Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)
nach einer perfekten Wende pfeilgerade auf den Strand zuschoß. »Komm, Tine, das macht einen Heidenspaß!«
Die Mannschaft wechselte. Nicodemus versetzte dem Boot noch einen kräftigen Stoß, das Segel blähte sich, das Schiffchen nahm Fahrt auf – geradewegs auf ein Kanu zu. Heftig paddelnd brachte sich der Eingeborene aus der Gefahrenzone.
»Du solltest jetzt mal ein bißchen nach links abdrehen«, mahnte Tinchen, »da vorne kommt ein Stück Steilküste.«
»Kein Problem.« Lässig zog Florian am Seil, bewegte gleichzeitig das Steuer, und dann lagen sie auch schon beide im Wasser.
»Jetzt weiß ich, was ich falsch gemacht habe«, sagte er, nachdem sie wieder in ihre Badewanne geklettert waren, »ich hätte das Ruder in die andere Richtung drehen müssen. Am besten teilen wir uns die Arbeit. Du bist jetzt der Steuermann, und ich kümmere mich um das Segel. Setz dich mal auf die andere Seite, und wenn ich rechts sage, schwenkst du das Ruder nach rechts, klar?«
Das hörte sich einfach an. Tinchen wechselte ihre Position, umklammerte die Ruderpinne und wartete auf Florians Kommando. Der hatte aber noch mit dem Segel zu tun, das sich nicht mehr so richtig mit Wind füllen wollte. »Ruder hart links!« schrie er plötzlich. Tinchen gehorchte, das Segel schlug herum, und dann mußte sie schon wieder schwimmen. Sekunden später klatschte auch Florian ins Wasser, und zu allem Überfluß kenterte noch das Boot.
»Doch, das macht wirklich Spaß«, sagte Tinchen, als sie beide an dem umgekippten Kahn hingen. »Wie kriegen wir das Ding wieder auf die Beine?«
»Es wiegt ja nicht viel. Wir müssen nur zusammen an einer Seite ziehen, dann schaffen wir es schon.«
»Steuerbord oder backbord?«
Mit vereinten Kräften gelang es ihnen tatsächlich, das Boot aufzurichten und sich hineinfallen zu lassen. »Ich glaube, wir rudern besser zurück«, keuchte Tinchen, »kann man das Segel irgendwie losbinden?«
Abtakeln habe nicht im Unterrichtsprogramm gestanden, bedauerte Florian, und Ruder seien sowieso nicht da. »Wir müssen segeln, da hilft alles nichts.«
Wie er es geschafft hatte, den Kahn wieder in Bewegung zu bringen, konnte er später nicht sagen, aber als Nicodemus sie mit dem Seenotrettungskreuzer schließlich aus der Toten Hose herauszog und vorsichtshalber gleich an Land schleppte, beteuerte er lebhaft, er sei lediglich durch die Bugwelle eines vorbeifahrenden Hochseefischers in diese windstille Bucht abgetrieben worden.
»Jetzt gehen wir erst mal Mittag essen«, tröstete er sein immer noch wasserspuckendes Tinchen, »und nachher lade ich dich zum Skilaufen ein. Das wolltest du doch schon immer mal probieren.«
Ihr Hinweis, sie habe für heute genug vom Meer, ihr Magen sei ja kein Schwamm, ließ er nicht gelten. »Wasserski ist etwas ganz anderes. Da brauchst du überhaupt nichts zu tun und läßt dich bloß ziehen.«
Sie bat um Bedenkzeit. »Das Spektakel geht doch immer erst am Spätnachmittag los, weil dann Ebbe ist oder Flut, jedenfalls ist dann die Strömung nicht so stark oder die Wellen nicht so hoch oder ich weiß nicht, was sonst noch, aber bis dahin will ich nichts anderes sehen als meine Liege, auf der ich meine Wunden lecken kann.«
»Genug gekühlt hast du sie ja inzwischen«, feixte Florian. Trotz ihres einteiligen Badeanzugs, der den größten Teil ihrer blauen, jetzt schon ins Grüne und Bräunliche spielenden Flecke verbarg, waren immer noch genug zu sehen. »Weißt du, wie du aussiehst, Tine? Wie jemand, bei dem der Tätowierer nicht ganz fertig geworden ist.«
Heute mußte Moses einen zusätzlichen Stuhl herbeischaffen, weil Birgit die Bendersche Tafelrunde vergrößerte. Ihre Eltern waren nach Malindi gefahren, und mit Susi hatte sie Krach. »Jetzt hat sie sich an diesen Fuzzi gehängt, der seit zwei Wochen auf seiner Luftmatratze rumhängt, den Weißen Hai Band drei liest und seitdem nicht mehr im Wasser war.«
»Hat sie denn zu Hause keinen Freund?« Nach Frau Antonies Auffassung hatte jedes Mädchen über zwanzig einen »Festen« zu haben und an seine Aussteuer zu denken.
»Na klar hat sie einen, Wilfried heißt er, ist zwar ’n bißchen unterbelichtet, deshalb passen sie ja so gut zusammen. Bloß an Heirat denkt er nicht. Aber sie! Wahrscheinlich ist er darum auch nicht mitgefahren, sonst hätte sie ihn vielleicht doch noch rumgekriegt.«
»Lieber ’n Wackelkontakt als gar keine Verbindung«, pflichtete Tobias bei, der mit seiner Anja auch noch nicht so richtig weitergekommen
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