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Huehnerhoelle

Huehnerhoelle

Titel: Huehnerhoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Beckmann
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Porzellangeparden und die elektronischen Wachschutz-Engel, die von der unschuldsweiß verklinkerten Hauswand auf sie herabsahen – alles wie vorher.
    Nur eines war dazu gekommen: drei Mülltonnenladungen voll totem Huhn. Die großen grünen Plastiktonnen, die vorhin noch auf dem Hof, drüben am Ende der Mastanlage, gestanden hatten, lagen jetzt umgestürzt mit aufgeklappten Deckeln am Boden. Ihr Inhalt verteilte sich als zähe, undefinierbare Masse über den gesamten Vorgarten, zierte einen Teil des Fußwegs zur Haustür und schmückte sogar die blanken, weißen Porzellanköpfe der Raubkatzen.
    Hufeland parkte seinen Touran neben Wagners Dienstwagen. Sie stiegen aus und führten unwillkürlich die Ärmel ihrer Mäntel vors Gesicht. Der ätzende Huhngestank, hier um eine verwesungsintensive, faulige Note angereichert, raubte ihnen fast den Verstand.
    Wagner stand mit der gleichen (und ebenso nutzlosen) Schutzhaltung, den Uniformärmel vor der Nase, am Rand der Rasenfläche und begrüßte sie mit einem stummen Leidensblick.
    Aus dem Haus drang jetzt ein seltsamer, extrem hoher, lang gezogener Klagelaut. Er hatte etwas Wölfisches oder vielmehr etwas von einem Kojoten (jedenfalls wie Hufeland sich das Heulen eines Kojoten vorstellte).
    Es nützte ja nichts, er nahm den Arm vom Gesicht, deutete mit dem Borstenkinn zum Haus und fragte: »Die Witwe?«
    Wagner schloss und öffnete zustimmend die Augen, den schützenden Arm ließ er wohlweislich vor der Nase.
    Hufeland und Kevin Kuczmanik betrachteten das Desaster nun aus der Nähe.
    Â»Erinnert mich irgendwie an … Kunst«, quetschte Kevin hinter seinem Ärmel hervor. »Ich weiß nur nicht, von wem.«
    Â»Kunst?!«, fuhr Hufeland ihn an. »Die Sauerei oder vielmehr Hühnerei hier nennst du Kunst?«
    Â»Na ja, für mich sieht das aus wie ein abstraktes Gemälde, das irgendwie aus dem Rahmen gefallen ist«, verteidigte sich Kevin erschrocken.
    Hufeland legte den Kopf schief, betrachtete das Szenario ringsum unter dieser unerwarteten Perspektive und musste zugeben, dass das Bild nicht ganz so schief war, wie es sich zunächst anhörte. Die Abfallmasse war nur deshalb noch als zusammengepresste Hühnerkadaver erkennbar, weil sie ja wussten , dass es sich um totes Geflügel handelte. Andernfalls konnte man darin durchaus eine kreative Schöpfung, eine Kunstaktion aus roten und weißen und schwarz-grünen Materialien sehen, einen gefiederten Teig, formlos, mit einzelnen Elementen, die abgetrennten oder zerquetschten Beinen, Köpfen, Krallen, Kämmen, Muskelsträngen und Innereien nur noch glichen . ›Ohne Titel‹ könnte das Werk heißen, ›Assemblage aus Federn, Fleisch und weiteren Materialien‹.
    Â»Gibt es Zeugen für die Aktion?«, richtete sich Hufeland an Wagner.
    Der Örtliche schüttelte den Kopf, den Arm noch immer vorm Gesicht.
    Â»Wo sind eigentlich die Arbeiter?«, wunderte sich Kevin.
    Wagner deutete mit den Augen zur Halle hinter der hohen Hecke. »Sie wollten den Dreck schon wegräumen, aber …« Er nahm jetzt doch den Arm vom Gesicht, es hatte bereits verzerrte Züge angenommen, wie unter einer Art Nasenfolter. »Silke hat den Männern gesagt, sie sollten mit Wegräumen noch warten«, begann er ausführlicher zu erklären. »Sie hat zuerst mich angerufen. Bin natürlich gleich her. Keiner der Arbeiter hat irgendwelche Fremden gesehen, behaupten sie. Nur Sie beide heute Vormittag.« Er hackte mit der langen Nase in ihre Richtung. »Weil sie ja drinnen gearbeitet hätten. Sie hätten die toten Hühner, also die Reste hier, schon heute früh in die Tonnen entsorgt.«
    Das war zweifellos richtig. Hufeland und Kevin hatten es selbst beobachten können.
    Â»Sprechen Sie eigentlich Polnisch, Wagner?«, fasste Hufeland nach.
    Â»Ich, Polnisch? Woher denn? Das haben die Männer alles der Silke berichtet. Irgendwie. Und die …«
    Â»Hat’s Ihnen erzählt«, sagte Hufeland, »Schon klar.« Irgendwie.
    Â»Jedenfalls haben die Arbeiter nichts von der Aktion hier mitbekommen, sagen sie«, schloss Wagner etwas trotzig und striegelte mit einer Hand seinen Otterschwanz unter der Mütze.
    Kevin blickte hoch zu den Überwachungskameras. »Macht ja nichts«, sagte er. »Die Kameras dürften alles aufgezeichnet haben.«
    Wagner wiegte den

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