Hueter der Daemmerung
Alex mir im Vertrauen über seine Familie erzählt hatte, konnte ich es ihm nicht verdenken: Sie war komplett mit dem Angelburn-Syndrom infiziert.
»Ruhig, Leute«, sagte Alex.
Das letzte Bild zeigte die Zwölf in ihrer Engelsform, ihre geflügelten Gestalten leuchteten grell. »Wir chilangos können stolz darauf sein, dass das Seraphische Konzil Mexico City ausgewählt hat, um sich von hier aus an die Welt zu wenden«, kommentierte die Stimme des Reporters. »Aber fürs Erste können wir nur … abwarten und Tee trinken.«
»Gott, die können wir gar nicht früh genug erledigen«, brach es aus Liz heraus, als zwei Sprecher in einer Nachrichtenredaktion auf dem Bildschirm erschienen, die aufgeregt redeten. »Dafür kann die Welt uns dankbar sein!«
»Wenigstens können sie diesen schmierigen Raziel anscheinend auch nicht ausstehen.« Kara stand immer noch in der Tür. Vor Abscheu hatte sie die Nase gerümpft. »Klingt fast so, als würde er sich in der Kirche nicht mehr lange halten können.«
»Ja ja, aber solange wir nicht in den Torre Mayor kommen, ist das alles völlig schnuppe«, knurrte Sam. »Wie sieht’s damit aus, Alex? Du hast doch einen Plan, oder?«
Ich sah Alex an, während ich mich fragte, was er antworten würde. Wenn er das Team nicht zu Übungszwecken mit auf die Jagd nahm, hing er hinter dem Torre Mayor herum und beobachtete den Lieferanteneingang. Obwohl ich seit Tagen das Gefühl gehabt hatte, dass ein Plan in seinem Kopf Gestalt annahm, schien er noch nicht darüber reden zu wollen.
Ganz offensichtlich wollte er auch jetzt nicht darüber reden. »Ich arbeite daran«, sagte er einsilbig. »Keine Sorge, wir kommen schon rein. Aber eins nach dem anderen, Leute. Wir brauchen die Sicherheitsinfos, denn sonst tappen wir völlig im Dunkeln, wenn wir schließlich drin sind.«
Seb ergriff das Wort. Seine ruhige Stimme durchschnitt den Raum. »Ich wüsste gerne, was diese lebenswichtigen Angelegenheiten für alle Engel‹ sein sollen?«
»Keinen blassen Schimmer«, sagte Alex. »Aber im Moment zerbreche ich mir darüber nur den Kopf, falls es den Angriff tangiert.« Und während er den Blick weiter auf den Fernseher gerichtet hielt, sah er tatsächlich ganz entspannt aus – aber an den schmalen Falten auf seiner Stirn erkannte ich, dass der Eindruck trog.
»Hoffentlich nicht«, sagte ich.
Alex guckte zu mir herunter und ich konnte beinahe sehen, wie seine Anspannung nachließ. Für eine Sekunde waren wir beide die einzigen Menschen im Zimmer. Mit einem kleinen Lächeln berührte er kurz meinen Rücken. Die Wärme seiner Finger durchdrang mein T-Shirt. »Ja«, sagte er. »Hoffentlich nicht.«
Nachdem das Team jetzt gesehen hatte, mit wem sie es zu tun bekommen würden, wuchs ihre Nervosität, aber auch ihre Entschlossenheit. Alex ging immer noch täglich mit ihnen auf die Jagd – weswegen ich meine Unfähigkeit, meine Aura zu tarnen, mehr denn je verfluchte. Ich hasste es, untätig zu Hause rumzuhängen, während sich die Gefahr mit jedem Tag, der verstrich, vergrößerte. Denn mittlerweile musste den Engeln klar sein, dass Engelkiller in der Stadt waren. Ich konnte mich immer erst wieder entspannen, wenn alle zurück waren. Alex achtete sorgfältig darauf, nie in eine vorhersagbare Routine zu verfallen. Er führte das Team zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedliche Orte. Hin und wieder zogen sie sogar nachts los. Und die AKs machten enorme Fortschritte. Ich wusste, dass Alex der Meinung war, dass wir mittlerweile gegen das Konzil, wenn wir nur an die Sicherheitsinformationen kämen, eine echte Chance hatten.
Wenn ihn jemand fragte, sagte er nur, er hätte einen Plan, wie er uns alle Zutritt zum Torre Mayor verschaffen könnte, wäre aber noch dabei, die Einzelheiten auszutüfteln.
»Hast du denn einen Plan?«, wisperte ich eines Morgens, als wir allein in seinem Schlafraum waren. Ich lag in seinen Armen und genoss das Gefühl von seiner Haut an meiner. Ich war zu ihm hineingeschlüpft, während die anderen beim Frühstück saßen. Ich wusste, dass Alex mit Sicherheit bereits gefrühstückt hatte, denn er war ein Frühaufsteher. Wenn ich es geschickt anstellte, konnten wir manchmal fast eine halbe Stunde für uns herausschinden und diese halbe Stunde war uns beiden unglaublich kostbar – nicht nur zum Reden. Jetzt streichelte ich seinen nackten Oberkörper. »Oder versuchst du nur, die Moral aufrechtzuerhalten?«
Alex seufzte. Er ließ einen Arm um meine Schultern liegen, streckte
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