Hüter der Flamme 02 - Das Schwert des Befreiers
Haufen von Decken lag Karl Cullinane und schlief in der Dämmerung. Nicht weit entfernt saßen Andrea und Lou und unterhielten sich leise.
»Cullinane wird zu einem Problem«, wiederholte Ahira, als er mit Slowotski zur anderen Seite der Lichtung ging. »Na und?«
Slowotski legte den Kopf schief. »Findest du nicht?«
»Cullinane macht mir am wenigsten Sorgen, Walter. Wir haben viel größere Probleme.« Ahira deutete mit dem Kopf auf die gefesselte Gestalt. »Zum Beispiel: was machen wir mit Wilhelm Tell? Oder wie lange können wir noch im Schutzgebiet bleiben, bis die Gemeinschaft der Heilenden Hand uns rausschmeißt?« Er zuckte mit den Achseln. »Im Augenblick mache ich mir um Riccetti viel mehr Sorgen. Ich habe ihm gesagt, er solle meine Armbrust nehmen. Und was hat er gemacht? Er hat nur den Heiltrank mitgenommen. Nicht gerade eine Riesenhilfe! Wenn wir ihn im Kampf wirklich gebraucht hätten, wäre es uns dreckig gegangen.« Ahira schlug mit der Faust gegen einen Baumstamm, so daß Borkenstücke absprangen.
»Nun reg dich doch nicht so wegen Riccetti auf! Der ist nicht das Hauptproblem! « Slowotski legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Bleib ruhig! Nimm dir ein Problem nach dem anderen vor, wie du es immer gemacht hast, wenn du Computerprogramme geschrieben hast: Schritt für Schritt, ein Problem nach dem anderen. «
»Nimm Riccetti! Wenn er nun einfach im Kampf nichts taugt? Dafür kann er nichts. Wir haben alle unsere Fähigkeiten, die wir beim Überführen hinzubekommen haben. Ich habe das! « Mit weicher, fließender Bewegung holte er eines seiner vier Wurfmesser aus dem Hüftgurt, nahm die Spitze des Messers zwischen Daumen und Zeigefinger und warf es auf einen Baumstamm. Zitternd blieb die Klinge fast sechs Fuß über dem Boden stecken.
Slowotski schlug sich auf die Hüfte. »Ich bin zwar nicht so gut wie Karl, kann aber auch recht ordentlich mit einem Schwert umgehen, wenn ich eins bekomme. Von meinen Fähigkeiten als Dieb gar nicht zu sprechen.« Er ging hin und zog das Messer aus dem Stamm. Er wischte es an seiner Pluderhose ab, ehe er es wieder in die Scheide steckte. »Du hast deine Stärke, deine Fähigkeit, im Dunkeln zu sehen und kannst hervorragend mit Armbrust und Streitaxt umgehen. Karl ist mit dem Schwert verdammt gut. Andy-Andy hat ihre Zaubersprüche.«
»Aber Riccetti hat nichts.« Lou Riccetti war Magier gewesen. Er hatte seine Zauberei als Teil der Bezahlung an die Matriarchin der Heilenden Hand aufgegeben, um Ahira wieder zum Leben zu erwecken.
Was heißt, daß ich ein ganz undankbares Schwein wäre, wenn ich ihn zusammenscheiße, weil er sich nicht am Kampf beteiligt hat. Er hat für mich ...
Nein. Das brachte nichts. Gegenbeschuldigungen halfen auch nichts. Wie üblich war die Frage, was man als nächstes tun sollte. »Irgendwelche Ideen, was wir mit Riccetti machen?«
Achselzucken. »Wir überlassen das Problem Karl. Laß ihn das lösen. Er versteht mehr von Waffen und Kriegshandwerk als wir beide. Wer weiß, vielleicht macht er aus Lou noch einen recht brauchbaren Schwertkämpfer, wenn sich beide richtig bemühen.« Slowotski ließ sich auf einem Felsen nieder, der ihm bis zur Taille reichte. »Laß das fürs erste ruhen. Wie du schon sagtest, stehen uns größere Probleme ins Haus. Was wir zum Beispiel mit dem Gefangenen machen. Wenn wir ihn laufen lassen, bringt das bestimmt Ärger. Andererseits raubt mir die Vorstellung, ihm einfach die Kehle aufzuschlitzen, auch nicht gerade die Sinne.«
»Ich glaube kaum, daß es wichtig ist, ob es dir die Sinne raubt oder nicht. Nicht wenn - und ich sage ausdrücklich wenn - wir es tun müssen. Jetzt können wir ihn erst mal lassen, wo er ist ... Du hast gesagt, ich würde das größte Problem nicht sehen?«
»Jawohl.« Slowotski nickte bedächtig. »Hast du in letzter Zeit mal unsere Vorräte besichtigt? Es ist nicht so, daß wir beim letzten Pfund Kaffee oder der letzten Pulle Johnny Walker angekommen wären. Nein, wenn wir nicht bald was zu essen bekommen - und ich meine bald! - werden wir uns in nächster Zukunft von Rinde ernähren.«
»Ein guter Punkt! Mach heute abend eine Liste, dann können wir morgen alle fünf darüber reden ...«
*Sechs.*
»... alle sechs.« Er drehte sich um. Die Unterbrechung hatte ihn überrascht. »Ich habe gedacht, du läßt uns allein miteinander reden?«
*Tut mir leid.* Die mentale Stimme des Drachen klang keineswegs überzeugend.
Sag mal, gehst du Karl auch so auf die Nerven wie
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