Hüter der Flamme 01 - Die Welt des Meisters
Zoll aus der Scheide. »Ein prima Stückchen Stahl, nicht wahr?« Das silbrige Metall schimmerte tückisch im Sternen licht. »Und ich verliere dauernd Sachen. Ich schätze, ich habe Angst, daß ich es nie mehr sehe, wenn ich es aus den Augen lasse.« Er schob die Klinge wieder zurück. »Aber du wechselst das Thema. Ist das Absicht?« »Ich bin nicht sicher. Muß ich es sagen?« »Nein. Ich setze die Regeln nicht fest. Manchmal weiß ich nicht einmal, was für Regeln es gibt.« Sie biß sich auf die Unterlippe. »Du meinst die Regeln zwischen dir und mir?«
Er nickte und schaute ihr offen in die Augen. »Genau!
Wenn ich es nicht besser wüßte, könnte ich schwören, daß du mich dazu bringen willst, dich zu hassen oder zumindest abgrundtief zu verabscheuen. Und ich würde gern wissen, woher ich diese komische Vorstellung habe.« Er zuckte mit den Achseln. »Ich bin manchmal blöde. Manchmal auch unwissend. Das wurde mir glaubwürdig bestätigt.« »Doria?«
»Nicht ganz.« Er faltete die Hände im Nacken und lehnte sich zurück. »Ich muß wohl Mundgeruch haben oder so ähnlich.«
Karl war irgendwie anders geworden, abgesehen von den rein körperlichen Veränderungen. Wir hätten fast die gleiche Unterhaltung schon vor ein paar Monaten führen können; aber da hätte Karl im Innern gebebt, daß ich ihm einen Korb geben könnte. Das tut er jetzt nicht mehr.
»Hat dir schon jemals einer gesagt, daß du immer so gottverdammt intensiv in alles einsteigst?« Die Heftigkeit ihrer Worte überraschte sie selbst. »Ganz gleich, was du dir gerade als Hauptfach ausgesucht hast oder womit du dich in deiner Freizeit beschäftigst, wenn du … «
»Wenn ich mit dir zusammen bin?« Er lachte kurz. »Wird das wieder eine Episode von Slowotskis Gesetzen?«
»Was?«
Karl schüttelte den Kopf und hielt die Augen fest geschlossen. »Eine der Vorstellungen Walters über das Leben. Es lautet in etwa: › Was du zu sehr haben willst, kannst du nicht haben. Wenn du also etwas wirklich haben willst, versuche, es ein bißchen weniger zu wollen. ‹ Ist das, was du mir sagen willst?«
»Nein. Überhaupt nicht. Es ist nur, daß ich nicht sicher bin, ob ich für diese Intensität wegen mir bereit bin.« Sie griff nach seiner Hand. Er zog sie zurück. »Kannst du das verstehen? Es ist nicht so, daß ich dich nicht mag. Ich fühle mich auch zu dir hingezogen … «
»Ja, jetzt!« Er hob einen Arm und ließ die Muskeln seines Bizeps spielen. »Bei dem neuen, verbesserten Körper.« Karl ließ den Arm sinken. »Darum wird es mir auch leid tun, daß ich das aufgeben muß, wenn wir zurückgehen.«
»Dir tut es leid, zurückzugehen?«
»Sei nicht albern!« wies er sie zurecht. »Ich mag die angenehmen Dingen des Lebens. Regelmäßiges Baden, Fernsehen, den Zahnarzt, und keinen Preis auf meinen Kopf. Solche Sachen. Und du hast schon wieder das Thema gewechselt. Das läßt darauf schließen, daß, wenn ich nach unserer Rückkehr wieder der kleine mickrige Karl Cullinane bin … «
»Ach, hör doch auf!« Manchmal brachte er sie so in Wut.
»Das ist es überhaupt nicht. Frauen sind nicht so oberflächlich wie Männer.«
»Vielen Dank, Betty Friedan.«
»Es ist nur, daß du einfach nicht in der Lage bist, die Dinge … locker zu sehen. Nein, das ist nicht der richtige Ausdruck. Ich will sagen … «
Angst berührte ihren Nacken. Ohne auf ihre natürlichen Reflexe zu achten, schloß sie die Augen. Ihre Aura hüllte sie nur schwach ein. Es war leicht, die von Aristobulus zu sehen; seine strahlte so stark, daß man sie noch aus hundert Fuß Entfernung sah wie ein rotes Leuchtfeuer in der Dunkelheit.
Aber da war etwas. Nicht deutlich genug, als daß sie es mit ihrer inneren Vision hätte erkennen können, aber es war da. »Karl!« Sie öffnete die Augen. Er schüttelte den Kopf, als versuche er, aufzuwachen, aber seine Lider sanken wie Blei wieder herab.
»Andy, ich … « Dann fiel er vornüber. Unsichtbare Finger wickelten sich um ihre Kehle und schnürten ihr die Luft ab. Sie versuchte, sie wegzureißen; aber sie waren wie Stahlbänder.
»Laß sie nicht los, Ohlmin«, flüsterte eine rauhe Stimme. »Nicht, bis sie sicher geknebelt ist.«
»Und dann«, sagte eine andere Stimme, »werden wir unseren Spaß mit ihr haben.«
Sie öffnete den Mund, um zu schreien; aber er steckte voll weicher Baumwolle. Eine grobe Hand packte ihre Brüste. Sie wehrte sich vergeblich.
»Die will ich zuerst. In der ist noch eine Menge Kampfgeist
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