Huebsch in alle Ewigkeit Roman
imaginären Schwert den Hals durch.
»Kopfrasur!«, flüstert Vivian.
Das ist natürlich übel. Mittlerweile wissen wir besser über die Quote Bescheid als am Anfang unseres Vampirlebens. Sie ist tatsächlich unheimlich wichtig, weil sonst die Bevölkerungszahl explodieren würde und die Tarnung aller Vampire gefährdet wäre. Besonders seit der EU-Osterweiterung sind nochmals Tausende Vampire eingereist. (Die Aufnahme Rumäniens, dem Mutterland aller Vampire, war für die Republik natürlich eine Katastrophe!) Unsere Behörden haben alle Hände voll zu tun, diese recht rustikal zu Werke gehenden Vampire
einzugliedern, damit die bundesrepublikanischen Vampirjäger nicht auf unsere Organisation aufmerksam werden. Bisher mit Erfolg! Wie ich erst kürzlich in der Blut gelesen habe, besteht die geheime Vampirjägerstaffel des Bundeskriminalamts nur noch auf dem Papier, da der oberste deutsche Vampirjäger Ernst G. Nagel kürzlich in Frühpension gegangen ist, weil er sich mit seinem großen Erfolg selber überflüssig gemacht hat. »Wir haben die Vampire konsequent bekämpft und können stolz vermelden, dass sie in der BRD ausgerottet sind«, wurde Nagel zitiert. Welch ein Triumph für unsere Republik, schrieb die Blut . Damit unsere Existenz aber weiterhin geheim bleibt, wird Quotenüberschreitung konsequent bestraft. Denn eine Hetzjagd durch Vampirjäger, wie es sie zuletzt 1975 gab, wäre die größte Katastrophe! Dann wäre es ein für alle Mal vorbei mit unser aller Sicherheit.
Mir persönlich hat diese Quotenregelung noch nie was ausgemacht. Ich finde die Versorgung mit dem Blut aus Tierfarmen, das das Ernährungsministerium seinen Bürgern zukommen lässt, super. Und mit den leckeren Blutgetränken von Mister Night habe ich auch genug Abwechslung. Die Quote ist für mich außerdem die beste Ausrede für meine Jungfräulichkeit. Ich bin nämlich eine VV, eine Vampire Virgin. Ich habe noch niemanden gebissen und ins Vampirjenseits befördert. Und das kann meinetwegen auch so bleiben.
»Und was willst du jetzt machen?«, frage ich Lulu.
»Na ja. Entweder ich töte ihn, aber dann hab ich die richtige Polizei am Hals und meine Tarnung könnte auffliegen, und das wäre gefährlich für uns alle.« Sie macht
eine dramatische Pause. »Oder ich melde es der Vapo, und die kümmert sich um die Vertuschung, dann habe ich aber den Ture am Hals und bald keinen Kopf mehr.«
»Beides nicht gerade verlockend«, sagt Vivian nachdenklich.
»Habt ihr nicht vielleicht eine Idee?« Lulu schaut uns mit Riesenaugen an. »Ich meine, ihr arbeitet doch jetzt bei den Behörden …«
»Na ja, ich könnte schon mal schauen, ob ich da was machen kann, schließlich komme ich an die entsprechenden Dokumente ran«, sagt Vivian langsam.
»Oh, danke, meine Retterin«, jubelt Lulu und fällt ihr um den Hals, wobei sie natürlich einen gebührenden Sicherheitsabstand zwischen ihren Gesichtern einhält, damit ihr kunstvolles Make-up nicht verschmiert.
»Aber ich kann nichts versprechen«, mahnt Vivian.
»Das ist wirklich lieb von dir! Lulu geht es schon viel besser!«
»Warte erst mal ab, ob das klappt.«
Mir ist gar nicht wohl bei der Sache. Vivian riskiert Kopf und Kragen für Lulu. Normalerweise läuft es so: Der Vampirpate bekommt die Genehmigung, einen Menschen zu beißen, nach Vollzug meldet er den Vampirrekruten bei der Vapo an, die kümmert sich um die Vertuschung des Verschwindens. Und wenn das geglückt ist, gehen die Formulare ans Identitätsministerium, welches dem Rekruten nach Absolvierung des Einbürgerungstests die zentrale Registrierungsnummer vergibt und einen Pass ausstellt. Auf dem Heimweg frage ich Vivian, was sie vorhat.
»Na ja, ich werde eine Rekrutierungsgenehmigung fälschen.«
»Die wird doch normalerweise von der Obersten Verwaltungsstelle ausgegeben«, sage ich.
»Wir haben aber Ausnahmegenehmigungen für besondere Eilfälle. Die muss ich nur aus dem Schrank holen.«
»Und wer muss das Formular unterschreiben?«
»Uteschnute natürlich.«
»Und willst du ihn tatsächlich fragen?«
»Nein, natürlich nicht. Du weißt doch, wie gut ich in Unterschriften bin.«
»Das ist nicht dein Ernst! Den Chemielehrer zu täuschen und eine Entschuldigung fürs Schwänzen mit der Unterschrift der Eltern zu schreiben, ist ja wohl nichts gegen das Hintergehen des Höllenfürsten persönlich!«
»Ich mach das schon«, sagt Vivian. »Oder willst du etwa, dass Lulu hingerichtet wird?«
»Natürlich nicht.«
»Na
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