Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)
damit, unsre Sachen in Bündel zu packen, um zum Verlassen des Bootes fertig zu sein.
Gegen zehn Uhr am andern Abend kamen endlich die Lichter einer Stadt am linken Ufer in Sicht.
Ich stieß im Boot ab, um Erkundigungen einzuziehen. Bald fand ich auch einen Mann in einem Nachen, der eine Leine auswarf.
»Ist das Kairo dort?« frag' ich.
»Kairo? Nein. Ich glaub', du bist nicht recht gescheit!«
»Wie heißt denn die Stadt?«
»Wenn du's wissen willst, geh hin und frag! Wenn du noch eine Minute lang mir hier die Fische verjagst mit deinem dummen Gefrag, geb' ich dir was, nach dem du nicht verlangt hast!«
Ich also wieder zum Floß zurück. Jim war schrecklich enttäuscht, ich aber tröstete ihn und meinte, Kairo käme gewiß jetzt erst.
Vor Tagesanbruch noch kamen wir an einer andern Stadt vorbei, und ich wollte eben hin und fragen. Da sagte Jim, die Ufer seien zu steil, Kairo liege flach, das wisse er; so blieb ich denn. Wieder bargen wir unser Floß für den Tag. Allmählich dämmerte mir eine Ahnung, Jim desgleichen. Sag ich: »Jim, ich glaub', wir sind am Ende letzte Nacht im Nebel an Kairo vorübergefahren!«
Antwortet er: »Wir nix wollen reden mehr davon. Arme Nigger können nix haben Glück! Jim immer denken, Schlangenhaut von Insel hören noch nix auf zu bringen Unglück!«
»Wollt', ich hätt' die verd- Haut nie gesehen, Jim!«
»Sein nix deine Schuld, Huck, du nix konnten wissen von Schlangenhaut-Unglück!«
Als es Morgen wurde, sahen wir deutlich, wie sich das klare Ohio-Wasser mit dem schmutzigen Gelb des Mississippi mengte. Nun war's also aus und vorbei, war verpaßt, soviel war sicher! An ein Zurückgehen, an ein Stromaufwärtsfahren mit dem Floß war nicht zu denken, es blieb uns nur übrig, unser Heil im Boot zu probieren. Im Augenblick ließ sich nichts anderes tun, als die Nacht abzuwarten. So schliefen wir denn den ganzen Tag im Weidendickicht, um uns fürs Kommende zu stärken, und als wir gegen Abend zum Floß gingen, war das Boot, unsre letzte Hoffnung – fort! Losgerissen, fortgeschwemmt von der Strömung!
Lange, lange sagten wir kein Wort, wir wußten, daß die Schlangenhaut nochmals dabei im Spiel gewesen war. Was ließ sich da also sagen? Das hätte am Ende nur noch mehr Unglück heraufbeschworen; es war daher das beste, geduldig stillzuhalten! –
Dann berieten wir uns, was wir nun anfangen wollten, und fanden, daß es ratsam sei, ruhig im Floß weiterzutreiben, bis wir uns einmal irgendwo ein Boot verschaffen, das heißt kaufen könnten. Auf meines Alten Art eins zu leihen, kam uns nicht in den Sinn, man hätte uns am Ende dabei fassen können.
Also vorwärts auf dem Floß und gute Miene zum bösen Spiel gemacht! Nach Einbruch der Dunkelheit setzten wir denn auch unsern Weg fort.
Wer bis jetzt vielleicht noch nicht fest an das Unglück geglaubt hat, das das Anfassen einer Schlangenhaut bringt, der wird's nun unfehlbar tun, wenn er hört, wie es uns weiter ergangen!
Nirgends konnten wir eine Gelegenheit entdecken, uns ein Boot zu verschaffen, soviel wir auch ausspähten. Sonst begegnet man doch immer Flößen oder dergleichen, die ein übriges Boot haben und es gerne abgeben, aber nein, wir sollten kein Glück haben! Die Nacht wurde schwärzer und schwärzer, es war beinahe so schlimm wie Nebel, man konnte die Hand kaum vor den Augen sehen, geschweige denn den Strom überblicken. Allmählich war's spät geworden und sehr still, und da hören wir ein Dampfboot in der Entfernung heranbrausen. Wir zündeten unsere Laterne an, damit man uns sehen könne. Wir hörten das Schnauben und Keuchen der Maschine näher und näher, konnten aber erst etwas entdecken, als das Ungetüm schon ganz dicht bei uns war und wir merkten, daß es direkt auf uns lossteuerte. Das tun die großen Dampfer manchmal, um zu zeigen, wie geschickt sie im Lenken des Kolosses sind. Wenn sie nun so dicht an einem vorbeistreifen und das Rad ein Ruder faßt und abknackst, da streckt dann wohl der Steuermann lachend den Kopf heraus und meint wunder welche Heldentat er vollbracht hat. Wir dachten, sie wollten das auch bei uns probieren und waren selbst voller Erwartung, wie es gelingen würde. Das Ungetüm kam aber näher und näher, furchtbar schnell, und sah aus wie eine dicke, pechschwarze Wolke mit kleinen Glühwürmchen gespickt. Und ehe wir uns nur besinnen konnten, glühten schon dicht über uns die weitoffenen Luken des Maschinenraums wie feurige Schlünde, bereit, uns zu verschlingen. Man schrie uns zu,
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