Huebsch in alle Ewigkeit Roman
Apropos. »Warum hat Uteschnute dich eigentlich eingeladen? Wo er dich noch nicht mal leiden kann.«
»Hab ich auch schon überlegt«, sagt Vivian und fügt gespielt affektiert hinzu: »Vielleicht sieht er mich ja als Zierde für sein Amt.«
Sie donnert den Türklopfer an das Holz, kurz darauf geht die Tür auf. Eigentlich hatte ich einen Diener erwartet, der uns stumm die Mäntel abnimmt und in den Saal geleitet, aber es ist Uteschnute persönlich. Er hat sich heute in besonders feinen Zwirn geworfen und den guten Smoking rausgeholt. Seine dichten Haare hat er nach vorne gekämmt, vielleicht sogar mit Gel bearbeitet. Erstaunlich fesch sieht das aus, denke ich, dabei benutze ich das Wort sonst nie. Fesch sagt man zu seiner Oma, wenn sie eine lavendelfarbene Seidenbluse trägt statt des üblichen Rockkittels. Na ja. Für einen Höllenfürst sähe er jedenfalls heute ganz gut aus, wenn er nur nicht so miesepetrig wäre.
»Aha, meine reizende Assistentin trifft auch endlich ein«, sagt er zur Begrüßung. Falls das charmant hatte klingen sollen, so hat er sein Ziel um Kilometer verfehlt.
»Was kann ich dafür, dass Sie in so einem Kuhdorf wohnen?«, giftet Vivian zurück.
»Es ist wie immer eine Freude, Sie in meiner Nähe zu haben«, sagt er.
Wir stehen in seiner Eingangshalle, und plötzlich habe ich das Gefühl, dass mir warm wird. Das ist mir seit zwanzig Jahren nicht mehr passiert! Ich schaue mich um, ob hier vielleicht ein Kaminfeuer brennt. Aber nein. Trotzdem ist die Eingangshalle durchaus beeindruckend, glänzendes Fischgrätenparkett am Boden, mediterrane Landschaftsgemälde in Öl an der Wand, eine breite Holztreppe
nach oben und ein gigantischer Kronleuchter in der Mitte, der für angenehmes Licht sorgt.
»Meine Freundin Leni kennen Sie ja schon«, sagt Vivian und deutet auf mich.
Ture nickt mir zu. »Kommen Sie, ich stelle Sie der wichtigsten Person des Abends vor.«
Das klingt schon mal nicht schlecht. Komisch nur, dass er uns die Garderobe noch nicht gezeigt hat. Aus einem Raum an der rechten Seite der Eingangshalle dringt das Gemurmel einer Partygesellschaft. Ich bin plötzlich sehr neugierig, wer alles da sein wird. Seit den Abendgesellschaften bei Elli war ich nicht mehr auf einer Vampirfete. Ture geht mit langen Schritten vor uns her, ganz der zielstrebige Mann. Wir laufen auf den Salon zu, doch kurz bevor wir ihn erreichen, biegen wir links ab. Vielleicht ist da der Platz, wo wir unsere Mäntel ablegen können. Eine große, schlanke Vampira kommt uns auf roten Slingpumps entgegen. Sie trägt einen hautengen Schlauchrock, eine weinrote Seidenbluse und dezenten Goldschmuck. Ihre Kurzhaarfrisur ist topmodern, ein Pixie-Cut in Kastanienrot, den sie mit Gel gestylt hat. Auch ihr Make-up ist gut. Sie ist wahrlich die erste Lipstick-Vampira, die wir zu Gesicht bekommen.
»Ah, da bist du ja«, ruft Ture. Vivian und ich werfen uns einen überraschten Blick zu. Also doch verheiratet? Wenn es eine Frau Höllenfürst geben würde, dann wäre sie auf jeden Fall die Idealbesetzung. Dass sie ein Biest ist, sieht man nämlich auf den ersten Blick.
»Das ist Tessa«, sagt Ture zu uns. »Das sind meine Assistentin Vivian und ihre Freundin Leni.« Tessa reicht
mir die Hand, und sie ist sich zu fein, auch nur eine Spur Kraft in den Händedruck zu legen. »Tessa ist meine bessere Hälfte«, sagt Ture, »zumindest für heute.«
Tessa hebt das Kinn noch ein Stückchen höher und sagt: »Ich bin die Partymanagerin.« Dann schaut sie Vivian von oben bis unten an und sagt mit einem verächtlichen Lächeln: »Und du bist also für heute die Servicekraft.«
Paff. Das war ein Volltreffer! Vivian scheint noch eine Spur blasser zu werden unter ihrem perfekten Make-up.
»Kasimir«, sagt Tessa mit schleimiger Stimme, »ich habe alles im Griff. Geh und kümmere dich um deine Gäste.«
Kaum ist er weg, sagt Vivian zu Tessa: »Unter Kollegen bevorzuge ich das Sie.«
Aber Tessa hebt nur die Augenbraue und dreht sich einfach um. »Komm mit. Du bist sowieso spät dran.« Sie schnippt allen Ernstes mit dem Finger.
Vivian schnaubt leise, folgt aber der Anweisung. Da ich ohne Vivian überhaupt keine Lust habe, in den Salon zu gehen (und wenn ich ehrlich bin, mich auch nicht traue), gehe ich ebenfalls mit.
»Das ist dein Arbeitsbereich«, sagt Tessa, als wir in der Küche landen. Es ist eine blitzblank polierte altmodische Küche mit gusseisernem, emailleverziertem Herd, einem Marmorspülbecken mit stillgelegtem
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