Hueter der Daemmerung
Möglichkeiten.« Sie warf ihm einen schnellen Blick zu. »Warum? Gibt es denn einen Grund dafür, an eine Inszenierung zu glauben?«
»Nein, wahrscheinlich nicht«, sagte Alex nach einer Weile. Er hatte keine Ahnung, was das zu bedeuten hatte, würde aber mit Sophie bestimmt nicht in die Einzelheiten gehen. Immerhin hatte Willow feststellen können, dass ihre Mutter okay war, wo auch immer sie sich aufhielt.
Sie legten die kurze Strecke schweigend zurück, diesmal fuhr Alex. Das Team saß stumm da. Ihre Mienen im Rückspiegel waren betont desinteressiert, obwohl er wusste, dass sie vor Neugier schier platzen mussten. Als sie vor Sophies Hotel hielten, räusperte sie sich. »Ich habe dem USB-Stick noch etwas hinzugefügt«, sagte sie. »Eine Art Vorschlag für dich. Wir werden ihn nach dem Anschlag hoffentlich nicht brauchen, aber das ist es, woran ich seit der Ankunft der Zweiten Welle gearbeitet habe. Ist ja auch egal, du kannst selber sehen, was du davon hältst.«
»In Ordnung«, antwortete Alex unverbindlich. »Dann sehen wir Sie wohl am Sonntag.«
»Ja.« Sophie zögerte, mit beiden Händen packte sie ihre Tasche. Er konnte spüren, dass sie wünschte, sie könnte auch jetzt ohne Zeugen mit ihm sprechen. »Und, Alex … ich weiß, dass wir nicht immer einer Meinung sind, aber du bist der allerbeste Engeljäger, den ich je gesehen habe, ohne Ausnahme. Es wird mir eine Ehre sein, zu tun, was ich kann, um euch zu helfen.«
»Ja, okay«, murmelte er, hin- und hergerissen zwischen Verlegenheit und Abneigung. Sophie konnte sagen, was sie wollte, er würde sich trotzdem nie für sie erwärmen.
Nachdem Sophie in ihrem Hotel verschwunden war, stieg auch Alex aus. Der Wagen lief im Leerlauf. »Fahr sie nach Hause, okay?«, sagte er durch das Beifahrerfenster zu Kara. »Und fang schon mal an, das Zeug hier zu überprüfen.« Er gab ihr den Briefumschlag, als sie vom Rücksitz kletterte.
»Was ist da drin?«, fragte sie.
»VIP-Karten und alle Informationen zu den Sicherheitsvorkehrungen, die wir für den Angriff benötigen. Frag mich jetzt nicht«, setzte er hinzu. »Ich erzähl’s dir, wenn ich nach Hause komme.« Im Schutz des Wagens checkte er seine Pistole. »Kannst du mir ein paar von deinen Patronen geben? Ich bin schon etwas knapp.«
Kara nahm ihre Waffe und zog das Magazin heraus, das sie mit besorgtem Blick an ihn weiterreichte. »Wo willst du hin?«
Er schob ihre Patronen in sein eigenes Magazin. »Ich versuche, Willow zu finden«, sagt er kurz angebunden. Er steckte seine Waffe wieder in sein Hoister. »Falls sie und Seb zu Hause sind, ruf mich an, okay? Sowie du da bist.«
»Mach ich, aber … Alex, die Unruhen sind immer noch im vollen Gang –«
»Hier«, unterbrach er sie und gab ihr das leere Magazin. »Bring Wesley nach Hause.«
»Es hat keinen Zweck, mit dir darüber zu diskutieren, oder?«
Er gab keine Antwort und da beugte sie sich vor und küsste ihn auf die Wange. »Alles klar. Bitte pass auf dich auf!«
Er nickte. Als Kara ihre langen Beine in den Geländewagen schwang, drehte er sich um und joggte die dunkle Straße voller Schatten hinunter auf das centro zu, wo immer noch orange Flammen gen Himmel loderten. Während er lief, scannte er ununterbrochen. Er suchte nach Willows Energie und betete jede Sekunde darum, sie plötzlich zu erfühlen. Ihr Streit kam ihm mittlerweile völlig unbegreiflich vor – wie etwas, das er in einem anderen Leben getan hatte. Okay, ihre Beziehung zu Seb war eng. Vielleicht fand sie ihn sogar attraktiv. Na und? Er selber war der Einzige, den sie liebte, und das wusste er. Wie hatte er so eifersüchtig, so dämlich sein können?
Die Flammen und das Geschrei tauchten die Stadt in eine albtraumartige Atmosphäre. Irgendwo in der Nähe splitterte Glas, Sirenen heulten. Oh Gott, Willow, bitte sei am Leben, dachte Alex, während er auf das Chaos und die Plünderungen zurannte. Falls Willow gestorben wäre, würde sein Herz ebenfalls sterben. Obwohl er trotz allem versuchen würde, die Welt vor den Engeln zu retten – für seine und Willows Familie und für jeden, der von ihnen verletzt worden war – wäre es für ihn zu spät.
Für ihn wäre die Welt längst untergegangen.
24
Endlich ließen wir die Plastiktunnel des Marktes hinter uns und kamen in eine dunkle Straße voller Lagerhäuser und verrammelter Gebäude. Ich fühlte, wie Seb scannte und beschloss, dass es sicher war. »Hier ist es«, sagte er und ging seitlich an einem der Lagerhäuser
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