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Hueter der Daemmerung

Hueter der Daemmerung

Titel: Hueter der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. A. Weatherly
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würde«, sagte er endlich. »Und wie er dich angegafft hat … Ich glaube, ich wollte noch nie in meinem Leben jemandem so gerne wehtun wie ihm.«
    »Ich bin froh, dass du es nicht gemacht hast«, sagte ich leise. Nicht dass es mir irgendwie leidgetan hätte, wenn dem Schleimsack was passiert wäre, aber Seb … Ich schluckte. »Egal, mach dir keine Vorwürfe, wir waren beide ziemlich neben der Spur. Nach dem, was passiert war …«
    Ich hielt inne. Ein eiserner Ring schien sich um meine Brust zu legen, als ich alles mit herzzerreißender Klarheit wieder vor mir sah. Ich konnte nicht länger an mich halten. Mir entfuhr ein zitterndes Keuchen, das seltsam nach einem Lachen klang. »Oh Gott, Seb. Angeblich wollen sie doch den Menschen helfen …«
    Wortlos nahm er mich in den Arm. Ich vergrub den Kopf an seiner Schulter, klammerte mich an ihm fest und wünschte, ich könnte alles auslöschen, was wir gesehen hatten. Aber ich wusste, das würde mir nicht gelingen, niemals – jede noch so kleine Einzelheit hatte sich in mein Gedächtnis eingebrannt, für immer. Der Prediger, der mit seinem einen Auge an die Decke starrte, kam mir in den Sinn und ich fragte mich dumpf, warum ich nicht weinte.
    »Die meisten Aktivisten können davon nichts gewusst haben«, sagte Seb grob. »Es muss … eine kleinere Gruppe gewesen sein, die die Sache auf eigene Faust geplant hat.«
    Ich wusste, dass er wahrscheinlich recht hatte, aber es half nicht viel. »Was für einen Sinn hat es, die Zukunft vorhersehen zu können, wenn wir trotzdem unfähig sind, so etwas zu verhindern?« Meine Stimme klang, als käme sie aus weiter Ferne, von irgendwoher außerhalb meines Körpers.
    »Ich weiß«, flüsterte Seb in mein Haar. Ich konnte seinen Schmerz spüren, der genauso ohnmächtig war wie meiner. »Aber so funktioniert das nicht, das weißt du.«
    Mein Engel in mir strebte zu seinem. Ich ließ sie fliegen und fast umgehend erschien auch Sebs Engel – strahlend und kraftvoll. In sein schönes Gesicht hatte sich unsere gemeinsame Trauer eingegraben.
    Das Licht unserer himmlischen Körper warf einen sanften Schimmer durch das Lagerhaus, während wir in der Luft trieben und uns anschauten. Allein der Anblick von Sebs Engel war Balsam für meine Seele, er tröstete mich in meinem tiefsten Inneren, wenn ich auch nicht verstand wie.
    Sebs Engel sah mir in die Augen, gleichzeitig streckte er die Hand aus. Und diesmal zögerte ich nicht – ich streckte ihm meine eigene Engelshand entgegen.
    Helles Licht loderte auf, als unsere Finger sich berührten. Das Gefühl ließ mich nach Luft schnappen und verwundert sah ich zu, wie unsere Hände sich mit einem blauweißen Aufglühen miteinander verbanden. Die Details des Anschlags auf die Kathedrale verblassten barmherzigerweise, zurück blieben Seb und ich und dieses Gefühl, das sich mit nichts auf der Welt vergleichen ließ – zwischen uns gab es keinerlei Grenzen mehr, unser beider Energie verschmolz zu einer einzigen.
    Das hier ist viel zu intim, dachte ich reichlich verspätet. Aber nicht für Geld und gute Worte hätte ich meine Hand wegziehen können. Sebs Engel und ich schauten uns ehrfürchtig an. Langsam streichelte seine Hand über meinen Arm und ich stellte fest, dass ich unwillkürlich dasselbe tat – ich spürte den leichten Widerstand unter meinen Fingern, als sie liebevoll seine Energie durchdrangen; den warmen Schauder, der mich durchrieselte, als er meine erkundete.
    Unsere menschlichen Körper unter uns standen ganz still. Er war ein wenig zurückgewichen, während sein forschender Blick den meinen suchte. Die goldenen Flecken in seinen haselnussbraunen Augen glänzten im Kerzenschein. Ich zitterte. Ich fühlte seine tiefe Liebe zu mir, fühlte, wie sehr er sich danach sehnte, mich in den Arm zu nehmen, und zwar auf eine Weise, die nicht im Entferntesten brüderlich war. Irgendwo ganz weit weg, wo ich mich ihm nicht stellen konnte, war der Schmerz um Alex – aber gerade jetzt gab es nur noch Seb, meinen Freund Seb, der mir so viel bedeutete, dass es beinahe wehtat und dessen Engelshände mich Dinge spüren ließen, die ich nie zuvor gespürt hatte. In jenem Moment wusste ich nicht, ob ich ihn nur liebte wie einen Freund, oder ob da mehr war – ich wusste nur, dass ich nicht wollte, dass er jemals aufhörte, mich zu berühren.
    Ich bin mir nicht sicher, wer von uns beiden sich zuerst bewegte. Ich sah, wie Seb schluckte. Einer von uns beugte sich vor, vielleicht auch wir beide … und dann

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