Hüter der Flamme 01 - Die Welt des Meisters
unsere Einkäufe zu gewinnen.«
Andrea fuhr ihn wütend an. »Was meinst du – ich sehe das falsch?«
Er seufzte. Sie hatte es immer noch nicht kapiert. »Karl, sag's ihr!«
Der Riese zuckte mit den Achseln. »Du mußt es so sehen: Wir haben nicht genug Geld, um zu kaufen, was wir brauchen, um aus Pandathaway abzumarschieren. Und das ist die einzige Möglichkeit, die ich sehen kann, schnell zu Geld zu kommen. Außerdem wird der, der hier für Ordnung sorgt, wahrscheinlich noch nicht nach mir suchen, und es ist nicht anzunehmen, daß man euch alle für so bedeutend ansieht, daß man hinter euch her ist. Also … «
»Also?«
»Also, müssen wir verdammt noch mal gewinnen!«
Kapitel elf
Die Spiele
Ein Mann kann in der Wahl seiner Feinde nie vorsichtig genug sein.
Oscar Wilde
Karl runzelte die Stirn. Der Ort schien in Ordnung zu sein; aber das Geschwätz war merkwürdig. Die Umkleidekabine für die Schwertkämpfer befand sich unter dem rechten Flügel des Kolosseums. Sie war ein großer Raum mit grauen Steinwänden und nur von einigen flackernden Öllampen, die von der Decke hingen, erleuchtet. Die Luft war kalt und feucht. Das Sägemehl auf dem Lehmboden stank und hätte schon längst gewechselt werden müssen.
Aber die Gespräche waren durchaus fröhlich.
»Wette, ich komme durch die zweite Runde, ohne irgendwelche Flecken auf meinem Fell, und du … «
»Meinst du das im Ernst? Ich hab' ein paar Silberlinge auf mich selbst gesetzt; aber ich habe nur dreißig-zu-eins bekommen, daß ich ins Finale komme. Bei wem wettest du? Ich gehe immer zu Antrius, diesem schmierigen Sohn einer Schmeißfliege … «
»Ohlmin greift natürlich als erster an. Niemand ist so schnell wie er. Ich werde mich in den Vorrunden voll einsetzen. Ich bin zufrieden, wenn ich ins Finale komme … «
»Du träumst doch, Freund. Oder du bist verrückt. Zwerge sind mit dem Langbogen keinen Pfifferling wert. Dazu sind sie einfach zu klein. Obwohl die kleinen Mistkerle … «
Ein Elf mit verkniffenem Gesicht gebot den etwa hundert Schwertkämpfern – Menschen, Elfen, Zwerge und merkwürdige Kreuzungen, die Karl nicht so recht identifizieren konnte – Schweigen. Er stand auf einem Felsblock, der Karl etwa bis zum Gürtel reichte, im Zentrum des hohen Raums. Er trug eine blaue Tunika mit dazu passenden Beinkleidern, eine goldene Kopfbinde, die ihn als Mitglied der Spielleitung auswies, und eine gelangweilte Miene, die deutlich ausdrückte, daß die Gesellschaft mit einem Haufen ungewaschener Schwertkämpfer nicht zu den Vergnügungen zählte, die er sich im Leben erträumte.
»Ich bin«, fing er an, »Khoralt ip Therranj, Delegierter der Weinverkäufer beim Zünfterat … «
»Dann bring uns doch etwas Wein!« rief jemand spöttisch aus der Menge.
Der Elf seufzte. »Würdet ihr bitte ein paar Minuten ruhig sein. Je schneller wir das hinter uns bringen, desto eher könnt ihr daran gehen, Geld zu gewinnen.« Er tat so, als wolle er heruntersteigen, ging aber zurück in die Mitte des Podests, als der Lärmpegel etwas abnahm. Dann fuhr er fort: »Ich bin der Hauptschiedsrichter beim Schwerterkampf. Der Hauptpreis wird zweihundert Goldstücke betragen, die unteren Preise zu den üblichen Quoten.«
Wieder rief dieselbe Stimme: »Wenn alles wie sonst ist, warum verschwendest du dann unsere Zeit mit deinen Erklärungen?«
Karl schaute zu dem Sprecher hinüber. Er war ein schlanker, dunkler Mann, der – wie alle anderen Wettkämpfer – nur Sandalen, Beinkleider und Tunika trug. Rüstungen waren bei den Spielen in Pandathaway nicht erlaubt. Karl war der Mann auf Anhieb unsympathisch. Die lässige Haltung mit verschränkten Armen, das affektierte Grinsen und seine ganze Art wiesen darauf hin, daß er sich nur zum Spaß in die unteren Schichten des Volks begeben hatte, daß er eigentlich zu gut war, um sich hier mit gewöhnlichen Schwertkämpfern abzugeben.
Khoralt seufzte. »Vielleicht ist nicht jeder hier ein Veteran der Spiele, Ohlmin. Ich sehe neue Gesichter. Vielleicht gibt es Männer, die nicht einmal dich kennen.«
Ohlmin schüttelte den Kopf. »Wenn sie mich nicht kennen, werden sie bald dazu Gelegenheit haben.« Er lächelte leicht. »Die Geschäfte sind in letzter Zeit nicht besonders gut gelaufen – ich muß eine Bestellung in Aeryk machen. Wenn ich heute nicht gewinne, kann ich meine Einkäufe nicht bezahlen.«
Der Elf schüttelte den Kopf. »Deine geschäftlichen Sorgen gehören nicht hierher, aber … « Er
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