Hüter der Flamme 01 - Die Welt des Meisters
«
»Mir scheint, du bist ziemlich überzeugt, daß wir relativ weit oben stehen, oder?«
Karl dachte so angestrengt nach, wie er konnte. Wenn du nicht aufhörst, meine Gedanken zu lesen, breche ich dir sämtliche Knochen. Er gab sich größte Mühe, daß sein Gesicht nicht zeigte, was er dachte.
»Na schön.« Walter fuhr fort. »Wir sind nicht sehr weit oben, wenn die besten Krieger der Welt hier in Pandathaway sind, oder? Wir sind vielleicht große Fische in … «
Karl lächelte und hob die Hand. Es war schon lange her, seit er Walter im Denken hatte schlagen können. »Du denk jetzt mal nach! Was macht denn ein wirklicher Elite-Kämpfer? Herumlaufen und Arbeit suchen? Nein, zum Teufel! Er sucht sich Anhänger, nimmt etwas Land in Besitz – und holt sich entweder Bauern von woanders, um es zu bestellen, oder nimmt sich Einheimische. Da gibt es bestimmt nicht viele, die so gut sind wie wir – so gut wie ich – , die immer noch herumzigeunern und versuchen, sich einen Namen zu machen. Vielleicht werden wir es mit dem Lokalmatador oder auch zweien zu tun haben, aber bestimmt nicht mit mehr. Stimmt's?«
»Nicht schlecht, Karl. Gar nicht übel.«
Ahira schlug mit dem Axtstiel an den Brunnenrand. »Genug. Ich habe drei Sachen aufgezählt, die wir tun müssen. Fällt jemandem noch ein vierter Punkt ein?«
»Nein.«
»Nein.«
»Mir nicht.«
»Ich will mal sehen, ob ich nicht eine Schankmaid finde. Es ist schon … « Walter brach bei Karls wütendem Blick ab. »Entschuldige.«
»Wie gesagt«, fuhr Ahira fort. »Drei Dinge sind zu erledigen. Da dies eine sichere Stadt ist, teilen wir uns in drei Gruppen auf. Ich werde die Bibliothek nehmen; aber ich will einen von euch dabei haben, der lesen kann. Andrea?«
»Warte mal«, mischte sich Aristobulus ein. »Ich muß … «
»Prima. Dann du, da sie bisher noch keinen Zauberspruch benutzt hat.«
Andrea lächelte. »Ich habe nur drei; davon wollte ich keinen vergeuden. Aber wenn du willst, daß jemand in Schlaf versetzt oder bezaubert werden soll oder daß ich unsichtbar werde … «
Im Augenblick, dachte Karl, wäre mir nichts lieber als das. »Letzteres könnte nützlich werden, wenn wir Geld sparen müssen.«
»Stimmt.« Ahira zog eine Augenbraue hoch. »Meinst du, daß du uns mit dem Bezauberungs spruch einen günstigen Preis fürs Übernachten verschaffen könntest?«
»Möglich. Dann soll ich mich also um die Zimmer kümmern?«
»Prima. Du nimmst den Dieb mit.«
Ich werde nicht eifersüchtig sein. Ich werde nur …
Walter schüttelte den Kopf. »Ich möchte mich lieber umsehen. Ich werde ein Auge auf Karl und Doria werfen – Andrea sollte in der Lage sein, mit dem Gastwirt allein fertig zu werden.«
»In Ordnung. Dann zieht los, und wir treffen uns alle hier wieder – sagen wir – bei Sonnenuntergang.«
Sie nickte und ging. Ihre Sandalen klapperten auf dem Kopfsteinpflaster.
Ahira wandte sich an Karl. »Ihr drei – macht bloß keinen Ärger! Verstanden? Ihr sollt lediglich herausfinden, wann die Spiele sind und wie die Preise sind, etwa für Pferde und Vorräte. Dann trefft ihr hier wieder mit uns zusammen. Keine Prügeleien! Und paßt bloß auf, daß keiner etwas klaut. Wir wollen doch nicht einen zweiten Jason, oder?«
Gut. Obwohl Walter sein bester Freund war, war Ahira zu gescheit, um die Verantwortung, daß er nichts stahl, allein ihm aufzuerlegen. »Ich passe auf ihn auf.«
»Und er wird aufpassen, daß du nicht wieder so eine Nummer abziehst wie mit dem Elfen.« Ahira nahm seine beiden Rucksäcke auf und winkte Aristobulus. »Die übrigen sehe ich bei Sonnen untergang wieder – falls jemand zu spät kommt, bleiben alle an Ort und Stelle.« Der Zwerg winkte Aristobulus, und sie gingen zusammen weg.
Walter wartete, bis die beiden in eine Gasse hinter dem Brunnen eingebogen waren, ehe er sich an Karl wandte. »Bier?« Er grinste. »Nur eins oder zwei.«
So etwas von Unverantwortlichkeit …
Nein. Keine übereilten Reaktionen mehr. »Ich nehme an, ein Bier wird keinen Schaden anrichten.« Karl zuckte mit den Schultern. »Und ich könnte wirklich einen Schluck vertragen. Doria?«
Sie sah ihn traurig an. »Du hast mich noch nie zu einem Drink eingeladen, Karl.« Ihre Hand glitt zu Walters Hand. »Ich könnte dir keinen Korb geben, selbst wenn ich wollte.« Sie ergriff Walters große Hand mit zitternden Fingern, an denen die Knöchel weiß hervortraten.
Großartig. Vielleicht sollte ich doch mit Walter reden, und zwar bald. Die Sache
Weitere Kostenlose Bücher