Hüter der Flamme 01 - Die Welt des Meisters
nun, wie kann die Große Bibliothek von Pandathaway dir zu Diensten sein?«
Ahira blickte finster drein. »Ich habe Angst, es zu sagen. Wieviel wird mich die Antwort auf die Frage kosten, Bibliothekar?«
»Hilfsbibliothekar – deshalb habe ich Empfangsdienst.« Er drehte den Stuhl, so daß er die Bogenschützen ansah. »Ihr könnt jetzt gehen. Ich glaube, unser Kunde weiß jetzt, wie er sich ordentlich zu benehmen hat.«
Die Bogenschützen verließen den Raum, und er wandte sich wieder dem Zwerg zu. »Die Kosten hängen von dem ab, was du wissen willst. Ich nehme an, daß du einen Gehilfen brauchst, der für dich liest? Das macht drei Goldstücke für seine Dienste, bis die Bibliothek heute schließt.« Er hob warnend den Finger. »Und glaube ja nicht, du kannst ihn nach Signaturen ausquetschen. Darauf stehen mehrere Strafen.« Callutius lächelte. »Bezüglich des Preises für die Signatur, die du gerne wissen würdest, mußt du mit mir verhandeln. Wird auf keinen Fall billig werden – niemand außer den Magiern kommt in die Bibliothek, wenn er nicht etwas ganz dringend herausfinden will.« Er kicherte. »Natürlich kannst du dich auch mit dem Gehilfen allein umsehen und versuchen zu finden, was du wissen willst.«
Ahira nickte. »Das klingt nicht schlecht.«
»Sei nicht albern!« Callutius war entsetzt. »In der Bibliothek gibt es vierhundertdreiundfünfzig Räume. In jedem sind im Durchschnitt fünftausend dreihundertzwölf Bücher oder Rollen. Es ist denkbar, daß du einen Raum pro Tag schaffen kannst – dann würdest du länger als ein Jahr brauchen, um herauszufinden, was du willst. Bei zwei Goldstücken pro Tag.« Der Bibliothekar lehnte sich zurück und schloß die Augen. »Ich warte, bis du dich entschieden hast.«
Ahira überlegte. Er konnte einfach hier auf Aristobulus warten, aber das konnte noch eine Zeitlang dauern – und die Aussicht, längere Zeit in Callutius' Gesellschaft zu verbringen, war nicht sehr angenehm. Oder er konnte einen Gehilfen mieten – nein. Es mußte doch einen Kompromiß geben. »Ich brauche keinen Gehilfen; aber ich möchte den Weg zum Tor zwischen den Welten herausbringen. Gibt es da eine Karte?«
Callutius kicherte vor sich hin. »Schatzsucher, hm? Du hast dir eine teure Art des Selbstmords ausgesucht – sechzig Goldstücke für die Angaben.«
»Eins.«
»Fünfzig.«
»Eins.«
»Fünfundvierzig.«
»Eins.«
»Wirklich? Mehr willst du nicht ausgeben?« Callutius zuckte mit den Achseln. »Na ja, mich geht's nichts an. Sieh dich nur um. Dafür hast du ja schon bezahlt.« Er hob mahnend den Zeigefinger. »Wenn du aber auch nur eine Seite beschädigst, wirst du sie mit der Haut von deinem Rücken ersetzen, richtig gegerbt und gelaugt.« Callutius schloß wieder die Augen.
»Zehn Goldstücke. Das ist alles.«
»Gemacht!« Callutius lächelte wirklich freundlich, als er die angebotenen Münzen mit der hohlen Hand aufnahm und alle in seiner Gürtelschärpe verstaute. »Und ein glücklicher Handel, Kleiner.«
»Heißt das, daß ich zu schnell nachgegeben habe?«
»Ganz und gar nicht.« Das breite Grinsen des Bibliothekars straften seine Worte Lügen. Er pfiff wieder. Diesmal war es eine schwierige Melodie mit vier Tönen, die auf dem Korridor aufgegriffen und weitergegeben wurde, bis sie in der Ferne verklang. Callutius nahm sein Buch wieder zur Hand und zeigte damit auf die Tür, die weiter in die Bibliothek hineinführte. »Geh nur weiter – ein Gehilfe wird dich abholen und dich führen«, sagte er und begleitete Ahira zur Tür. »Es war wirklich ein Vergnügen, dir bei der Suche nach Wissen helfen zu dürfen.« Er tätschelte seine Schärpe.
»Eine bereichernde Erfahrung?«
»Durchaus. Ich nehme an, daß du zum erstenmal in Pandathaway bist?«
»Ja.«
»Willkommen in Pandathaway. Und wenn du irgend etwas beschädigst, werde ich deinen Kopf oben auf einer Stange sehen.«
Kapitel neun
Karten und Drachen
Willst versiegeln du die Straßen des Bösen, Zahl jede Schuld, als habe Gott die Rechnung dir gestellt.
Ralph Waldo Emerson
Karl genoß es, als sie zu dritt über die offenen Märkte von Pandathaway schlenderten. Die Märkte waren so bunt wie Regenbogen, ein Schmaus für Augen, Ohren und Nase: Zwerge schmiedeten Kettenhemden und stählerne Beinschienen; Juwe liere verkauften Rubine und Saphire in kostbaren und einfachen Fassungen; Imbißverkäufer boten Spieße mit Fleisch, reich mit Knoblauch gewürzt, an, dazu Glasschüsseln mit eingemachten
Weitere Kostenlose Bücher