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Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Titel: Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Twain
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beugten, wenn sie mit ihm sprächen, ihn mit Majestät anredeten, ihm bei der Mahlzeit aufwarteten und sich nicht setzten, bis er es ihnen erlaubte. So schickten Jim und ich uns an, ihn zu bemajestäten, dies und das und jenes für ihn zu tun und zu stehen, bis er uns zum Sitzen aufforderte. Das tat ihm wohl, und er machte sich's bequem. Aber dem Herzog schien das nicht zu gefallen, er schien mit der Sachlage sehr unzufrieden. Doch der König behandelte ihn recht freundlich und sagte, des Herzogs Urgroßvater und alle andern Herzoge von Sommerfett wären von seinem Vater stets hochgeschätzt und in seinem Palast recht willkommen gewesen; doch der Herzog blieb lange brummig, bis der König sagte: »Wir werden wahrscheinlich eine verdammt lange Zeit auf diesem Floß zusammen sein müssen, Sommerfett, und was nützt es, so traurig zu sein? Man macht sich's dadurch nur ungemütlich. Es ist nicht meine Schuld, daß ich nicht als Herzog, und nicht deine, daß du nicht als König geboren bist – also warum darüber grübeln? Machen wir das beste aus der Lage, in der wir uns befinden, sag' ich: Das ist mein Motto. Und genau betrachtet, ist das hier so schlimm nicht – genug zu essen und ein leichtes Leben. Komm, gib mir deine Hand, Herzog, und laß uns Freunde sein.«
    Der Herzog tat's, und Jim und ich waren darüber froh.
    Es dauerte nicht lange, und ich war überzeugt, daß diese Kerle weder König noch Herzog, sondern ganz erbärmliche Schufte und Betrüger waren. Aber ich ließ mir nichts merken, sondern behielt's für mich; es gab dann keinen Streit und Verdruß. Wenn sie wünschten, König und Herzog genannt zu werden, warum nicht? – Wenn es nur Frieden in der Familie gab. Da es nichts nützte, Jim darüber aufzuklären, sagte ich ihm auch nichts davon.
    Sie fragten uns nach vielerlei und wollten wissen, warum wir am Tage das Floß versteckten, anstatt weiterzufahren.
    »Meine Angehörigen«, erklärte ich, »lebten in Pike County in Missouri, wo ich geboren bin, und sie starben alle außer meinem Papa und meinem Bruder Ike. Papa gab den Haushalt auf, um zu Onkel Ben zu ziehen, der ein kleines Besitztum am Fluß, vierundzwanzig Meilen unterhalb Orleans, hat. Papa war arm und hatte Schulden. Als er alles verkauft und sie bezahlt hatte, war nichts übrig als sechzehn Dollar und unser Neger Jim. Das war nicht genug, uns vierzehnhundert Meilen reisen zu lassen, selbst nicht Zwischendeck. Als der Fluß stieg, hatte Papa eines Tages das Glück, ein Stück von einem Floß aufzufischen; so beschlossen wir, darauf nach Orleans zu fahren. Papas Glück war nicht von Dauer; eines Nachts stieß ein Dampfboot auf die vordere Ecke des Floßes, und wir alle stürzten ins Wasser und tauchten unter das Rad. Jim und ich kamen wieder zum Vorschein; aber Papa war betrunken und Ike nur vier Jahre alt – beide blieben für immer unten. Einige Tage hatten wir viel Ungemach, denn Leute kamen und wollten mir Jim wegnehmen. Sie meinten, er sei ein entlaufener Sklave. So fahren wir jetzt nicht mehr am Tage, nachts lassen sie uns in Ruhe.«
    Da sagte der Herzog: »Überlasse es mir, einen Plan auszudenken, der es uns möglich macht, auch bei Tageslicht zu fahren. Ich will mir die Sache überlegen. Heute wollen wir jedoch das Städtchen dort drüben nicht am Tag passieren – es dürfte uns nicht gut bekommen.«
    Gegen Abend wurde es früh dunkel, und es sah nach Regen aus; das Wetterleuchten zuckte ringsum, die Blätter begannen zu zittern – man konnte sehen, daß es eine schlimme Nacht geben würde. Der König und der Herzog durchstöberten unser kleines Zelt, um das Bettzeug zu untersuchen. Meins war ein Strohsack, besser als Jim seins, das nur ein mit Maishülsen gefüllter Sack war, und in denen stecken oft Kolben, die einem in die Rippen drücken, und wenn man sich umdreht, rauscht das Zeug wie dürre Blätter und weckt einen auf.
    Nun der Herzog meinte, er wolle mein Bett nehmen, doch der König meinte anders und sagte: »Ich sollte meinen, daß der Unterschied in unserm Rang genügt, dir begreiflich zu machen, daß der Maishülsensack nicht geeignet ist, mir als Bett zu dienen. Ihro Gnaden werden ihn für sich selbst nehmen.«
    Jim und ich fürchteten jetzt Streit zwischen den beiden und waren recht froh, als der Herzog sagte: »Es ist immer mein Schicksal gewesen, von dem eisernen Absatz der Bedrückung in den Grund getreten zu werden. Unglück hat meinen einst stolzen Sinn gebrochen; ich gebe nach, ich gehorche, es ist mein

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