten Fünfzehnliter-Whiskykrug dabei, und der Herzog hatte kaum weniger Erfolgreiches zu vermelden. Er hatte in der Druckerei gegen Bares für irgendwelche Farmer Drucksachen hergestellt, hatte Geld für Zeitungsannoncen kassiert, hatte ein selbstverfasstes Gedicht gedruckt, und als Krönung des Ganzen zeigte er uns einen Fahndungszettel, auf dem haarklein unser Jim beschrieben war und gegen einen Finderlohn von zweihundert Dollar ausgeschrieben stand.
    â€žSo“, erklärte der Herzog, „von heute an können wir auch tagsüber fahren. Jim wird, immer wenn jemand in der Nähe ist, an Händen und Füßen gefesselt und in den Wigwam gelegt. Und wenn jemand was will, dann zeigen wir ihm den Zettel und erzählen ihm, wir seien gerade unterwegs, um den Nigger abzuliefern und die Belohnung zu kassieren.“
    Wir waren alle der Meinung, der Herzog sei ein echter Schlaukopf, und beschlossen, sicherheitshalber aus der Nähe von Pokeville zu verschwinden.
    â€žDu meinen, wir treffen noch mehr Königs und Herzogs?“ flüsterte mir Jim am späten Abend zu, als ich nach einem kurzen Nickerchen zur Nachtwache aufstand.
    â€žNein, ich glaube nicht.“
    â€žDann sein gut. Ich nix haben gegen Königs und Herzogs. Aber zwei von dieser Sorte sein genug.“

Kapitel 7
    Fauler Zauber und faule Eier
    Die nächste Zeit wurde nicht gerade langweilig. Zunächst einmal ging es an Bord ziemlich munter zu. Wir fuhren jetzt tagsüber – immer wenn es unseren Herrschaften gerade recht war. Jim musste sich daran gewöhnen, einige Zeit am