Hüftkreisen mit Nancy
undhumpelte o-beinig, so schnell er konnte, quer durch den Saal auf die Spinning-Bikes zu, die dort an der linken Seite in Reihe abgestellt waren.
«Manfred!», rief Nancy erbost, schmiss ihre Federfächer hin und wollte schon, blank wie sie von der Mutter kam, auf ihn losstöckeln, als sie mich in der Tür gewahrte, die Fächer blitzschnell wieder aufhob und um sich hüllte.
«Einen guten Morgen auch!», sagte Nancy, etwas angepikst, während ich noch Mühe hatte, mein rätselhaftes Nichtzerfleischtwerden zu begreifen.
«Guten Morgen, Nancy!», sagte ich wie der Golem.
Nancy bewegte sich einen Moment unschlüssig hin und her, aber dann wurde ihr der dreiste Ungehorsam des Hundes wichtiger als ihre Blöße, und sie stelzte im Schutze ihre Fächer auf den Pitbull Terrier namens Manfred zu, der sich in der hintersten Ecke hinter den Spinning-Bikes versteckte. «Manfred, komm da raus!», forderte Nancy und hockte sich, umständlich mit den Fächern hantierend, hin. Sie wollte nach seinem Stachelhalsband langen, aber sie kam nicht ran. «Los, du Schisser, komm jetzt aus der Ecke raus!» Manfred, der Kampfhund, glotzte sie nur ängstlich an und drückte seinen Hintern an die Wand. Nancy erhob sich, dreht sich um, kreuzte genervt ihre Fächer vor der Brust und sah mich böse an. «Was war denn das jetzt?»
«Ich bin ihm auf die Pfote getreten», antwortete ich, wobei ich direkt in ihre Augen sah, denn in die Augen zu sehen ist sogar in Saudi-Arabien erlaubt.
«Dann holst du ihn da auch wieder raus!»
«Ich will leben.»
«Nix da. Du hast ihn da reingescheucht, du holst ihn wieder raus. Du hattest siebzig Kilogramm auf der Rudermaschineanliegen. Das hab ich gesehen. Du kannst ihn rausziehen. Nicht locker, aber du kannst es.»
«Nancy», sagte ich verstört, «das ist ein gottverdammter Kampfhund, eine Killerbestie!»
«Max», sagte Nancy, «das ist mein Kampfhund. Er tötet dich nicht. Er zieht dich höchstens mit hinter die Bikes.»
«Das sagst du so. Er kennt mich nicht.»
«Dann lernt er dich jetzt kennen!» Nancy hob einen Fächer und wies gebieterisch auf den winselnden, sich an der Wand herumschubbernden Kampfhund. Es war nicht auszumachen, ob sie etwas am Leib hatte oder nicht. Ich ging über das Parkett auf die Spinning-Räder zu, kniete mich hin, vermied es, Manfred in die Augen zu blicken, was unter Hunden ja wohl als aggressive Geste galt, und streckte meine Hand nach seinem Halsband aus. In meinem Kopf machte es dauernd ‹Wuff› und ‹Schnapp›, und Bilder tauchten auf, wie ich mit einem schwarzen, steifen Handschuh über der Prothese meinen Kindern durchs Haar streichle. Dann war ich am Halsband und fasste es erst mit zwei Fingern, während das Blut in meinem Kopf rauschte, nahm es schließlich mit der ganzen Hand und zerrte dran. Manfred war kompakt. Manfred war schwer. Manfred war widerspenstig. Er winselte kläglich und kratzte übers Parkett, wie ein Hund winselt und kratzt, der gerade vom bösen Pfotentreter geholt wird.
«Mist, er macht das ganze Parkett kaputt», schimpfte Nancy hinter mir, und ich hörte sie auf mich zu klick-klacken. Dann spürte ich ihre Hände um meinen Bauch, und wir zogen Manfred, den Kampfhund, aus der Ecke wie im russischen Märchen das Rübchen aus der Mutter Erde. Es war gegen sieben Uhr zwanzig, früh am Morgen. Die Wirklichkeitwar irgendwo da draußen, und sie sah bei weitem nicht so gut aus. Menschen frühstückten Marmeladenbrötchen und blätterten durch die Discounter-Beilagen der Zeitung. Menschen fuhren Straßenbahn und lernten die Wiederholungsschleifen der Infotainment-Displays über ihren Köpfen auswendig. Menschen fuhren ihre Computer hoch und sahen durchs Fenster, wie Menschen in den Büros gegenüber ihre Computer hochfuhren.
Nancy griff jetzt auf der anderen Seite nach dem Halsband, und wir schleiften Manfred, der verwirrt nach links und rechts schaute, an die Saaltür zurück. Ich zählte brav die Parkettgräten, aber ich kam nicht umhin festzustellen, dass Nancy absolut perfekte Waden hatte. Nancy brachte Manfred vor der Tür neben der Tasche zum Sitzen. «Hier bleibst du sitzen! Haben wir uns verstanden? Ob wir uns verstanden haben? Wir haben uns verstanden!»
Der Pitbull Terrier Manfred kauerte geduckt und mit zitternden Ohren neben Nancys Sachen. Ich rieb mir die Hände und blickte konzentriert ins Nichts. «Tut mir leid, dass ich so reingeplatzt bin!»
«Wohl kaum.»
«Ich hätte mich bemerkbar machen sollen.»
«Schon gut. Mein
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