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Huebsch in alle Ewigkeit Roman

Titel: Huebsch in alle Ewigkeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Flint
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auf meinen Tisch wie früher, wenn mein
gemeiner Englischlehrer ein Opfer für den mündlichen Vokabeltest suchte. Bitte, lieber Graf Dracula, bete ich, mach, dass sie das Handy nicht gefunden haben, dann bin ich ab jetzt auch ein ganz braver Vampir.
    »Jemand war unerlaubterweise im Zentralen Identitätsregister«, sagt Kowarsch.
    Gut, denke ich, sie haben es noch nicht gefunden, sonst wüssten sie haargenau, wer da drin war.
    »Brunner, haben Sie jemandem Ihre Karte geliehen, ohne das zu melden?«, fragt Kowarsch.
    »Nein, nein, niemals«, stammelt Brunner.
    Kowarsch wendet sich an uns: »Nun, meine Damen, wer von Ihnen kann sich denn in eine Fledermaus verwandeln?«
    Walburga geht langsam durch die Reihen und guckt jede meiner Kolleginnen genau an. Okay, Leni, als Allererstes: Denk an was anderes! Denk nicht an Fledermäuse, Flucht, Handys oder Akten. Denk bitte schnell an irgendwas Harmloses. Walburga kommt näher. Sie mustert Gertrud eine Weile und wendet sich genervt ab. Dann schaut sie mich an.

    »Und dann?« Vivian hängt an meinen Lippen.
    »Dann habe ich Walburga Heimlich verwirrt.« Ich muss kichern, als ich daran denke, dass ich im Geiste den perfekten Süßigkeitenladen meiner Kindheit besucht habe, als sie vor mir stand. Als kleines Mädchen habe ich oft davon geträumt: Ein Geschäft mit den leckersten Sachen, in dem es alles umsonst gibt und wo man so viel essen kann, wie man will. Später habe ich den Traum dann dahin erweitert, dass ich so viel essen kann, wie ich will, ohne zuzunehmen. In meinem Traumgeschäft stapeln sich auf der linken Seite die normalen Sachen wie Gummibärchen und Schokolade und Schokoriegel. Auf der gegenüberliegenden Seite sind haufenweise Pralinen (besonders mit Marzipan und Nougat und Nüssen), es gibt eine Eistheke, wo man sich entweder Erdbeer-, Stracciatella- und Pistazieneis in Waffeln schaufeln oder sich aus der Softeismaschine bedienen kann. Die Krönung des Geschäfts ist eine Kuchentheke mit den allerfeinsten Sahnetorten, Schwarzwälder Kirsch, Sacher, Käse-Sahne und und und. In diesen Laden habe ich mich als Kind immer dann geflüchtet, wenn meine Mutter meinen Vater anschrie, er sei zu wenig zu Hause, und er sich zwar verteidigte, dass er als Handelsvertreter nun mal keine
andere Wahl hätte, aber meine Mutter nie besänftigen konnte. Das konnte nur ihr spezieller Freund, der weiche Chantré. Der brachte ihr Entspannung, zumindest für einige Zeit. Danach ging es wieder los mit der Brüllerei. Und wenn mein Vater mal wieder nicht da war, dann brüllte sie eben mich an. Aber ich war auch nicht da. Ich war in Lenis Schokoshop.
    »Ich hatte ihn fast vergessen, aber als Walburga drohend vor mir stand, da fiel er mir auf einmal wieder ein!«, sage ich. »Ich hätte echt nicht gedacht, dass ich mich nach so langer Zeit wieder in meinen Süßigkeitenladen flüchten könnte! Aber ich konnte mich echt noch an alles erinnern, auch an die Gläser voller Gummikirschen neben der Kasse und an die Kiste mit blauem Banjo! Wieso gibt es das heute eigentlich nicht mehr? Das war der leckerste Schokoriegel aller Zeiten.«
    »Leni!«, mahnt Vivian. »Ist mir doch egal, sag lieber, wie es weitergegangen ist.«
    »Ach so, ja«, sage ich und erzähle ihr die Geschichte zu Ende.
    Walburga Heimlich glotzte mich eine gefühlte Ewigkeit an, dann verzog sie den Mund, und ich wusste nicht, ob es ein freundliches Lächeln oder eine hämische Fratze sein sollte. Sie ging wieder nach vorne.
    »Und wer war es?«, fragte Kowarsch.
    Brunner, der alte Schleimer, baute sich neben ihm auf, verschränkte die Arme vor seiner Hühnerbrust und gab seinerseits eine Darbietung des empörten Chefs.
    »Ich weiß es nicht genau«, sagte Walburga entschuldigend. »Von hier war es wahrscheinlich niemand.«

    »Wir werden es herausfinden«, bellte Kowarsch, »und dann kann derjenige was erleben!«
    »Jawohl, was erleben!«, rief Brunner.
    »Und jetzt wieder an die Arbeit!« Kowarsch und seine Sekretärin stampften hinaus, um im nächsten Büro die Inquisition fortzuführen. Was war ich erleichtert! Ein Hochgefühl überkam mich, wie ich es zuletzt gehabt hatte, als ich die Abiprüfung in Englisch bestanden hatte, weil ich unbemerkt ein Dictionary unter meinem dicken Pulli mit in die Klausur schmuggeln konnte.
    »An die Arbeit, Vampire«, schrie Brunner. »Und dass mir das nicht mehr vorkommt.« Er hatte wirklich überhaupt keinen Schimmer von Personalführung.
    Ich meldete mich. »Dass was nicht mehr

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