Hühner Voodoo (German Edition)
nickte sie tapfer und bot an: «Dann gehen wir doch am besten mal in unseren Ausstellungsraum.»
Kaum waren sie dort angelangt, machte Gwendolyn Anstalten, in einen Eichensarg, der geöffnet auf dem Boden stand, hineinzusteigen.
«Halt, warten Sie, ich weiß nicht, ob das wirklich geht.»
«Natürlich geht es.» Zum Beweis stellte Gwendolyn ihren Fuß hinein.
«Aber … dann ziehen Sie doch bitte wenigstens die Schuhe aus. Sie machen ja sonst den Stoff des Innenpolsters schmutzig.»
«Beerdigen Sie die Leute ohne Schuhe?»
«Nein, natürlich nicht. Es sei denn, das wird gewünscht.»
«Nun, ich wünsche das nicht. Ich will mit Schuhen beerdigt werden; können Sie gleich notieren.» Sie kletterte in den Sarg und legte sich hin. «Sie müssen nicht warten, ich werde eine Weile liegen bleiben. Sagen Sie Bescheid, wenn Herr Ackermann Zeit für mich hat», tönte es der Angestellten aus dem Sarg entgegen.
Die junge Frau öffnete den Mund, schloss ihn dann aber wieder, ohne etwas zu sagen. Ihr fehlten die Worte. Aber sie würde sich nicht von der Stelle rühren. Sie würde diese Person zumindest im Auge behalten.
Gwendolyn fand ihre Liegestätte erstaunlich bequem. Sie versuchte sich zu erinnern, ob sie in ihrer Doktortasche, die sie vor dem Sarg abgestellt hatte, wohl etwas Lektüre finden würde. Doch dann hörte sie Fredericks Stimme, der gerade mit seiner Kundin den Ausstellungsraum betrat.
«… wenn ich Ihnen hier einmal eine Auswahl zeigen dürfte … Unser Klassiker ist die Eiche, er hat …»
Seine Ausführungen wurden von einem schrillen Schrei seiner Kundin unterbrochen, denn Gwendolyn hatte sich im Sarg aufgesetzt und sehr höflich «Guten Tag» gesagt.
Frederick reagierte gelassen. Während er versuchte, die schreiende Kundin zu beruhigen, und sie zu einem Stuhl führte, lächelte er Gwendolyn begrüßend zu. Dann bat er Chantal Fischer um ein Glas Wasser für die Kundin. Eilig verließ sie den Raum.
Gwendolyn kletterte aus dem Sarg und ging zu der inzwischen hyperventilierenden Dame.
«Alles in Ordnung?», fragte sie.
Doch das führte nur dazu, dass die Dame erneut anfing zu schreien. Frederick gab Gwendolyn mit dem Kopf ein Zeichen, sie möge doch bitte nach draußen gehen.
Gwendolyn zuckte die Schultern und sagte ein wenig brüskiert: «Ich wollte doch nur helfen.» Ging dann aber ins Foyer.
Chantal lief mit dem geforderten Glas Wasser an ihr vorbei. Und kurz drauf kam Frederick auf Gwendolyn zu: «Frau Doktor Wittenfeld …»
«Madison. Nicht Wittenfeld.»
Auf das kleine Vorkommnis eben ging er weder mit Worten noch mit Gesten ein. Gwendolyn gab ihm dafür ein paar Pluspunkte. Dieser Frederick war schussfest.
Er stutzte. «Madison?»
«Ja. Doktor Luna Madison.»
«Aber ich dachte …»
«Ich bin Frau Wittenfelds Kollegin. Ich habe sie vertreten. Und übernehme ein paar ihrer Patienten. Sie gehören dazu.» Und bevor er widersprechen konnte, fügte sie hinzu: «So, dann wollen wir mal. Haben Sie irgendwo eine Couch?»
Frederick sah sie sehr freundlich an. «Hören Sie, Frau Doktor …»
«Madison.»
«… Madison. Ich finde es wirklich sehr nett, dass Sie vorbeikommen, aber ich hatte angenommen, dass wir erst einen Termin ausmachen. Ich arbeite im Moment. Und … vielleicht ist es ja doch besser, ich komme zu Ihnen in die Praxis?»
Offensichtlich ging er doch nicht so locker über ihre Sargeinlage hinweg.
Frederick fragte: «Wie wäre es mit heute Abend? 19 Uhr? Würde das bei Ihnen passen?»
«Ich werde versuchen, es einzurichten.»
«Also dann. 19 Uhr. Wieder in der Praxis von Frau Doktor Wittenfeld?»
«Nein. In meiner», antwortete Gwendolyn im Blindflug. Dann zuckte sie zusammen. Sie hatte keine Praxis. Ihr Souterrain war ja noch nicht eingerichtet.
«Wissen Sie was? Das klappt heute nicht. Mir ist gerade eingefallen, dass ich noch ein paar wichtige Dinge erledigen muss. Ich rufe Sie an und teile Ihnen mit, wann ich wieder einen Termin frei habe. Und wo wir uns dann treffen.»
Frederick geleitete sie zur Tür. Gwendolyn war sehr unzufrieden. Sie war gekommen, um mehr über seine Macke zu erfahren, und vor allem, um Geld zu kassieren.
«Einen Moment noch», sagte sie an der Türschwelle. Sie richtete sich in ihrer imposanten Größe auf, setzte ein psychologisch strenges Gesicht auf und wählte einen Tonfall, der keinen Widerspruch duldete. «Sie werden sich jetzt doch noch eine Viertelstunde Zeit nehmen müssen, damit ich unsere nächste Sitzung vorbereiten kann. Wir
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