Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)
freier Tag, und was die abreisenden Gäste eventuell zurückließen, wollte er haben und nicht etwa seiner Vertretung überlassen.
»You go tomorrow?« begann er, wobei er immer wieder auf der ohnehin schon sauberen Scheibe herumwienerte. »Yes«, sagte Tinchen und räumte ihr Bett leer.
»Me too. I visit my family in Malindi.«
»So, so.« Es war ihr herzlich gleichgültig, ob der Junge seine Familie oder sonstwas besuchen wollte.
»I start this evening.«
Wie schön für ihn, wenn er schon heute abend fahren konnte, dachte sie und hoffte im stillen, er würde jetzt endlich verschwinden. Nein, er mußte noch den Spiegel polieren. Und als er damit fertig war, machte er Anstalten, die beiden Leselampen einer gründlicheren Reinigung zu unterziehen. Die hatten es zwar dringend nötig, aber doch nicht jetzt!
»Can you finish!« Verflixt, wie sollte sie ihm klarmachen, daß er endlich zu gehen hatte? »Can you come a little bit later? I want to sleep now.«
Später sei er nicht mehr da, sagte er und hängte sorgfältig ein heruntergefallenes T-Shirt über die Stuhllehne. »It’s very nice.« Begehrlich strich er über den Stoff.
Jetzt kapierte Tinchen. Er wollte ein Abschiedsgeschenk haben. Aber nicht dieses Hemd, das hatte sie Florian selber gekauft. Wenn sie jetzt bloß wüßte, in welchem Koffer … Hektisch wühlte sie herum und zog schließlich ein zerknittertes und nicht mehr ganz sauberes T-Shirt heraus. Dann lief sie ins Bad und kam mit sämtlichen Flaschen zurück, die Florian zur Seite gestellt hatte. Ihre Plastikbadeschuhe packte sie auch noch dazu. »You can have this all.«
Wie durch ein Wunder ließ der Sauberkeitswahn des Roomboys nach. Schnell räumte er seine Utensilien auf die Terrasse und brachte statt dessen eine Tüte an, in die er alles hineinstopfte, was Tinchen ihm hingelegt hatte. Dann zog er ein Stück Papier aus der Tasche und reichte ihr einen Kugelschreiber. »You must write now!«
»Was soll ich denn schreiben?« Ratlos besah sie den Zettel. Er mußte aus einem alten Taschenbuch herausgerissen worden sein, ganz oben konnte man noch ein paar Buchstaben vom Titel erkennen.
Geduldig erklärte ihr der Boy, daß sie jetzt jeden einzelnen Artikel notieren, seinen Namen druntersetzen und schließlich das Ganze unterschreiben müsse. Wozu er das denn brauche, fragte sie, kritzelte aber gehorsam den gewünschten Text aufs Papier.
Alle Angestellten würden kontrolliert, sobald sie das Hotelgelände verließen, und wenn er nicht beweisen könnte, daß er die Sachen geschenkt bekommen habe, würde man ihn des Diebstahls verdächtigen, sagte er.
Das leuchtete ein. Tinchen setzte ihr Autogramm unter die Liste. »Ready.«
»You forgot my name.«
»Ach so. Wie heißt du denn?«
»Moses.«
»O nein, nicht schon wieder!« stöhnte sie. »Is Moses the onlyest name in Kenia?«
Natürlich habe er einen ganz anderen Namen, einen afrikanischen, sagte er stolz und nannte ihn auch. Er klang so ähnlich wie das Gekrächze von Frau Knopps asthmatischem Wellensittich, und Tinchen sah ein, daß dieser Name sehr hinderlich für Moses’ Karriere sein mußte. Sie drückte ihm noch einen Zehnshillingschein in die Hand – den letzten, den sie hatte – und schob ihn zur Tür hinaus. Nach einer weiteren Dankesbezeugung durch das frischgeputzte Fenster zog er endlich ab.
Zum Schlafen kam sie trotzdem nicht. Florian polterte herein und wollte die Koffer schließen. Das mußte er dann aber auf später verschieben, weil Tinchen sich weigerte, schon am Nachmittag den Joggingdreß zu tragen, und wo sie denn außerdem mit den Sachen hinsolle, die sie nachher noch anziehen werde?
Florian sah das ein und ging wieder. Statt dessen kam Julia. Sie habe noch Platz in ihrem Koffer, Tinchen könne ihr also ruhig ein paar Dinge geben.
»Wie kommt denn das? Als wir abgeflogen sind, war er doch krachend voll?«
Sie habe einiges aussortiert und dem Gartenboy mit den traurigen Augen geschenkt, der doch nie etwas bekäme. »Alle anderen kriegen hin und wieder Trinkgeld, bloß die armen Kerle nicht, die den ganzen Tag in der Sonne schuften und die Anlagen in Ordnung halten.«
»Hoffentlich hat sich deine humanitäre Anwandlung in Grenzen gehalten.«
Drei T-Shirts habe sie ihm gegeben, sagte Julia, natürlich die schon ziemlich ausgeleierten, dazu die beiden alten Handtücher, ihre ganzen Espandrillos, weil die hier alle drekkig geworden seien, und den Gesundheitsbadeanzug.
»Was soll der Junge denn damit?«
»Er ist
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