Huebsch in alle Ewigkeit Roman
chinesische Vase aus der Bling-Dynastie habe ich schon. Mist, ärgere ich mich, jetzt kostet sie nur noch 14,99 Euro. Und ich hab damals 39 Euro dafür gelatzt! So eine Krähenkacke.
Ich schalte weiter und sehe die Nachtwiederholung von Monk . Das ist die einzige Krimiserie, die ich gerne gucke, weil sie nicht unheimlich ist. Die schlauen Überlegungen von Adrian Monk animieren mich dazu, auch ein bisschen zu grübeln. Dabei kritzele ich auf unserer Wand rum. Damit Vivian sieht, dass ich auch alleine in der Lage bin, einen Teil der Detektivarbeit zu erledigen.
Es ist schon fast halb acht Uhr, als sie endlich den Schlüssel ins Schloss steckt.
»Da bist du ja endlich«, rufe ich. »Ich dachte schon, du kommst nicht mehr.«
»Wie kommst du denn darauf?«, brummt sie, wirft ihren Mantel auf einen Stuhl und lässt sich erschöpft aufs Sofa fallen.
»Ach nur so«, antworte ich ausweichend. »Also, wie war’s?«
Sie schweigt einen Moment. Dann schaut sie mich mit ihren veilchenblauen Augen an, und ich weiß sofort, dass irgendetwas passiert sein muss. Denn diesen Ausdruck habe ich noch nie an ihr gesehen. Und dann erzählt sie die ganze Geschichte.
Ein Dienstwagen stand vor dem Gebäude und wartete auf Ture und Vivian. Eine schicke schwarze Limousine mit verdunkelten Scheiben. Der Chauffeur trug ganz stilecht Anzug und Mütze und hielt ihnen die Tür auf. Vivian und Ture setzten sich auf die schwarzen weichen Ledersitze. Ture holte einen Haufen Unterlagen hervor und vertiefte sich darin. Vivian knetete ihre Hände. »Soll
ich vielleicht gleich Protokoll schreiben? Oder Ihre Tasche tragen?«, fragte sie ihren Chef.
»Nichts dergleichen.«
»Aber wenn ich nichts zu tun habe, warum sollte ich denn überhaupt mitkommen?«
»Sie haben was zu tun«, sagte er. »Sie sollen zuhören.« Er las wieder in seinen Akten. Vivian warf Ture einen verstohlenen Seitenblick zu. Sein Profil erinnerte sie an einen römischen Feldherrn. Das dichte, nach vorne gekämmte Haar mit dem kurzen Pony, die markante Höckernase und das energische Kinn sahen aus wie das Bild von Julius Cäsar, das sie früher im Geschichtsunterricht bewundert hatte. Seit einiger Zeit trug Ture auch nur noch schwarze Anzüge, die sehr gut saßen. Jetzt sah er weniger kantig aus, dafür eher wie ein kräftiger Athlet, ein Zehnkämpfer. Was ist denn mit mir los?, dachte Vivian irritiert. Sie hatte zwar schon festgestellt, dass ihr Chef nicht so eine Arschkrampe war, wie alle meinten, und dass unter der harten Schale durchaus ein weicher Kern war. Aber dass sie jetzt anfing, ihn gut aussehend zu finden, das verwirrte sie schon. Das liegt einfach daran, dass ich zu viel Zeit mit ihm verbringe, beruhigte sie sich. Da ist das ganz normal. Wie beim Stockholm-Syndrom, wenn die Entführten anfangen, ihren Geiselnehmer sympathisch zu finden. Ja, das muss es sein. Uteschnute ist doch eigentlich gar nicht mein Typ. Auch viel zu alt. Er muss doch mindestens fünfunddreißig sein. Und das schon wer weiß wie lange! Nein, nein, Vivian. Es wird dringend Zeit, dass du dich mal wieder ablenkst. Zu dumm nur, dass du am II. II. arbeiten musst, sonst
hättest du mal wieder ein knackiges Kerlchen abschleppen können, und zwar einen echten Mann, einen Pulsschläger und nicht so einen schlaffen Untoten.
Den Rest der Fahrt schaute Vivian aus dem Fenster und überlegte, wie sie sich bei Königin Carla I. wohl verhalten müsste und ob sie auch einen richtigen Hofknicks hinbekommen würde. Die Einfahrt zum Schloss Lohenstein lag gut getarnt hinter einem riesigen landwirtschaftlichen Betrieb.
»Die königliche Tierblutfarm«, erklärte Ture, als sie zwischen Ställen und Silos hindurchfuhren. »Hier wird die Nahrung für den gesamten Hofstaat produziert. Die Anlage ist mit Hightechmaschinen ausgerüstet und gilt als Musterbeispiel für fortschrittliche Blutgewinnung.«
»Aha«, sagte Vivian nur und betrachtete einen Gabelstapler, der einen großen Käfig voller Dachse in einen der modernen Ställe brachte.
Der Wagen fuhr durch die nicht enden wollende Anlage, passierte schließlich ein großes Tor und gelangte schließlich auf einen Waldweg, der noch einige hundert Meter durch dicht gedrängt stehende Nadelbäume führte. Hier würde sich jedenfalls so schnell niemand hin verirren, so viel war klar. Als der Wald sich hinter einer Anhöhe lichtete, staunte Vivian nicht schlecht. Unter ihnen lag die Residenz der Königin, die weit mehr umfasste als bloß ein Schloss. Es war eher eine
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