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Huehnerhoelle

Huehnerhoelle

Titel: Huehnerhoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Beckmann
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frischen weißen Tischdecke und Servietten erschien, um den Tisch zu decken, war nicht Hanne, die Kellnerin, sondern Werner Kocks Frau Margit.
    Sie war eine kleine, breithüftige Frau mit einer grauen Kurzhaarfrisur, deren marineblaues Wollkleid sich eng an ihren Körper schmiegte, den bloß üppig zu nennen, untertrieben gewesen wäre. Sie hatte große, moorbraune Augen, stark ausgeprägte Wangen und Lippen und fingerbreite Brauen, die sie sich womöglich zu dunkel nachfärbte (kein Gebiet, in dem Hufeland sich gut auskannte).
    Sie war freundlich auf eine professionelle Weise, lächelte nicht mit dem Mund, aber mit den Augen. Was ihr ausgesprochen gut stand und die abschreckende Wirkung ihrer schwarzen Balkenbrauen wieder wettmachte. Margit Kock gab die verbindlich-freundlich auftretende Vollblutwirtin, und vielleicht war sie es tatsächlich.
    Sie breitete die Speisekarte vor ihnen aus und nahm wie selbstverständlich, wie bei jedem anderen Gast, konnte man annehmen, die Getränkewünsche auf. »Ein Wasser, ein Alkoholfreies, in Ordnung.« Damit verschwand sie wieder.
    Hufeland blätterte rasch durch die in braunes Kunstleder gebundene Speisekarte. Jedes Gericht wurde zweisprachig angeboten, deutsch und niederländisch. Er entschied sich für einen ›uitsmijter met ham en twee gebakken eieren‹, einen Strammen Max mit Kochschinken und zwei Spiegeleiern.
    Kevin dagegen verzog sich zunächst an die ›Salatbar‹ des Brooker Hofs. Seine Wahl fiel auf einen ›Großen Bunten‹, dazu Frühlingsrollen (›loempias‹), anschließend Pommes frites mit Ketchup sowie zwei Gemüseschnitzel.
    Â»Zum Nachtisch dann Apfelkuchen«, lachte er voller Vorfreude. »Und Sie, Herr Hufeland? Nix Süßes?«
    Hufeland schüttelte den Kopf. Er stand nicht auf Süßspeisen. Kuchen, Eis, Schokolade, so was ließ ihn kalt. Zum Unverständnis der meisten seiner Freunde und Bekannten. Trotzdem durchforstete er jetzt weiter interessiert die Speisekarte, Seite um Seite ging er jedes Gericht durch.
    Â»Fällt dir was auf?«, fragte er Kevin und hob die Karte leicht an.
    Kevin legte seine Stirn in Falten. »Was soll mir denn auffallen? Hat’s mit unserem Fall zu tun?«, lachte er wieder.
    Â»Und ob!«, sagte Hufeland und tippte mit dem Zeigefinger auf das schokobraune Kunstleder der Karte. »Es gibt kein Huhn.«
    Â»Kein Huhn?«
    Hufeland beugte sich leicht zu ihm hin (oder vielleicht auch hinunter). »Man kann in dieser Kneipe kein Huhn essen, Kevin. Kein Brathähnchen, keine Hühnersuppe, keine Hähnchenbruststreifen. Kein Huhn nirgends, weder geschüttelt noch gewürgt!«
    Kevin machte seine großen Kinderaugen. »Krass«, sagte er.
    Hufeland stimmte ihm zu. »Die Kock’sche Hühnermast hat in Vennebeck sogar Löcher in die Speisekarte gerissen.«
    Â»Mannomann.«
    Die Wirtin erschien wieder, nahm ihre Wünsche auf und brachte danach erstaunlich schnell die Speisen.
    Hufeland bat sie, sich für einen Moment zu ihnen zu setzen.
    Â»Das geht nicht«, lehnte sie lakonisch ab. »Wir haben zu tun.«
    Hufeland zog eine Braue hoch und sagte: »Dies hier ist eine Mordermittlung, Frau Kock, keine lustige Landpartie, verstehen Sie? Wenn wir bei Ihnen eine Kleinigkeit essen, dann sind wir trotzdem im Dienst. Also, wenn Sie sich jetzt bitte zu uns setzen würden!«
    Kevin Kuczmanik staunte, wie hartnäckig und energisch sein neuer Chef auftreten konnte. Man musste sich vor ihm in Acht nehmen. Als Zeuge wie als Azubi.
    Margit Kock leistete ihnen also unter stummem Protest Gesellschaft, während sie aßen und wie nebenbei nach dem gestrigen Abend fragten. Ihre Antworten kamen lustlos, aber präzise. Im Unterschied zu ihrem Mann konnte sie jedoch ungefähr den Zeitpunkt nennen, da ihr Schwager das Lokal verlassen hatte.
    Â»Halb neun rum ist er gegangen, ich hab noch auf die Uhr gesehen. Regelrecht rausgestürmt aus dem Schankraum. Und das Beste, er hatte noch nicht mal bezahlt. Typisch Wilhelm. Glaubte wohl, er sei eingeladen, bloß weil er uns neuerdings mal wieder mit seiner Anwesenheit beglückt hatte.«
    Â»Das wird er Ihnen in Zukunft ersparen«, zischelte Kevin durch zwei steil aus seinem Mund ragende Pommes frites hindurch.
    Â»Und Bruno Kock? Wann ist der gegangen?«, wischte Hufeland Kevins Bemerkung mit einer ärgerlichen Handbewegung

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