Hühner Voodoo (German Edition)
sind beim letzten Mal nicht dazu gekommen, darüber zu reden, wieso Sie befürchten, Sie könnten Ihre Freundin mit einem Heiratsantrag umbringen.»
Frederick zögerte.
Gwendolyn legte nach: «Ich kann nicht unvorbereitet in meine Termine gehen. Psychologen haben auch Hausaufgaben, die sie machen müssen. Also: nur ganz kurz den Grund für Ihre Paranoia.»
«Es ist eine Paranoia?»
«Keine Ahnung, vielleicht auch nur eine Phobie. Also, zwei, drei erklärende Sätze, und ich kann mit meiner Arbeit beginnen. Gehen wir in Ihr Büro.»
Frederick gab nach. Und Gwendolyn war versöhnt. Er führte sie in sein Büro, nahm an seinem Schreibtisch Platz und bot ihr den Stuhl gegenüber an. Gwendolyn missfiel, dass er auf seinem Chefsessel saß und sie wie ein Besucher davor; die Rangordnung war durcheinandergebracht. Sie stand auf, legte die Fingerspitzen vor ihrer Brust aufeinander und begann auf und ab zu laufen.
«Also, Sie zögern, Ihrer Freundin einen Heiratsantrag zu machen, weil Sie denken, dass Sie sie damit umbringen werden. Wir Psychologen wissen, dass einem Grund immer ein ganz anderer Grund zugrunde liegt. Vielleicht wollen Sie diese Frau gar nicht heiraten, weil sie nicht die Richtige ist? Vielleicht wollen Sie überhaupt nicht heiraten? Vielleicht wollen Sie sich nicht auf eine einzige Frau festlegen? Vielleicht erscheint Ihnen die Ehe als eine Falle? Vielleicht ist es Ihre Art, gegen bürgerliche Konventionen zu rebellieren?»
Sie hielt inne und sah Frederick abwartend an. Hatte sie ihm genug Optionen gegeben? Sie sollte vielleicht mal ein Buch über psychologische Behandlungen lesen. Und über die Ehe. Wobei, da brauchte sie kein Buch zu lesen, das konnte sie selber schreiben. Frederick schüttelte den Kopf.
Gwendolyn hakte nach. «Also: Was ist der Grund?»
Als er nicht antwortete, ging sie auf ihn zu, stützte sich mit beiden Händen auf seinem Schreibtisch ab, beugte sich ziemlich nahe zu ihm und sah ihm fest in die Augen: «Wieso?»
Frederick rückte leicht zurück und murmelte unbehaglich: «Weil es schon passiert ist.»
«Was?»
«Na ja, dass eine Frau auf der Stelle gestorben ist, als ich ihr einen Antrag gemacht habe.»
Gwendolyn richtete sich wieder auf. «Sind Sie sicher?»
«Ja.»
«Tot? Einfach so?»
«Na ja, nicht einfach so. Ich hatte alles genau geplant.»
«Sie hatten geplant, Ihre Freundin umzubringen?»
«Nein, ihr einen Heiratsantrag zu machen. Bei einem romantischen Picknick auf der Wiese. Ich hatte Zwetschgenkuchen besorgt, es war ihr Lieblingskuchen. Ich stellte ihr die entscheidende Frage. Bevor sie antworten konnte, wurden wir von einem Wespenschwarm attackiert.» Er blickte nach unten. «Sie war allergisch gegen Wespengift. Es kam zu einem anaphylaktischen Schock.»
«Das hatte nichts mit Ihrem Antrag zu tun.»
Frederick sah sie hoffnungsvoll an. «Das hab ich mir auch immer wieder gesagt. Bis dann …»
«Bis was?»
«Bis es noch einmal passiert ist. Bei meiner nächsten Freundin ist genau das Gleiche passiert.»
«Lernen Sie denn nicht aus Ihren Fehlern? Sie hätten sich doch erkundigen können, ob sie allergisch gegen Wespen ist, und den Zwetschgenkuchen hätten Sie sich auch schenken können! Das weiß doch jedes Kind, dass Zwetschgenzeit auch Wespenzeit ist.»
«Aber nein. Es war doch ganz anders. Ihr hatte ich den Heiratsantrag in einem Heißluftballon gemacht. Eine Windbö kam auf, der Ballon wurde auf eine Baumgruppe gedrängt, der Korb stieß gegen die Baumspitzen, kippte, sie fiel aus dem Korb. Der Pilot und ich blieben unverletzt. Für sie kam jede Hilfe zu spät.» Er schluckte. Dann murmelte er: «Ich hab sie mit meinem Antrag umgebracht.»
«Was ist denn das für ein Blödsinn?! Das glauben Sie doch wohl selbst nicht.»
Frederick war empört. «Ich kann Ihnen ja einen Heiratsantrag machen, dann sehen Sie’s.»
Gwendolyn wich etwas zurück. Würde er jetzt aggressiv und womöglich handgreiflich werden? Sie sollte keine Angst zeigen. Sie fauchte ihn an: «Rekrutieren Sie so Ihre Kunden für Ihr Leichen-Business?»
Er beruhigte sich. «Nein. Tut mir leid, aber ich finde es nicht in Ordnung, wenn Sie mich beschimpfen und beleidigen.»
«Deshalb müssen Sie ja nicht gleich drohen, mich umzubringen.»
Frederick sah sie erfreut an. «Also glauben Sie mir?»
Gwendolyn zögerte. Wenn man jemandem gegenübersteht, der eine Waffe gezückt hat, sollte man diplomatisch sein. Selbst wenn die Waffe nur hypothetisch ist.
Sie nickte. «Aber
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