Hüte dich vor Dracula
Nähe an.«
»Weißt du die Adresse denn?«
»Klar. Ich las neulich in einer Reklame davon. Dort war alles aufgeführt.«
»Na ja, wenn du meinst…«
***
Sollte er das Risiko eingehen oder nicht?
Marek überlegte. Er war innerlich kalt wie ein Eisblock geworden und hätte auch jetzt noch zustoßen können, doch er traute sich nicht. Eine Kugel aus dem Revolver war immer schneller als sein nach unten rasender Pflock.
Von der Sprecherin sah er nur noch den blanken Knochenarm und die Waffe. Den anderen Teil der Körpers verdeckte der pechschwarze Vorhangstoff.
»Nun? Ich warte nicht mehr lange.«
»Was soll ich tun?«
»Zur Seite gehen und nach hinten weg. Mir reichen zwei kleine Schritte, dann kannst du stehenbleiben.«
Noch einmal zuckte Marek der Gedanke durch den Kopf, Mallmann kurzerhand zu pfählen. Erließ es bleiben, denn er hing einfach zu stark an seinem Leben, trotz des relativ hohen Alters.
Nach zwei Schritten blieb er stehen und hörte das leise Lachen der Frau.
»Ja, das ist gut. Ich freue mich, daß du einsichtig bist. Jetzt brauchst du nur noch den Pfahl fallen zu lassen.«
Damit hatte Marek gerechnet. Sein Gesicht bekam einen bitteren Ausdruck, als er die Faust öffnete und zuschaute, wie der Pflock in die Tiefe fiel, mit der Spitze gegen den dunklen Teppich tickte, um dann nach rechts wegzukippen.
»Zufrieden?« fragte er.
»Halb.«
»Was ist denn noch?«
»Ich will wissen, ob du noch andere Waffen bei dir trägst?«
»Nein, keine.«
»Gut, ich vertraue dir.« Pin leises Lachen folgte den Worten. Dann erreichte ihn die nächste Frage. »Wer bist du, und weshalb kommst du ausgerechnet in meinen Laden?«
»Ich heiße Marek.«
»Damit kann ich nichts anfangen.«
Eine hohl klingende und dennoch flüsternde Stimme drang aus dem Sarg und präzisierte die Angabe. »Man nennt ihn auch Marek, den Pfähler. Er ist ein gnadenloser Vampirjäger.«
»Ach nein!« klang die Stimme auf. »Das ist ja interessant. Hätte ich nicht gedacht. Jetzt kommen uns unsere Feinde schon aus dem Mutterland nachgereist. So prominent sind wir geworden.«
Die Antwort hatte leicht spöttisch geklungen, was wiederum dem Untoten nicht gefiel. »Du solltest ihn nicht auf die leichte Schulter nehmen, Reva. Er ist gefährlich.«
»Und er steckt voller Blut.«
»Das auch.«
»Wir werden ihn leersaugen.«
Aus dem offenen Sarg erklang ein leises Lachen. »Du glaubst gar nicht, wie ich mich darauf freue. Nur frage ihn vorher, wie er deine und meine Spur aufnehmen konnte. Was ist falsch gemacht worden?«
»Hast du gehört, Marek?«
»Sicher.«
»Dann gib Antwort.«
»Wer immer das alte Blut gestohlen hat, er machte einen Fehler. Er hat nicht bedacht, daß es Wissende gibt, die mehr sehen als zwei Augen, obwohl diese Wissenden auch nur zwei Augen besitzen. Muß ich noch etwas hinzufügen?«
»Das Blut wurde bewacht, wie ich weiß.«
»Der Vampir lebt nicht mehr.«
»Hast du ihn…?«
»Ja!« Bei dieser Antwort klang Stolz in Mareks Stimme mit. Sofort reagierte Mallmann. »Ich habe dir gesagt, Reva, daß man ihn den Pfähler nennt. Er kennt kein Pardon, das mußt du mir glauben.«
Sie lachte leise. »Wie werden uns nachfolgende Generationen dankbar sein, wenn wir ihn ausgelöscht haben.«
»Er ist auch ein Freund von Sinclair!«
»Um so besser, Will. So können wir uns beide gleichzeitig vornehmen. Ich überlege nur noch, wie ich es anstellen soll. Ob wir ihm, dem Pfähler, vom alten Blut zu trinken geben? Dann kann er herausfinden, wie es ist, durch das Blut der Opfer Draculas ein Vampir zu werden. Das D auf seiner Stirn würde ihm auch stehen, finde ich.«
»Das könnte man in Betracht ziehen!« stimmte auch Mallmann zu.
»Also, Marek, du hast die Wahl. Wie willst du in unseren Reigen eintreten?«
»Überhaupt nicht!« knirschte Marek.
Mallmann lachte aus seinem Sarg hervor. »Ich habe dir gesagt, Reva, er gibt nicht auf.« Der Vampir erhob sich. Marek konnte erkennen, wie sich Mallmann aus der prunkvollen Totenkiste schob und über den Rand hinwegkletterte.
Davor blieb er stehen.
Er trug nicht nur einen dunklen altertümlich geschnittenen Anzug, sondern auch einen schwarzen Umhang, wie ihn einst Christopher Lee in seinen Filmen getragen und damit die Figur des Dracula populär gemacht hatte. Mallmann zeigte sich als der klassische Vampir, vor dem man trotz seiner eleganten Erscheinung einfach Furcht haben mußte. Auch jetzt schloß er den Mund nicht. Er hielt die Lippen so weit offen, daß die
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