Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen
Wahrnehmungsverzerrung.
Du
willst
bestimmte Dinge nicht sehen. Im Nachhinein heißt es dann oft: Wie konnte ich nur so blind sein? Das ist dann noch die bessere Variante. Denn dann hat dich ja irgendetwas aus deinem Trott herausgerissen. Dann bist du zur Entscheidung gezwungen; du machst die notwendigen Schnitte. Viel schlimmer ist es, wenn du bis an dein Lebensende in dem Glauben lebst, alles sei bestens und wohlgeordnet gewesen. Und dabei hast du nur dein Leben vergeudet, dein Potenzial verschimmeln lassen.
Und das ist es, was wir klar sehen müssen: Es gibt keine absolute Sicherheit, keine absolute Kontrolle. Wir können Fehlerquellen minimieren, aber niemals alle Risiken ausschließen. Wer seinen Schmuck aus Angst vor Diebstahl nur im Banksafe liegen hat, wird ihn niemals tragen können. Geh also raus aus der Deckung und wage den Sprung ins Ungewisse! Fürchte dich nicht vor Entscheidungen, sondern davor, sie nicht zu treffen!
Eine Entscheidung ohne Risiko ist keine Entscheidung. Eine Entscheidung braucht Mut. Um dein Leben immer wieder zum Besseren ändern zu können, musst du bereit sein, Risiken einzugehen. Wenn es schiefgeht – was soll’s! Dann versuchst du eben etwas anderes. Warte nicht darauf, dass alle Risiken ausgeschaltet, alle Unklarheiten beseitigt sind. Wenn du alles schon im Vorfeld wüsstest, dann wäre dein Leben nichts anderes als das Abhören einer Benjamin-Blümchen-Kassette in einer Endlos-Schleife. Als Kind hast du sie tausendmal gehört. Konntest jedes Wort mitsprechen. Du fühltest dich sicher, weil du immer genau wusstest, was kommt. Aber ist das das Leben, so wie du es dir vorstellst?
Mit einem Gurt wird nichts passieren.
Eben.
Der Österreicher Felix Baumgartner ließ sich im Oktober 2012 in einer winzig kleinen Kapsel mit einem Ballon in eine Höhe von 39 Kilometern transportieren und sprang dann ab. Im freien Fall durchbrach er mit 1342 Stundenkilometern die Schallmauer, bevor er den Fallschirm auslöste. Fünf Jahre hat es gedauert und ein Team von Helfern gebraucht, um sich auf diesen Sprung von wenigen Minuten vorzubereiten und alle denkbaren Fehlerquellen zu minimieren. Am Schluss erschien das Restrisiko so gering, dass er den Sprung wagte – und in die Geschichte einging.
Dazu hat er den Gurt, der ihn mit seinem Sitz in der Kapsel verband, lösen müssen.
KAPITEL 3
Reifendruck: Wirklich hart wird es, wenn alles weich ist
»Weißt du, das Leben kann sehr hart sein, manchmal ist es auch ungerecht, aber du hast immer die Wahl. Du kannst entweder den harten Weg gehen und dein Leben besser machen oder du kannst es schlimmer machen.« FILMZITAT AUS
SEITE AN SEITE
Auf der Autobahn am frühen Abend. Es ist stockdunkel und jetzt fängt es auch noch an zu schneien. Die dicken Flocken fallen immer dichter, nach kurzer Zeit fährt der Fahrer, nennen wir ihn Ralf, durch dichtes Schneegestöber. Jetzt, nachdem der Berufsverkehr vorbei ist, sind nicht mehr so viele Autos unterwegs und die Fahrbahn ist schnell von einer Schneeschicht bedeckt, die immer kompakter wird. Es wird anstrengend, die Spur zu halten. An Tempo 160 ist nicht mehr zu denken.
Jetzt will Ralf den Laster vor ihm überholen. Der fährt mit 80 auf der rechten Seite und schleudert dicke Schnee- und Matschbrocken zur Seite. Als Ralf nach links rübergezogen hat und schon schräg hinter dem Lkw ist, merkt er plötzlich, wie sein Wagen für Sekundenbruchteile ins Gleiten gerät. Achtung! Sein Blut sammelt sich im Magen, seine Hände werden kalt und schweißnass. Reflexartig nimmt er den Fuß vom Gas und bringt den Wagen wieder unter Kontrolle. Noch mal gut gegangen! Aber er traut sich nicht mehr, den Lkw zu überholen. Wer weiß, ob da irgendwo noch eine Eisplatte unter dem Schnee lauert. Aber langsamer kann er auch nicht werden, denn hinter ihm hat sich mittlerweile eine ganze Reihe an Autos angesammelt. Er geht noch weiter mit dem Tempo runter, weil er jetzt hinter dem Laster wieder einscheren möchte. Sollen sich doch die anderen in Gefahr begeben! Doch sein Hintermann reagiert nicht. Er bleibt stur bei seiner Geschwindigkeit, der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen wird gefährlich knapp.
Da hängt er nun und kann nicht vor und nicht zurück.
Da hängt Ralf nun! Er traut sich nicht zu überholen und auch nicht langsamer zu werden, aus Angst, dass sein Hintermann ihm dann ins Heck fährt. Der Lkw wirft kiloweise nassen Schnee an seine Windschutzscheibe, sodass sein Scheibenwischer selbst mit maximaler
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