Huehnerhoelle
verblüfft an, ehe er die Antwort fand. »Ich nicht, nein. Aber meine Frau spielt ganz gern. Der Gestank macht ihr nicht so viel aus, jedenfalls nicht mehr als der im Dorf, vor unserer Haustür. Und Osterkamp lässt sie umsonst. Also Golf spielen.«
»Wieso das?«
»Na, erstens ist eh nichts los hier. Sehen Sie ja.« Wagner machte eine ausschweifende Geste mit der Hand. »Und zweitens putzt sie hier ab und zu. Kleiner Nebenverdienst.«
»Aha«, sagte Hufeland. »Ich denke, wir brauchen Sie vorerst nicht mehr, Herr Wagner, vielen Dank. Machen Sie Mittagspause. Wir melden uns dann wieder bei Ihnen.«
Wagner nahm es gleichmütig hin, setzte sich in sein Auto und verschwand über die Allee, auf der sie gekommen waren.
21
Durch das gläserne Rondell betraten Hufeland und Kevin Kuczmanik eine in Buche und Cremefarben gehaltene Empfangshalle. Der Platz hinter dem Tresen zum Einchecken war leer, in dem Schlüsselkasten, der sich dahinter befand, fehlte kein Zimmerschlüssel. Die Blumen auf dem Tresen waren künstlich, und dem Staub nach zu urteilen, den sie angesetzt hatten, war Corinna Wagner anscheinend schon längere Zeit nur zum Golfen vorbeigekommen, wenn überhaupt.
Sie durchquerten das Foyer und anschlieÃend einen groÃen, hellen Restaurantraum voller ungedeckter Tische und verwaister Korbstühle. Die vollständig verglaste Front zum Golfplatz hin bot einen hübschen, grasgrünen Ausblick. Fehlten nur die Gäste, die ihn genossen.
»Ganz schön tote Hose«, bemerkte Kevin und schob sich rasch etwas in den Mund, das aussah wie eine mit Zartbitterschokolade überzogene Nuss. Gleich darauf folgte noch eine und noch eine, und dann mochte Hufeland es nicht mehr mit ansehen. Möglich, dass das Zeug vegan war, aber gesund war es deshalb noch lange nicht.
Der Frühstücksraum, wie Wagner meinte, war in Wahrheit ein Konferenzraum. Das war an der sachlichen Bestuhlung und dem riesigen, wie ein gigantisches umgekehrtes Bügeleisen geformten Buchenholztisch leicht zu erkennen. In der Nähe des Fensters, am spitzen Ende des Bügeleisens, saà Osterkamp mit dem Rücken zu ihnen. Ihm gegenüber ein Mann Ende dreiÃig mit aufgekrempelten Hemdsärmeln, der sie sperberhaft musterte. Vor ihnen auf dem Tisch standen zwei Kaffeetassen, eine Flasche Genever und die dazugehörigen Gläser.
Bruno Kock hatte glattes schwarzes, nur von dünnen Silberfäden durchzogenes Haar und musterte sie aus kühlen mattblauen Augen. Er hatte athletische, breite Schultern und strahlte eine mediterrane Vitalität und Männlichkeit aus, auf die viele Frauen sicher flogen, dachte Hufeland. Er selbst verkörperte mehr den leptosomen Typus.
Osterkamp wandte sich um, erhob sich und knöpfte sein schlackerndes Jackett zu. Er begrüÃte die beiden Polizisten mit einem Nicken und der zweifelhaften Phrase: »Welch Glanz in meiner Hütte!«
An diesem Mann scheint alles zu groÃ, dachte Hufeland, als er Osterkamp jetzt unmittelbar gegenüberstand. Die ausladende Hornbrille, das metallisch (auch etwas speckig) glänzende Jackett, der Knoten seiner zackig gemusterten Krawatte, der breit grinsende Mund und irgendwie sogar der monströse Tisch, an dem sie saÃen. Genau genommen schien das ganze riesige Hotel eine Nummer zu groà für diese magere, seifenglatte Unternehmerfigur.
Hufeland wandte sich an Bruno Kock, der sitzen geblieben war. »Ich bin Hauptkommissar Hufeland von der Kripo Münster, und das ist mein Kollege Kuczmanik. Mein Beileid, Herr Kock, zum Tod Ihres â¦Â«
»Geschenkt.« Bruno Kock sah ihn nicht an, hob seine Kaffeetasse an, trank sie schlürfend aus, goss sich einen Genever ein, kippte ihn hinunter â und schwieg.
Osterkamp schien die Szene unangenehm zu sein. »Wollen Sie sich nicht setzen?«, sagte er deutlich zu laut. »Möchten Sie einen Kaffee?«
»Danke, gern«, sagte Hufeland und nahm gegenüber Bruno Kock Platz. Kevin, der ebenfalls um Kaffee bat, setzte sich ächzend gleich daneben und zückte eifrig schon mal Kugelschreiber und Notizbuch.
Osterkamp wieselte davon, um den Kaffee zu holen. »Personal hab ich leider keins zurzeit«, rief er ihnen noch zu. »Abgesehen von Bruno natürlich.«
»Das müssen Sie mir erklären, Herr Kock«, sagte Hufeland und beugte sich zu Bruno vor. »Was arbeiten Sie auf einer Golfanlage, die keinen
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