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Hüftkreisen mit Nancy

Hüftkreisen mit Nancy

Titel: Hüftkreisen mit Nancy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Schwarz
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Fehler. Donnerstag früh war hier überhaupt noch niemand. Donnerstag ist der schwächste Tag von allen. Da hab ich halt den Saal für mich.»
    Nancy war eine Federspitze vor das Gesicht geflust, und sie rümpfte die Nase.
    «Ist das», meine Ohren glühten ein bisschen auf, «Striptease?»
    «Bin ich nackt?»
    Ich schaute immer noch ins Nichts. «Müsste ich mal nachsehen.»Sie trug tatsächlich ein strassbesetztes Höschen, allerdings in einer Farbe, mit der man auch in Nudistencamps perfekt getarnt war. Ein glitzernder Bauchnabel und weiter oben   …
    «Stopp! Ich habe eine Tässel verloren   …», sprach Nancy und stöckelte federumbauscht in den Saal zurück und hob eine kleines Teil auf, das aussah wie ein breitgedrückter Fingerhut mit einer Troddel an der Spitze. «Klebt nicht richtig. Schon das dritte Mal abgefallen. Kompletter Ausschuss.» Sie drückte sich das Teil auf die Brust, musste es aber festhalten.
    «Das ist kein Striptease. Das ist Burlesque.»
    «Wo soll da der Unterschied sein?»
    «Die Frage zeugt von großer Ahnungslosigkeit, aber sie ehrt dich. Du warst noch nie in einem Strip-Club. Deinen Junggesellenabschied hast du in einer Konditorei gefeiert, nicht wahr? Na, wie auch immer. Striptease ist für Männer, Burlesque ist für einen selbst. Bei Striptease geht es ums Nacktsein, bei der Burlesque geht es ums Schönsein.»
    «Aber du bist doch fast nackt!»
    «Aber eben nur fast. Männer wollen es immer genau wissen. Aber bei der Burlesque gibt es nichts zu wissen, nur zu ahnen. So, und jetzt zieh ich mich um, sonst kommen hier noch so ein paar Spezialisten und fragen mir Löcher in den Bauch.»
    Ich hatte begriffen und ging.
    «He!», rief mir Nancy nach. Ich drehte mich wieder um. Sie stand im Schattenriss vor dem erleuchteten Aerobicsaal und ließ das Troddelhütchen zwischen zwei Fingern baumeln. Dann warf sie es mir mit einer kleinen, zackigen Bewegung aus dem Handgelenk zu. Ich fing es mit beiden Händen, obwohl cooler gewesen wäre, es nur mit einer Hand ausder Luft zu schnappen. Aber man kann nicht alles im Leben vorher üben.
    «Schenk ich dir. Klebt eh nicht.»
    Ich steckte die Nippelquaste in die Hosentasche, nahm mir einen Spindschlüssel und ging ins Eisenland. Die ganze Zeit hatte ich Nancys Silhouette im Auge wie einen Netzhautschaden.
     
    Als ich vom Training kam, war Nancy in Alltagszeug. Manfred, die Schande seiner Rasse, lag hinter dem Tresen und rollte seine Pfoten ein, als er mich sah. Ich gab Nancy den Schlüssel. Sie lächelte, aber es war ein anderes Lächeln. Seit der Begegnung im Aerobicsaal hatten wir etwas Unaufgeräumtes zwischen uns. Und der Weg nach Hause ging nur durch die Front.
    «Sag mal», eierte ich rum, «kann man denn das mal ganz sehen, den   … die   … das   … ich meine, die Burlesque.»
    «Sicher», sagte Nancy, und ich erwartete, dass sie mir einen Tag und einen Ort nennen würde, irgendeine Show, aber das tat sie nicht.
    «Nur   … Das kostet!»
    «Versteht sich», erklärte ich, aber ihre braunen Augen teilten mir mit, dass ich gar nichts verstand.
    «Was würdest du denn geben?»
    Mir wurde etwas mulmig zumute. «Geben?»
    «Ich tanze nicht in Clubs. Wenn du es sehen willst, kannst du es sehen. Aber du musst dafür bezahlen. Es ist ganz einfach. Du sagst mir, was du dafür geben würdest und   …»
    Ein Mann kam herein, den Nancy als «Ach, der Herr Pietsch!» begrüßte. Sie erkundigte sich nach seinem Knie, was aber nicht mehr so schlimm war, seitdem er diese andereÜbung mache, beide lachten, und dann händigte sie ihm den Schlüssel aus. Ich trommelte mit den Fingern auf dem Tresen herum und sah Herrn Pietsch grimmig an. Beinahe wäre ich mit «Nun ist aber mal Schluss mit dem Geturtel!» eingeschritten oder hätte ihm mit «Tat es da weh?» gegen sein schlimmes Knie getreten. Zum Glück hatte ich sie wenig später wieder für mich.
    «Pass auf», erklärte Nancy, «du sagst mir einfach, was du dafür bezahlen würdest, mich tanzen zu sehen, und ich sage dir, ob ich es zu dem Preis mache. Du hast genau einen Versuch!»
    Es war ungeheuerlich. Es war durchtrieben noch und nöcher. Ich atmete schneller. Das war doch ein Jux, oder? Nancy legte den Kopf schräg und sah mich erwartungsvoll an. Sollte ich das wirklich wollen? «Vielleicht will ich dann doch lieber nicht   …»
    Nancy lehnte sich ans Regal mit den Carboloadern, Amino-Power-Mixen, Fatburnern und dem ganzen anderen Mastzeug und klimperte mit den Augen. Sie hatte

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