Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen
Gefühl vertraut und auch in der denkbar existenziellsten Situation seinen klaren und vernünftigen Blick bewahrt. Und eine Art rationalen Strohhalm ergriffen: Er hatte gesehen, dass die amerikanische Raketenbasis, von der aus die Raketen gestartet sein sollten, zur Zeit des Alarms exakt auf der Tag-Nacht-Grenze lag. Dort ging also gerade die Sonne auf. Dazu waren nur ein paar wenige Raketenstarts gemeldet worden – warum sollten die Amerikaner Russland nur halbherzig angreifen wollen? Zufall? Nach 17 langen Minuten dann die erlösende Nachricht der Radaranlagen, dass keine Raketen in der Luft waren.
Petrow hatte recht. Und rettete 100 Millionen Menschen das Leben.
Petrow hatte recht gehabt. Und er hatte 100 Millionen Menschen das Leben gerettet. Mindestens.
Erst nach über drei Monaten fanden die Russen den Fehler: Die aufgehende Sonne war durch die Erdoberfläche so stark gebrochen worden, dass das gespiegelte Licht vom Satellitensystem in der Erdumlaufbahn als Raketenstarts interpretiert worden war. Extrem unwahrscheinlich. Aber so ist es gewesen.
Wenn du deiner selbst sicher bist, hast du im Ernstfall einen freien Kopf. Dann versinkst du nicht in blindem Aktionismus oder Hysterie. Dann brauchst du keinen Plan F, um ins Handeln zu kommen. Sondern du hast genügend Kapazitäten frei, deiner Intuition, deiner Erfahrung zu vertrauen.
Der Sinn ist also nicht, entscheiden zu lernen. Sondern eine Persönlichkeit zu werden, die entscheidet.
Ich sage: Wenn du das erreicht hast, dann bist du wahrhaft groß.
KAPITEL 10
In echt: Was wäre, wenn es klappt?
»Im Leben gibt es etwas Schlimmeres als keinen Erfolg zu haben: Das ist, nichts unternommen zu haben.« FRANKLIN D. ROOSEVELT
Du sitzt auf einen Absacker in einer Bar. Der Tag ist gut gelaufen, morgen früh geht es zurück nach Hause. Der Wein ist gut, die Musik noch besser. Du bist in guter Stimmung, fühlst dich rundum wohl.
Ein paar Hocker weiter sitzt eine tolle Frau in einem korallenroten Kleid über ihrem Gin Fizz. Lässig, selbstbewusst. Genau dein Typ. Wartet sie auf jemanden? Wäre toll, wenn du es sein könntest. Aber an so eine Traumfrau würdest du dich normalerweise nie rantrauen. Außerdem ist es noch nie dein Ding gewesen, Mädels in Bars anzusprechen. Doch du bist beschwingt. Dich sticht der Hafer.
Ihr nehmt Blickkontakt auf. Du lächelst sie an. Mist! Sie schaut nur gelangweilt zur anderen Seite. Aber so lässt du dich nicht abspeisen! Jetzt ist dein Jagdtrieb geweckt. Du verwickelst den Barkeeper in ein Geplänkel über Weinsorten und deren beste Jahrgänge. Der Barkeeper nimmt deinen spielerischen Ton auf und steigt mit ein paar Bemerkungen über den Unterschied zwischen Wein- und Biertrinkern ein. Er hat natürlich gemerkt, dass du bei der Frau Eindruck schinden willst, und lässt dich einen Elfmeter nach dem anderen schießen. Er versteht sein Handwerk.
Euer witziger Schlagabtausch ist gerade laut genug, dass der einsame Gin Fizz mitbekommen kann, wie klug und schlagfertig du bist. Es funktioniert. Sie hört zu. Das merkst du daran, dass sie sich kaum das Lachen verkneifen kann, wenn dir eine besonders witzige Bemerkung gelungen ist. Du bist in Topform, du genießt es, die Fäden in der Hand zu halten.
Endlich! Ihr erstes Lächeln, das dir gilt. Es läuft super!
Die Frau lässt dich gar nicht mehr aus den Augen. Du bist in Hochstimmung. Also doch ein toller Hecht!
Auf einmal steht die Frau im roten Kleid auf, nimmt ihren Drink und kommt auf dich zu
.
Und du? Panik erfasst dich. Du denkst nur noch: »Oh Sch… !«
Und jetzt?
Die gläserne Wand
Jeder Entschluss, den du triffst, ist an eine bestimmte Erwartung geknüpft. Sonst hätte er keinen Sinn. Eine Entscheidung hat Konsequenzen, sie bringt dich ins Handeln. Und wenn du handelst, willst du damit auch etwas erreichen. Ich rede jetzt nicht von so einfachen Entscheidungen wie der Auswahl des Films, den du am Abend im Fernsehen anschaust. Die Lieblingspizza beim Italiener ist schnell bestellt. Und auch die Abwägung, ob du Buche oder Tanne als Brennholz für deinen Kaminofen nimmst, ist nicht gerade von lebensbestimmender Bedeutung. Keine große Sache.
Jeder will ein Schneekönig sein.
Ich meine die Entscheidungen, die weitreichendere Auswirkungen haben. Die sind von einem ganz anderen Kaliber. Sie sollen etwas verändern, dich im Leben voranbringen. Das kann die Entscheidung für einen neuen Job sein, für einen Karrieresprung, den Umzug in eine andere Stadt. Manchmal klappt es.
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