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Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Titel: Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Twain
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gekommen, wie man auch bei Tage ohne Gefahr für Jim fahren könne. Er wolle sich erlauben, in das Städtchen zu gehen und alles besorgen. Der König erteilte sich selbst die gleiche Erlaubnis, um zu sehen, ob er dort nicht etwas Profitables ausrichten könne. Wir hatten keinen Kaffee mehr, Jim schlug daher vor, daß ich im Kanu mitginge und welchen besorgte.
    Als wir hinkamen, schien alles ausgestorben, als ob es Sonntag wäre. Wir fanden einen kranken Neger, der sich in einem Hof sonnte. Er sagte uns, daß alle, die nicht zu jung, zu krank oder zu alt seien, bei einer öffentlichen Bußfeier wären, etwa zwei Meilen entfernt im Wald. Der König ließ sich die Richtung angeben und beschloß hinzugehen, um aus der Gelegenheit zu machen, was sich machen ließ. Ich durfte mit.
    Der Herzog aber sagte, er müsse eine Druckerei ausfindig machen. Wir hatten bald eine entdeckt. Es war ein kleiner Raum über einer Schreinerwerkstatt – Schreiner und Drucker waren alle fort, bei der Versammlung, doch nichts war verschlossen. Der Herzog zog den Rock aus und sagte, er sei jetzt in seinem Element; so schoben denn ich und der König ab und gingen zur Versammlung.
    In etwa einer halben Stunde kamen wir schweißtriefend dort an, es war ein schrecklich heißer Tag. Es mochten etwa tausend Menschen aus einem Umkreis von zwanzig Meilen beisammen sein. Der Wald war voller Wagen und Gespanne; die Pferde waren überall angebunden, fraßen aus den Wagentrögen und stampften mit den Hufen, um die Fliegen abzuwehren. Dazwischen hatte man Zelte aufgeschlagen, aus Stangen mit Zweigen bedeckt, unter denen Limonade und Pfefferkuchen, Haufen von Wassermelonen, junger Mais und dergleichen zum Verkauf waren.
    Unter ähnlichen Zelten fand auch das Predigen statt, Mark Twain beschreibt hier ein sog. campmeeting , wie diese im Freien abgehaltenen Bußfeiern genannt werden. nur waren sie größer und faßten viele Menschen. Die Prediger standen auf hohen Brettergerüsten an einem Ende des Zeltes. Die Frauen hatten Hauben auf und waren in selbstgesponnene Stoffe gekleidet, einige in Gingham, die Jugend in Kaliko. Mehrere der Jünglinge waren barfuß, und von den Kindern trugen viele nichts als ein gewöhnliches Hemd. Die alten Frauen strickten, und das junge Volk machte einander den Hof.
    Im ersten Zelt, das wir besuchten, las der Prediger einen Choral vor. Er las immer zwei Zeilen, und dann stimmte die Versammlung an und sang sie. Jeder sang mit, und es tönte ordentlich ergreifend. Das Volk wurde immer wärmer und wärmer und sang lauter und lauter – gegen Ende des Liedes schluchzten einige, andere jauchzten. Dann begann der Prediger seine Predigt, und was für eine; er wandelte von einem Ende des Gerüsts zum andern, beugte sich weit vornüber – Körper und Arme waren in steter Bewegung – und brüllte die Worte mit aller Gewalt heraus. Von Zeit zu Zeit hielt er die geöffnete Bibel hoch empor und schwenkte sie hin und her, wobei er ausrief: ›Das ist die eherne Schlange in der Wüste! Schauet her und lebet!‹ Und das Volk rief: ›Hosiannah – A – a – men!‹ In dieser Weise ging es fort, unter unaufhörlichem Geplärre der Menge. Zum Schluß forderte er die Anwesenden auf, sich auf die Bank der Bußfertigen zu begeben.
    ›Ihr reumütigen Kinder, tretet heraus und setzet euch auf die Bank der Bußfertigen (Amen!), kommet ihr Mühseligen und Beladenen (Amen!), kommet ihr Armen und Bedürftigen, in Schmach und Leid Verzehrten (A – a – men!); kommet, die ihr gebrochenen Herzens, die ihr verzagten Geistes seid! Kommet, die ihr in Sünde und Schmutz gewandelt seid; das reinigende Wasser quillt für euch, die Tür zum Himmel steht euch offen – oh, tretet ein und seid selig!‹
    In diesem Ton gings weiter. Allenthalben erhoben sich nun Leute aus der Menge und drängten sich mit aller Gewalt hindurch bis zu der Bank der Bußfertigen, während ihnen die Tränen über die Backen liefen. Nachdem alle Büßer hier versammelt waren, sangen und jubilierten sie, daß ihnen schier der Atem ausging; manche gebärdeten sich ganz wahnsinnig und warfen sich in wilder Verzückung auf den mit Stroh bedeckten Boden.
    Auf einmal packte es auch den König, und er sprang auf das Gerüst. Der Prediger bat ihn, zum Volk zu reden, und er tat es mit einer gewaltigen Stimme. Er sagte ihnen, er sei ein Pirat, sei seit dreißig Jahren einer gewesen, fern im Indischen Ozean. Seine Mannschaft sei im Frühling bei einem Kampf sehr zusammengeschmolzen und er sei

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