Huckleberry Finn - Walbreckers Klassiker fuer Kids
sie in die Hütte schmuggeln.â
Wie ich schon geahnt hatte â das mit der Pastete wurde eine mehr als komplizierte Sache. Erst mal mussten wir unsere Gerätschaften und Zutaten âborgenâ, wie das mein Alter früher genannt hatte. Dann schleppten wir mindestens drei groÃe Waschschüsseln voll Mehl in den Wald. Dann musste eine Feuerstelle bereitet werden. Und dann hieà es ewig warten, bis das Riesending fertig gebacken war. Aber das erste Exemplar und auch die nächsten fielen allesamt in sich zusammen, sobald wir versuchten, sie auszuhöhlen, um die Strickleiter reinzuquetschen.
âWozu eigentlich diese blöde Strickleiter, wenn wir 'nen Tunnel graben?â, fragte ich irgendwann genervt.
âFür alle Fälle â falls wir einen anderen Fluchtweg wählen müssenâ, erklärte Tom, âIst doch logisch!â
Da gab's keine Widerrede. Tom Sawyer war eben jemand, der alles perfekt plante.
Jedenfalls dauerte es Tage, bis wir mit unserem Backwerk fertig waren. Die Lösung war, dass wir schlieÃlich die Strickleiter gleich mitbackten. Und am Ende hatten wir eine riesige knusprige Pastete, die Nat gegen Belohnung heimlich in die Hütte schmuggelte. Das war unser Tagesjob. Und nachts musste nebenbei weitergebuddelt werden. Jim konnte es kaum noch aushalten bis zu seiner Befreiung und tat brav alles das, was Tom von ihm verlangte.
âJim haben alle Zinnteller mit schönen Zeichen voll geritztâ, meldete er uns voller Stolz und warf uns die zerkratzten Dinger nach drauÃen.
âHeute haben Jim Bauchweh von vieles Pasteteâ, meldete er uns als nächstes. âStrickleiter und anderes Klimbim alles unter Bett versteckt.â
Er war einfach rührend, mein Jim. Und selbst als Tom mit seiner Tiernummer anfing, machte er noch geduldig mit. Das kam so:
âHast du eigentlich Spinnen bei dir drin?â wollte Tom eines Nachts wissen.
âO nein, Master Tom, ich haben Angst vor Spinnen!â
âUnd Schlangen?â
âO nein, die Jim schrecklich Angst machen!â
âUnd Ratten?â
âNein, nix gesehen Ratten.â
âAber du brauchst ein Tier, Jimâ, erklärte Tom, und er meinte es wirklich ernst. âJeder Gefangene braucht einen stummen Liebling. Er kann ihn dressieren und liebkosen und sich die Zeit damit vertreiben. Wir werden uns sofort darum kümmern.â
Und tatsächlich â am nächsten Tag gab's nur noch eine Arbeit: Tiere fangen!
In Kisten, Schachteln, Körben und einer echten Rattenfalle sammelten wir alles, was uns unter die Finger kam. Dann versteckten wir das Getier in einem abgelegenen Geräteschuppen und warteten wieder einmal, bis der Mond schien.
âHeute Nacht werden wir deinen Jim besuchenâ, erklärte Tom, bevor wir uns ans Buddeln begaben. Nach zwei Stunden hatten wir es doch wirklich geschafft. Wir konnten durch den Tunnel krabbeln und kamen genau unter Jims Bett heraus. Welche Aufregung, welche Freude. Zur Feier des Tages zündeten wir die âgeborgtenâ Kerzen an und pafften mit Jim ein gemütliches Pfeifchen. AnschlieÃend verkündete Tom: âUnd jetzt holen wir die Tiere, und dann kannst du anfangen mit dem Dressieren.â
âMaster Tom, Jim brauchen keine Lieblingeâ, protestierte Jim. Doch Tom lieà sich nicht beirren. Wir krabbelten wieder nach drauÃen, und eine halbe Stunde später wimmelte es in Jims Hütte nur so von Tieren: Blindschleichen, Ratten, Frösche, Raupen, Wanzen und Ringelnattern machten sich da breit. Mir tat der Nigger unendlich leid, und ich fragte Tom: âKönnen wir Jim nicht gleich heute Nacht mitnehmen? Der Fluchtweg ist doch fertig.â
âJa, spinnst denn du!â belehrte mich Tom eines anderen. âWir können doch keine Entführung machen, ohne die Bewacher vorher zu warnen.â
âUnd wie willst du das machen?â
âMit anonymen Briefen natürlichâ, erklärte mir Tom. âSonst ist ja alle Spannung weg.â
Ich musste mal wieder einsehen, dass Tom mehr von richtigen Verbrechen verstand als ich.
Was in den nächsten drei Tagen auf der Farm von den Phelps los war â ich kann's kaum erzählen. Der erste Brief, den Tom verfasste und den wir nachts vor die Tür legten, war ja noch harmlos:
âVorsicht, Gefahr im Anzug! Seid wachsam! â Ein unbekannter Freund.â
Als wir am nächsten Morgen beim Frühstück
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