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Huebsch in alle Ewigkeit Roman

Titel: Huebsch in alle Ewigkeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Flint
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rotem Umschlag. Alles klar. Er will Zeit gewinnen, bis ihm eine Ausrede
einfällt, weswegen er mir nicht freigeben kann. Er will mir die Sache mit den Schnittchen heimzahlen! Brunner leckt affektiert seinen Finger an und blättert durch das mehrseitige Inhaltsverzeichnis. Mit Schwung klappt er das Buch wieder zu und sieht mich triumphierend an. »Es gibt keinen Urlaub«, sagt er.
    »Wie jetzt?«, frage ich verdattert. »Nur für mich nicht oder generell nicht?«
    »Beides«, sagt Brunner und grinst boshaft.
    Dieser kleine Schleimscheißer. Ich glaube, ich spinne! Der II. II. ist einer der wenigen Tage im Jahr, wo wir ohne aufzufallen rausgehen können. Wo wir einmal so sein können, wie wir sind! Wo wir uns auch mit Pulsschlägern einlassen können. Was ich fest vorhabe! Ich habe mich nämlich heimlich verabredet. Mit meinem Torero. Und dieses Mal habe ich ihm felsenfest versprochen zu kommen! Obwohl ich natürlich weiß, dass das sehr unvernünftig ist. Aber ich bin nun mal erst zwanzig, und wer ist mit zwanzig schon vernünftig? Ich werde also einfach …
    »Und denken Sie nicht mal daran blauzumachen«, unterbricht Brunner meine Überlegungen. »Darauf steht Zuchthaus!« Er grinst überlegen.
    Stinksauer gehe ich auf meinen Platz. Gertrud, die alte Streberin, ist natürlich schon da. Sie hat eine neue Kiste mit Akten auf ihrem Schreibtisch stehen, Buchstabe O. »Obermann, Willi«, murmelt sie, »die Geburtsurkunde. Ich lege sie in den Scanner …«
    »Hallo Gertrud«, unterbreche ich ihr Gebrabbel. Sie wirft mir einen bösen Blick zu, als ob meine Begrüßung
sie aus dem Konzept gebracht hätte. Tatsächlich knittert die Urkunde an der linken Seite ein bisschen, weil Gertrud sie vor Schreck schräg in den Papiereinzug gestopft hat.
    »Oh nein, oh nein, oh nein«, jammert sie, »bloß keinen Papierstau!« Sie schlägt die Hände vor dem Gesicht zusammen, als sei Papierstau das schlimmste Schicksal, das ihr widerfahren könnte.
    Ich stelle schnell ihren Scanner aus und ziehe mit einem Ruck die Urkunde wieder raus, bevor sie sich verfangen kann. »Hier bitte!«
    »Oh, danke.« Sie nimmt das Blatt. »Ich werde die Urkunde einfach erneut einscannen, ja, das werde ich …«
    »Da bist du aber sehr fleißig gewesen«, lobe ich sie, »schon Buchstabe O! Das ging jetzt aber flott.«
    »Na ja, man tut, was man kann«, sagt sie bescheiden, dabei sehe ich, dass sie sich über mein Kompliment freut. »Aber die Ilse von Tisch drei«, sie macht eine genervte Kopfbewegung nach vorne, »die ist noch schneller. Sie ist jetzt schon zwei Buchstaben im Vorsprung.« Gertrud beugt sich zu mir herüber und flüstert konspirativ: »Die hat aber auch immer die leichten Buchstaben.«
    »Ehrlich?«, wispere ich. »Bei welchem ist sie denn jetzt?«
    »Bei Q, aber das sind ja nur ganz wenige Namen. Das R hat sie sich auch schon bringen lassen!«
    »Das heißt, S kommt schon als Nächstes«, stelle ich mit einem Schaudern fest.
    »Ja«, frohlockt Gertrud, »das kann Ilse meinetwegen haben. Bei S und vor allem bei Sch sind doch total viele! Da werde ich ordentlich aufholen.«

    »Wer holt denn eigentlich neuerdings die Akten aus dem Identitätsregister?«, frage ich leise. Denn Brunner trägt seine Codekarte nicht mehr, wie ich bemerkt habe.
    »Der …«, fängt Gertrud an, aber plötzlich schreit Brunner von vorne: »Was gibt es denn da zu tuscheln?«
    Gertrud senkt sofort den Kopf wie eine Ziege, die zur Schlachtbank geführt wird.
    Ich hebe den Finger wie eine artige Schülerin. »Ach, Herr Brunner, ich wollte Sie erst nicht behelligen. Aber ich habe eine Frage.« Er stöhnt auf, als wäre ich ein notorischer Störenfried, der ihn ständig in der Ausübung seines Amtes behindert. Aber er erhebt sich trotzdem, ordnet noch mal kurz die Unterlagen auf seinem Schreibtisch, rückt das Telefon gerade und läuft die zehn Meter wichtig auf mich zu. Ich schnurre: »Ich bin mit K schon fast durch. Wann bekomme ich denn die Akten mit L?«
    »Ich werde sie gleich anfordern.« Er macht sich wieder auf den Weg nach vorne.
    »Ich kann sie auch selber holen, wenn Ihnen das die Arbeit erleichtert«, biete ich an.
    »Nein, nein! Strikte Anweisung. Seitdem irgendjemand unbefugt im Identitätsregister war, läuft das nur noch über das Büro Kowarsch. Ich werde gleich Frau Heimlich anrufen.« Mist.
     
    »Keinen Urlaub!«, sage ich zu Vivian, als wir uns wie immer mitternachts vor der Kantine treffen.
    »Nicht einen Tag?«, fragt sie.
    »Ist das zu

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