Hüte dich vor Dracula
auf. Tröstende Worte hatte ich zwar finden können, aber sie würden ihm kaum helfen.
Ich schellte bei Suko.
Es dauerte etwas, bis er öffnete, mich anschaute, etwas sagen wollte und mein Gesicht sah. »Verdammt, John, was ist passiert?«
»Laß mich rein!«
»Gut, bitte.«
Ich kam mir vor wie ein Fremder, als ich durch den Flur in den Wohnraum schritt. Sukos Wohnung war ebenso geschnitten wie die meine. Platz nahm ich nicht, statt dessen drehte ich mich um.
»Suchst du Marek?«
»Ja.«
»Der hat sich hingelegt.«
»Weck ihn, Suko!«
Mein Freund schüttelte den Kopf. »Verflixt John, willst du mir nicht sagen, was los ist? Du kommst hier herein und bist total verändert.«
»Es hat sich auch etwas geändert. Hol Marek, ohne ihn geht es nicht — oder doch?«
»Wie denn nun, John?«
Mir war da eine Idee gekommen. Wenn ich genauer darüber nachdachte, mußte ich mich deretwegen zwar schämen, denn ich kam mir vor wie der Verräter an einem Freund.
»Er schläft tatsächlich?« fragte ich.
»Wie ein Toter. Marek ist nicht mehr der Jüngste. Die Strapazen der Reise haben ihm zu schaffen gemacht. Außerdem hat er sich in London auch nicht ausruhen können.«
Ich ging zum Schlafzimmer. Als ich die Tür öffnete, rief Suko leise:
»Willst du ihn wecken?«
»Nein, bewahre.«
»Was dann?«
»Das wirst du schon sehen.« Ich drückte die Tür auf und sah Marek im Halbdunkel auf dem Bett liegen, als hätte man ihn dorthin gegossen. Sein Mund stand halboffen. Schnarchtöne wehten gegen die Decke. Nach dem Bad hatte ihm Suko einen Bademantel von sich gegeben. Der Rumäne lag darin eingerollt.
Suko war mir gefolgt. »Wo ist seine Kleidung?« wisperte ich meinem Freund zu.
»Neben dem Bett.«
»Gut.« Bevor Suko Fragen stellen konnte, war ich da und sah alles sorgfältig zusammengelegt. Mir kam es auf einen bestimmten Gegenstand an. Der lag auf der Jacke.
Es war der Pflock!
Ich bückte mich, nahm den Pfahl an mich, drehte mich wieder um und sah Sukos erstauntes Gesicht.
»Was hast du denn jetzt vor?«
»Den nehme ich mit.«
»Reichen dir deine Waffen nicht?«
Die Antwort bekam er erst im Wohnraum. »Mir reichen sie schon, nur Mallmann nicht.«
»Was?«
»Ich habe nicht viel Zeit, Suko. Nebenan sitzt ein junger Mann, der völlig verzweifelt ist. Er kam zu mir und bat mich, ihn zu begleiten und den Pflock mitzunehmen.«
»Wohin begleiten?«
»In den Hyde Park.«
»Dann sind sie dort?«
»Genau. Und es sieht so aus, als hätten sie eine Geisel. Eine junge Frau namens Eve Hunter. Sie ist die Verlobte des Mannes, der in meiner Wohnung sitzt. Mallmann und Reva haben ihn zu mir geschickt. Sie wollen, daß ich komme und auch den Pflock mitbringe. Wenn nicht, werden Sie Eve zu einer Blutsaugerin machen.«
Suko nickte. »Jetzt willst du hin — oder?«
»Natürlich.«
»Und weiter?«
Ich hob die Schultern. »Was soll ich sagen? Ich muß das Leben der jungen Frau retten.«
»Indem die deines wegwirft.«
»Würdest du an meiner Stelle anders handeln?«
»Bestimmt nicht, aber ich würde mir Sicherungen einbauen. Verstehst du?«
»Verstehe. Die Sicherung bist du.«
»Erfaßt, John.«
»Wenn Mallmann und Reva merken sollten, daß wir sie reinlegen wollen, ist es vorbei.«
»Ich kann mich zwar nicht unsichtbar machen, aber du weißt, daß man mich nicht sehen wird, weil ich es will.«
»Das ist klar, Suko.«
»Also?«
Ich nickte. »Bleib mir auf den Fersen.«
»Nein, sag mir lieber, wo du hinwillst.« Ich ging schon auf die Haustür zu. »Der junge Mann hat von einem alten Bunker gesprochen…«
»Ideal für Blutsauger.«
»Das meine ich auch.«
»Sind nur Mallmann und Reva dort?« wollte Suko wissen.
»Jay Goodman sprach von gewissen Helfern und Gestalten, die im Hintergrund lauern. Er hat die roten Ds schimmern sehen. Diesmal sind es wohl keine Gemälde.«
»Das kann sein.«
Ich verabschiedete mich an der Tür. »Wie gesagt, es ist ein alter Bunker. Er muß an der Nordseite des Parks liegen, wo Hügel künstlich aufgeschüttet wurden.«
»Ich werde mich erkundigen. Was ist mit Marek?«
»Ihm gegenüber komme ich mir vor wie ein Verräter. Laß ihn am besten schlafen.«
»Ungern.«
»Das weiß ich.« Mehr sagte ich nicht. Mit gesenktem Kopf ging ich die wenigen Schritte bis zu meiner Wohnung. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß Jay Goodman log. So wie er zu mir gekommen war, konnte auch kein Laie schauspielern.
Er saß noch an derselben Stelle. Aus leeren Augen starrte er gegen das
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