Hüter der Flamme 01 - Die Welt des Meisters
Tor gefunden oder die Hälfte des Wassers verbraucht haben.«
Karl quetschte sich zwischen dem Steinhaufen und der Wand durch, wobei er sich die Haut abschürfte. Auf der anderen Seite wartete er und gab Aristobulus die Hand, um ihm hindurchzuhelfen.
Der Magier nickte ihm dankend zu.
Andy-Andy war die Nächste. Sie zauderte einen Moment, ehe sie seine Hilfe annahm. »Vielen Dank.« Ihre Stimme triefte vor Unaufrichtigkeit.
Ach du meine Güte, wie förmlich auf einmal! »Es war mir ein ausgesprochenes Vergnügen, meine Dame.«
Sie sah weg; aber er hatte das leichte Lächeln noch gesehen.
Karl zuckte mit den Achseln und trat beiseite, um Doria ungehindert selbst hindurchkriechen zu lassen. Sich den Kopf darüber zu zerbrechen, warum Andrea was tat, war zwar nicht völlig sinnlos, aber beinahe.
Die Schwierigkeit mit Frauen liegt darin, daß sie so verdammt intelligent sind.
Walter bewegte sich leichtfüßig wie ein Tänzer durch die enge Stelle. »Soll ich dich eine Weile ablösen?«
Dankbar gab ihm Karl das Schwert und nahm dafür den Krummsäbel des Diebs. Er schob ihn in den Gürtel. Dann kreuzte er die Arme vor der Brust und massierte sich kräftig die Schultern. Das wäre eine feine Foltermethode, wenn man jemanden zwang, einen Arm über dem Kopf ausgestreckt zu lassen. Wahrscheinlich war sie auch schon benutzt worden.
Vielleicht im Kolosseum von Pandathaway? Nein, wahrscheinlich nicht. Zu müde. Leute, die Ellegon mitten in einer Kloake anketteten, hatten bestimmt schlimmere Methoden zur Verfügung, wenn sie auf jemanden wütend waren.
Aber wir gehen nach Hause. Wir müssen lediglich uns auf Zehenspitzen an einem Drachen vorbeischleichen – Dem Drachen!
»Karl?« Andy-Andys Gestalt war im Licht des Schwerts vor ihr nur eine Silhouette. »Schläfst du im Stehen ein? Oder würdest du die Freundlichkeit besitzen, uns übrige zu begleiten?«
Er gab sich nicht die Mühe, sarkastisch zu lächeln. Sie würde es wahrscheinlich doch nicht sehen können. Er setzte sich wieder in Bewegung, wobei er weiter seine Schultern massierte.
Sobald wir auf die andere Seite gelangt sind, Andrea Andropolous, werden wir beide uns aussprechen – und zwar ohne Unterbrechungen. Und dann wird meine Wenigkeit mal sehen, ob ich Walter Slowotski unter den Tisch trinken kann.
Ahira sah natürlich als erster das Skelett, zum einen, weil er vorne ging, und zum anderen wegen seiner Fähigkeit, im Dunkeln zu sehen.
Trotzdem wäre er beinahe darüber gestolpert. Ein entfernter, widerlicher Gestank hatte ihn abgelenkt. Es war ein merkwürdiger Geruch, der ganz anders als die kühle, feuchte Luft im unendlichen Tunnel war.
Wahrscheinlich bilde ich mir das bloß ein. Er schüttelte den Kopf und schnupperte noch mal. Nichts. Achselzuckend wollte er weitergehen.
Mitten im Schritt blieb er stehen. Der geschwärzte Schädel lag kaum ein Zoll vor seiner Sandale. Ahira balancierte auf einem Bein und winkte Hakim, nach vorne zu kommen. Er trat beiseite, um den Schädel aus seinem Schatten kommen zu lassen.
Der Schädel lag mitten im Gang auf der Seite. Leere Augenhöhlen starrten blind, die aufgerissenen Kiefer gähnten lüstern, dahinter zogen verstreute, verkohlte Knochen eine Spur.
»Was ist … «
»Seht!« flüsterte Ahira. »Keiner sagt ein Wort. Bleibt, wo ihr seid.« Er kniete sich auf den rauhen Fels neben dem Schädel. Hakim hielt das glühende Schwert näher, ohne daß man ihn dazu hätte auffordern müssen.
Der Schädel lag schon sehr lange dort. Die Staubschicht auf seiner Oberfläche war so dick, daß Ahiras Finger bis über den Fingernagel, fast über das erste Glied hinaus, in die flaumige Schicht einsank. Bestimmt Jahre, möglicherweise Jahrhunderte.
Er rieb den Finger an seiner Brust sauber.
Hinter dem Schädel lag ein verkohlter Brust kasten, daneben die Armknochen. Das Becken und die langen Knochen der Beine waren so verteilt, als hätte das Opfer alle viere von sich gestreckt, ehe sein Fleisch verschwunden war.
Links von den Rippen lag ein Rundschild, mit der Höhlung über dem Boden des Tunnels. Es trug keinerlei Verzierung auf der Oberseite; alles war schwarz.
Schwärze und verkohlte Knochen – das ergab doch keinen Sinn. Es sei denn … Ahira wischte mit der Hand über die Oberfläche des Schilds.
Die Schwärze ging ab und ließ die schmutzigen Umrisse des Schmucks deutlich werden, der einst das Schild geziert hatte: Drei goldene Kreise.
Ahira wischte mit der anderen Hand an der Wand herum. Auch dort war
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