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Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Titel: Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: GABAL Verlag
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denkst du höchstens noch bis Weihnachten oder bis zum nächsten Urlaub. Mehr Zukunft ist dann nicht mehr drin für dich.
    Wie könnte es denn sonst sein, dass erst dann, wenn die Politik endlich das Rentenproblem in die Köpfe hämmert, plötzlich so viele Menschen aufjaulen und sagen: »Was! So wenig Geld bekomme ich, wenn ich 65 bin?« Hallo? Haben die sich denn nie Gedanken über ihre Zukunft gemacht? Ein bisschen auf dem Taschenrechner herumgespielt? Nein. Offensichtlich nicht. Dabei haben sie, wenn sie angestellt sind, sogar Jahr für Jahr einen Bescheid von der Deutschen Rentenversicherung bekommen, wo es schwarz auf weiß stand: »Höhe Ihrer künftigen Regelaltersrente: 923,14 Euro«. Wem das zu wenig ist, der hätte schon vor vielen Jahren etwas tun müssen. Aber Zukunft ist eben das, was für die meisten von uns gedanklich unerreichbar hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen liegt.
    Ich muss zugeben: Wenn für jemanden die Zukunft nur ein schwarzes Loch ist, dann ist es zu verstehen, dass er am Vergangenen mit verkrampften Fingern festhält. Sonst hätte er ja gar nichts in seinen Händen.
    Wie ein nasser Sack über dem Urwaldboden.
    Das ist der zweite Grund, warum das Abschließen mit der Vergangenheit so schwerfällt: Was einer loslässt, verliert er. Wenn Tarzan sich durch den Urwald schwingt, musst er erst seine jetzige Liane loslassen, bevor er in vollem Schwung die nächste ergreift. In der Zwischenzeit schwebt er in der Luft. Für einen, der das Fliegen nicht gewöhnt ist, ist das unangenehm.
    Was aber passiert, wenn Tarzan seine Liane nicht loslässt? Er schwingt an ihr vor und wieder zurück. Und vor und wieder zurück. Die Bewegungen werden immer spärlicher. Bis er nur noch wie ein nasser Sack über dem Urwaldboden baumelt. Stillstand.
    Nur in der Bewegung ist Leben. Wenn du dich aber umschaust, siehst du nur wenig Bewegung. Sind die alle schon tot? Wenn du kein Zombie sein willst, musst du immer wieder loslassen können. In Beziehungen, in Gelddingen, im Job – einfach in allen Lebensbereichen.
    Wie ist das denn mit den Palästinensern und den Israelis? Der Nahostkonflikt köchelt seit Jahrzehnten vor sich hin, hat abertausende Menschenleben gekostet. Und die Menschen dort sind offensichtlich noch keinen einzigen Schritt weitergekommen. Die einen sagen: »Vor siebzig Jahren hat das alles uns gehört!« Die anderen: »Wir waren aber schon vor 2500 Jahren da!« Und? Wer hat mehr recht?
    Das ist doch gar nicht die Frage. Wenn der Blick allein in die Vergangenheit geht, gibt es keine Lösung.
Kann
es keine Lösung geben.
    Mancher versäumt es, sich von vergangenen Glanzleistungen zu lösen. Wenn ein Vierzigjähriger immer noch sein Selbstwertgefühl daraus zieht, dass er mit siebzehn einmal Landesmeister im Tischtennis war, dann ist das armselig. Natürlich gehört sein damaliger Sieg zu seinem Leben. Und er darf mit Recht stolz darauf sein. Aber dieses eine Ereignis darf nicht als Surrogat für sein heutiges Leben herhalten.
    Auch in der Wirtschaft gilt das Primat des Loslassens. Pfaff, Märklin, Quelle, Schiesser, AEG, Schlecker – alles Unternehmen, die in den letzten Jahren Insolvenz anmelden mussten. Und immer gab es Stimmen, die sagten: »Das kann man doch nicht zulassen! Die müssen doch gerettet werden!« Ich frage mich: Warum? Klar, Quelle ist unbestreitbar ein Stück deutscher Nachkriegs- und Wirtschaftswundergeschichte. Aber am Schluss hat eben keiner mehr bei Quelle gekauft. Wenn es anders gewesen wäre, wären sie nicht in Schieflage geraten. Wenn über ein Unternehmen die Zeit hinweggerollt ist, ohne dass die Führungsetage daran etwas ändern konnte, dann gibt es auch keinen Grund, an ihm festzuhalten. – Wieder ein Verlust mehr. Doch für jedes Unternehmen, das vom Markt verschwindet, werden fünf neue gegründet.
    Entwicklung, Zukunft, ein aktives, tätiges Leben – manche Menschen pfeifen darauf, wenn sie nur am Altbekannten, Gewohnten festhalten dürften. Wenn sie nur in der verlustfreien Zone bleiben könnten. Aber geht das denn?
Verlierer sein
    Die Strategie des Nicht-Loslassens ist eigentlich gar keine. Denn es liegt ja gar nicht in deiner Macht, das Vergangene zu bewahren. Da haben andere auch noch ein Wörtchen mitzureden. Und das Schicksal. Ein guter Freund verunglückt tödlich. Nichts auf der Welt bringt ihn wieder zurück. Was willst du denn da noch festhalten? Du musst ohne ihn in die Zukunft gehen, auch wenn der Schmerz dich fast zerreißt.
    Am Ende wirst

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