Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)
und sie mit dem Corpus delicti allein in Herrn Brunslis Büro marschierte, wandte sich Kasulke an Florian. »Aba nu mal ohne Spaß! Det hätte wirklich schiefjehn können. Entweder muß sofort die halbe Wiese jesperrt werdn, weil ja überall die Bäume rumstehn, oder eener muß die Zeitbomben von da oben runterholn.« Er schaute an den bis zu fünfzehn Meter hohen Stämmen empor. »Bloß wie?«
Herr Brunsli entschied sich für letzteres. Noch vor dem Mittagessen ließ er die Liegewiese räumen. Dann schickte er Abordnungen los, die nach Freiwilligen zu suchen hatten. Es fanden sich genug. Keine halbe Stunde später hatte sich ein gutes Dutzend Schwarzer um den Manager geschart, der jetzt ein etwas dickeres Seil in ungefähr ein Meter lange Stücke zerschnitt und sie verteilte. Sie wurden an den Enden zusammengeknotet, so daß sie einen geschlossenen Kreis bildeten. Jeder Eingeborene streifte sich eine dieser Schlaufen über beide Füße bis in Knöchelhöhe, und dann begann der Aufstieg. Die Arme um den Stamm gelegt, das Seil als Arretierungshilfe, weil es an der geschuppten Rinde Halt fand, kletterten sie mit affenartiger Geschwindigkeit die Bäume hoch. Beifallsrufe von den außerhalb der Gefahrenzone aufgereihten Zuschauern begleiteten sie. Und dann hagelte es Kokosnüsse. Von allen Seiten klatschten sie auf den Boden, doch bei keiner einzigen platzte die dicke grüne Schale auf.
»Sie sind noch nicht reif«, sagte Herr Brunsli, der sich ungeachtet des immer noch fortdauernden Bombardements eine geholt hatte und sie nun gründlich beklopfte, »da muß vorhin eine abgebrochen und nur deshalb heruntergekommen sein.«
Nach kurzer Zeit schon war die Vorstellung beendet. Tobias kam zu spät, und so knipste er wenigstens den Berg Nüsse, den die Schwarzen neben dem Pool zusammentrugen. Zwei bewaffneten sich mit riesigen Messern, schlugen die grüne Außenhaut ab und öffneten die braunen, harten Schalen. Wer wollte, konnte sich welche geben lassen. Kokosnuß satt. Tinchen wollte auch eine haben.
»Warum heißt das Milch, wenn die Brühe da drin doch glasklar ist?« wollte sie wissen, bekam jedoch keine Antwort. »Sie schmeckt eigentlich nach gar nichts«, stellte sie nach einem Probeschluck fest, »vielleicht sollte man sie eine Weile kaltstellen.«
»Wo denn?« gab Florian zu bedenken.
Die sensationslustige Menge, ein bißchen enttäuscht, daß überhaupt nichts passiert war, verlor sich und ging wieder der gewohnten Beschäftigung nach: Sonnenbaden. Nur Tinchen nicht. Sie war noch immer nicht mit Packen fertig, hatte diese wenig ergiebige Tätigkeit lediglich aufgrund des Geschreis unterbrochen und forderte jetzt nachdrücklich Florians Mithilfe an. »In den Koffern ist fast alles drin, aber die Deckel stehen sperrangelweit offen.«
»Du glaubst doch wohl nicht, daß ich die jetzt schon zumache? Die kramst du ja bestimmt noch ein dutzendmal durch, weil du was suchst oder vergessen hast oder nachsehen mußt, ob es auch noch da ist.«
»Was denn zum Beispiel?«
»Herrgott, Tine, das weiß ich doch nicht!« schnaubte Florian ärgerlich. »Der Kaktusstengel oder das Obstmesser oder die Schuhbürste, die wir übrigens nie gebraucht haben. Genausowenig wie deine ganzen Pyjamas. Nicht einen davon hast du angezogen!«
»Hab ich denn wissen können, daß wir in einem Treibhaus schlafen?« maulte sie.
Der Trommelwirbel, mit dem das Mittagessen angekündigt wurde, enthob ihn einer Antwort. Während er am Salatbüfett zwei Tomatenscheibchen auf seinen Teller packte und ein bißchen Gurke – er konnte das ganze Grünfutter nicht mehr sehen! –, trat Karsten an seine Seite. Auch er war sehr wählerisch geworden und stellte nach kurzem Überlegen den noch leeren Teller wieder weg. »Ich nehme nur ein bißchen Roastbeef vom Menü. Solltest du auch tun, Flori, sonst hast du heute abend keinen Hunger.«
»Wieso? Gibt’s denn da was Besonderes?«
»Mmmhmm«, machte Karsten geheimnisvoll, »Crevetten oder Lobster, wenn sie welche haben, Fleischbällchen in Kokosnußmilch …«
»Kein Wunder, irgendwie müssen sie das Zeug ja loswerden.«
»Du armer Irrer! Ich rede nicht vom Hotelessen, sondern von unserem Abschiedsdiner im Buku-Buku.«
»Wo?«
»Buku-Buku.«
»Klingt so nach Hawaii und Hula-Hula. Gibt es denn hier so etwas?«
»Das Buku-Buku ist ein Geheimtip. Ein Speiselokal mitten in der Wildnis mit original afrikanischer Küche und ebensolchem Ambiente.«
»Bist du schon mal dort gewesen?« forschte Florian
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