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Hueter der Daemmerung

Hueter der Daemmerung

Titel: Hueter der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. A. Weatherly
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entschuldigen«, sagte Seb schließlich. »Du brauchst dich niemals zu entschuldigen.«
    Ich fuhr mir durch die Haare, sodass sie sich zu wilden Stacheln sträubten. »Doch! Ich hätte dich nicht küssen dürfen, nicht, wenn ich mir nicht sicher war …«
    »Es war aber sehr schön«, sagte er und versuchte zu lächeln. »Ich glaube, ich schaffe es, dir zu verzeihen.«
    Vielleicht, aber ich selbst würde mir das nie verzeihen. Oh Gott, weshalb musste nur alles so ein Chaos sein? Unbewusst glitt meine Hand an meinen Hals – er fühlte sich nackt und verkehrt an ohne den Kristallanhänger an seiner dünnen Kette, den Alex mir geschenkt hatte. Ich erinnerte mich an seine kalte Gleichgültigkeit, als Seb und ich in die Kathedrale gegangen waren, schlang die Arme um meine Knie und legte meine Wange darauf. Ich wünschte mir sehnlichst, dass ich einen Hinweis, nur einen kleinen Hinweis darauf hätte entdecken können, dass er immer noch etwas für mich empfand.
    »Ja, er empfindet immer noch das Gleiche für dich«, sagte Seb ruhig.
    Plötzliche Hoffnung ließ mein Herz schneller schlagen. Seb hatte den Blick auf den Schlafsack gesenkt. Als er merkte, dass ich ihn ansah, guckte er hoch und zuckte mit den Schultern. »Ich habe ihn beobachtet, als du nicht hingeschaut hast. Sein Gesichtsausdruck …« Er verzog den Mund. »Er liebt dich immer noch, ist aber einfach zu stur, um schon nachzugeben.«
    Eigentlich hätte ich erleichtert sein müssen. Stattdessen starrte ich Seb an und Furcht stieg in mir auf, wie eine dunkle, wirre Schlingpflanze. »Da ist doch noch etwas, oder?«, fragte ich. »Das, wovon du mir später erzählen wolltest, vorhin in der Kathedrale.«
    Seb stieß rau die Luft aus. Er lehnte sich an die Wellblechwand des Lagerhauses und fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht.
    »Seb?«, flüsterte ich.
    »Bitte, querida, glaub mir«, sagte er irgendwann. »Ich würde alles dafür geben, wenn ich dir das nicht erzählen müsste.«

25
     
     
    Sehr viel später lag ich auf dem Schlafsack und starrte zu den dunklen Schatten hinauf. Seb saß immer noch an der Wand. Der Kreis aus flackerndem Licht hatte sich enger um uns geschlossen, da die Kerzen allmählich herunterbrannten. Eine war bereits mit einem leisen Zischen verloschen.
    Nach wie vor konnte ich Alex nicht sehr deutlich spüren, wie sehr ich es auch wollte. Ich suchte weiter nach ihm und fühlte, dass er am Leben war, aber seine Gefühle erschlossen sich mir nicht. Seine Energie allerdings war da – seine warme, vertraute Energie, die ich so liebte – und ich ließ meine Gedanken sacht drüber hinweggleiten, während ich mich fragte, was er dachte und ob er wohl immer noch wütend auf mich war.
    Ich hoffte es, nach dem, was Seb mir erzählt hatte. Hoffte, dass er nicht über seine Wut auf mich hinwegkäme. Niemals.
    »Es tut mir leid«, wiederholte Seb ungefähr zum zehnten Mal. »Ganz ehrlich, ich wusste es nicht. Als du mich gefragt hast, war ich mir sicher, dass wir nicht …« Er ließ den Satz in der Luft hängen.
    »Ist schon okay«, flüsterte ich. Ich konnte mir Alex’ Reaktion kaum ausmalen, wenn ich versucht hätte, unsere Beziehung deswegen zu beenden, weil Seb mir erzählt hatte, dass wir Menschen mit dem Angelburn-Syndrom infizierten – ich glaube, er hätte vielleicht versucht, Seb umzubringen.
    Obwohl alles zusammenpasse. Oh Gott, es passte alles zusammen – seine Migräne, seine Kopfschmerzen. Die immer ein paar Stunden, nachdem wir uns besonders nahe gekommen waren, am schlimmsten zu sein schienen. Kurz blitzte vor meinem inneren Auge das Bild auf, wie ich auf seinem Bett in seinen Armen lag und ich verschloss die Augen vor dem jähen Schmerz. Ich wischte mir mit dem Handballen über die Wange und versuchte, meine Gedanken zu ordnen.
    »Der Angriff auf das Konzil ist das Allerwichtigste, für jeden von uns«, sagte ich. »Wenn wir nach Hause zurückgehen, dann darf ich Alex nicht mehr berühren – ich muss mich so weit wie möglich von ihm fernhalten. Wenn er während des Angriffs einen Migräne-Anfall bekommt …« Nicht auszudenken, der Gedanke war einfach zu schrecklich.
    Sebs Blick ruhte auf mir. »Und wenn er versucht, sich wieder mit dir zu versöhnen? Wie willst du begründen, dass du ihn nicht anfasst?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich leise. Alex hatte die Vorstellung, dass ich das Angelburn-Syndrom übertragen könnte, stets weit von sich gewiesen. Und ich wusste, dass er jetzt, unabhängig davon, was mit seiner

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