Hüter der Flamme 01 - Die Welt des Meisters
nötig«, krächzte Ahiras Stimme hinter ihm.
Barak sah auf den Soldaten. Ein Armbrustbolzen hatte den Kopf des Mannes von einer Schläfe zur anderen durchbohrt. Die dunkle Eisenspitze war verbogen.
Der tote Soldat schaute ihn aus weit aufgeris senen Augen vorwurfsvoll an.
Wusch! Barak drehte sich um und sah, wie Ahira über Walter stand und die Bogensehne der Armbrust spannte, einen Bolzen einlegte und ihn zischend in den Anführer schickte. »Mach dir nie Sorgen, Bolzen zu sparen. Es ist besser, sicherzugehen, daß sie auch tot bleiben.« Der Zwerg schoß noch einen Bolzen in den schwelenden Körper des ersten Soldaten, dessen Laterne Barak zerbrochen hatte. Dann schaute er mit boshaftem Grinsen auf dem breiten Gesicht auf. »Nicht schlecht, Barak. Ganz und gar nicht schlecht.« Er runzelte die Stirn. »Bis auf diese schwachsinnige Protzerei zwischendurch. Aber lassen wir das. Nächstesmal machst du's besser. Aber jetzt müssen wir die Leichen verstecken, und Doria muß Hakim heilen – und dich auch, fällt mir gerade ein. Du willst dir doch keine Entzündung im Arm holen. Dann packen wir zusammen und verziehen uns von hier. Die dürften uns sonst die Hölle heiß machen – He, was ist denn mit dir los?«
Karl Cullinane war auf Händen und Knien auf der staubigen Straße, der Gestank des brennenden Fleisches brannte ihm in der Nase, und er erbrach sich wie verrückt.
Ahira blinzelte in der Morgendämmerung und zog an den Stricken, die seine beiden Rucksäcke zusammenhielten. Dann schüttelte er den Kopf. Zwei Packen auf dem Rücken würden ihn leicht aus dem Gleichgewicht bringen; aber da konnte man nichts machen. Jemand mußte die Extralast schleppen – oder man mußte Vorräte zurücklassen, die man vielleicht später dringend brauchen würde.
»Hakim?«
Der Dieb hörte auf, an seinem Packen herumzufummeln, und hob den Kopf. »Was ist?«
Ahira streckte eine Hand aus. »Wirf mir doch mal eines deiner Messer herüber. Falls ich einen losschneiden muß, will ich dazu auch imstande sein.«
»Fein.« Hakim warf ein Messer vor Ahiras Füße, daß es mit der Spitze im Boden stecken blieb, und widmete sich wieder seiner Arbeit.
Ahira machte den Mund auf, schloß ihn aber gleich wieder. Seit Doria Hakim geheilt hatte, war er zurückhaltend, still, gar nicht er selbst gewesen. Überhaupt nicht wie sonst. Am besten, man ließ ihn in Ruhe, zumindest für die nächste Zeit. Was in Lundeyll geschehen war, mußte schlimm gewesen sein – eine steile Wand mit einem Messer in der Schulter herunterklettern, fünf Meilen rennen, von Soldaten verfolgt, die sein Blut wollten …
Er kommt schon darüber hinweg. Er war immer stark.
Doria gab ihrem Rucksack den endgültigen Klaps und zog fragend die Augenbrauen hoch. Es blieb noch ein bißchen Zeit, ehe die anderen abmarschbereit sein würden. Ahira hatte die Lasten nach der Körperschaft aufgeteilt. Der einzige, der weniger als Doria zu tragen hatte, war Aristobulus. Weniger zu tragen, weniger zu packen.
Er nickte ihr zu und schenkte ihr das wärmste Lächeln, das er aufbringen konnte. »Nur zu:« Selbst wenn sie beinahe keine Heilungszaubersprüche mehr hatte, konnte sie vielleicht trotzdem Gutes tun.
Als Doria neben Hakim in die Hocke ging, winkte Ahira die anderen zu sich.
»Seid ihr bald fertig?« Ahira sprach leise. Es war nicht nötig, Hakim oder Doria zu stören.
Andrea nickte. Sie hielt sich von Barak fern. Das war merkwürdig, wenn man bedachte, wie sie gestern morgen zu ihm gewesen war. Da hatte sie wie ein Blutegel an ihm gehangen. »Bloß noch ein paar Minuten.«
Barak verzog das Gesicht und rieb mit den Fingern an dem blutbefleckten Riß in seinem Wams herum. Das Blut war getrocknet, und Doria hatte die Wunde geheilt, so daß sie ihm nicht wehtun konnte.
Aber nicht alle Wunden sind körperlicher Art.
Barak zuckte mit den Schultern. »Ich bin gleich fertig. Ich kann auch mehr nehmen, wenn es nötig ist. Die anderen brauchen sich wirklich nicht so anzustrengen, wenn ich leicht noch mehr tragen kann.« Er spannte die Schultermuskeln an, daß beinahe die Ärmel seines Wamses platzten.
Ahira lächelte. Barak wurde verdammt übermütig, wenn man bedachte, daß er beinahe umgebracht worden wäre. Aber das war immer noch besser, als wenn er sich als Karl wegen ein paar Soldaten, die ihn und Hakim hatten umbringen wollen, in die Hosen gemacht hätte. »Du auch, Ari? Gut. Sobald Doria ihre Unterhaltung mit Hakim beendet hat, gehen wir nach Lundport hinunter
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