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Hueter der Daemmerung

Hueter der Daemmerung

Titel: Hueter der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. A. Weatherly
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selben Moment, in dem man sie sah, schon wieder vergessen. Verwirrt wurde mir klar, dass ich nicht wusste, wie dieser Engel aussah, obwohl ich ihr direkt ins Gesicht starrte.
    Der Engel sprach anscheinend fehlerfreies Spanisch – aber in ihrer Stimme lag ein merkwürdiger Widerhall, so als sprächen mehrere Leute gleichzeitig. Mein Mund wurde trocken. »Wir wenden uns heute an die Welt, weil kürzlich Aussagen gemacht wurden, die falsch sind und richtiggestellt werden müssen«, übersetzte Kara. »Dies wird unsere einzige öffentliche Erklärung bleiben.«
    »Oha, das sind ja mal richtig gruselige Engel«, murmelte Brendan. Den Mienen der anderen nach zu urteilen, hatte er ihnen das Wort aus dem Mund genommen. Ich griff nach Alex’ Hand und spürte, wie er meine Finger drückte.
    »Wir sind das Regierungsgremium der Engel. Wir wollen die Welt wissen lassen, dass sich die Dinge, ungeachtet dessen, was Sie gehört haben mögen, durchaus ändern werden. Wir sprechen im Namen aller Engel – und wir sind die einzigen Engel, die dazu befugt sind.« Sie machte eine Pause, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen.
    Und schlagartig begriff ich, worum es hier ging. Raziel. Er war im Fernsehen aufgetreten und hatte versprochen, dass alles beim Alten bleiben würde – als hätte er das zu bestimmen.
    Das Gesicht des Reporters war blass. »Auf was für Veränderungen können wir uns einstellen?«
    Zum ersten Mal blickte der Engel direkt in die Kamera. Ihre polyfone Stimme wurde leiser, nachdrücklicher. »Vorrangig wird es in Kürze Veränderungen in der Verwaltungsstruktur der Church of Angels geben.«
    »Soll das heißen –«
    Sie ließ ihn gar nicht zu Wort kommen. »Wir werden es zunächst dabei belassen, dass ein Engel der Kirche vorsteht, wie es der Tradition entspricht. Tatsächlich werden wir schon bald einen Engel mit der Leitung der Kirche hier in Mexiko betrauen. Den Namen des Engels werden wir allerdings nicht bekanntgeben. Von jetzt an werden wir uns in Ihrer Welt stärker im Hintergrund halten. Alle Engel, die Ihnen namentlich bekannt sind, werden sich bald aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Das versprechen wir.«
    Die grauen Augen loderten, als der Engel Raziels Worte wiederholte. Ich schluckte. Ich hatte überhaupt kein Mitleid mit Raziel, aber ich war dankbar, dass ich gerade nicht in seiner Haut steckte. Ich konnte mir seine ohnmächtige Wut so eindringlich ausmalen, dass es mir einen Moment lang so vorkam, als würde ich sie selbst empfinden.
    Neben mir nahm Alex mit konzentriertem Gesichtsausdruck alles in sich auf und versuchte herauszufinden, ob irgendetwas davon uns weiterhelfen konnte. Seb stand da und runzelte die Stirn. Seine Gefühle für die Engel waren wesentlich komplizierter als meine – jahrelang hatte ihn eine Hassliebe mit ihrer wilden, mächtigen Schönheit verbunden – aber ich wusste, dass das Konzil ihn ebenso aus der Ruhe brachte wie mich.
    Dem Engel schien wieder einzufallen, dass der Reporter auch noch da war. Sie verzog das Gesicht zu etwas, das wohl ein Lächeln darstellen sollte, obgleich es ihn sichtlich zurückschrecken ließ. »Das hier ist Ihre Welt – wir Engel werden Ihnen gestatten, sie selbst zu regieren. Dass wir die Verwaltung der Kirche übernehmen, ist lediglich eine Reaktion auf die Verehrung, die Sie uns entgegenbringen und der wir uns nicht entziehen können. Darüber hinaus haben wir wenig Interesse an einem Umgang mit Ihnen.«
    Eine Sekunde lang unterbrach Kara ihre Übersetzung. Sie stieß ein kurzes ungläubiges Lachen aus. »Mann, ich hätte nie gedacht, dass ich irgendeinen Engel noch grässlicher finden könnte als Raziel.« Als der Reporter ins Stammeln geriet, nahm sie ihre Übersetzung wieder auf. »Sind … sind Sie deshalb in Mexico City – um ein Oberhaupt für die Kirche hier zu ernennen?«
    Ihr Blick wurde reserviert. »Unter anderem«, sagte der Engel. »Wir haben verschiedene andere Angelegenheiten hier zu regeln – lebenswichtige Angelegenheiten, die alle Engel betreffen. Es ist durchaus möglich, dass ihr Menschen zunächst hier in Mexico City und dann auch anderenorts gewisse Auswirkungen bemerken werdet. Das Gespräch ist hiermit beendet.«
    »Was soll das denn heißen?«, jaulte Brendan.
    »Keine Ahnung -Auswirkungen auf die Menschheit haben sie allerdings schon mehr als genug«, presste Wesley hervor. Er schaute wutentbrannt auf den Bildschirm. In seinem normalerweise verschlossenen Gesicht flammte Zorn auf. Als ich daran dachte, was

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